Versicherungsbote: Erwarten Sie einen weiteren Anstieg der Pflegekosten — oder was könnte diese senken?

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Elisa Baumann: Die steigende Inflation, die ansteigenden Energiepreise und politische Entscheidungen in Form von Vergütungsvereinbarungen für dringend benötigte Pflegekräfte haben vielfältige Auswirkungen auf die Pflegekosten. Eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen zum 1. Juli ergab, dass die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige und ihre Familien weiter zugenommen hat. Im ersten Jahr im Pflegeheim betrugen die durchschnittlichen monatlichen Kosten bundesweit nunmehr 2.548 Euro, was einem Anstieg von 348 Euro gegenüber Mitte 2022 entspricht. Trotz der bereits eingeführten Entlastungszuschläge scheinen die finanziellen Belastungen weiter zu wachsen, und ein zusätzlicher Anstieg erscheint wahrscheinlich.

Diese Kosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wobei ein Teil für die reine Pflege und Betreuung aufgebracht werden muss. Im Gegensatz zur Krankenversicherung deckt die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner entstehen zudem Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Einrichtungsinvestitionen, die ebenfalls gestiegen sind. Insbesondere der Eigenanteil für die reine Pflege erhöhte sich innerhalb von zwölf Monaten um durchschnittlich 281 Euro auf monatlich 1.245 Euro. Als Maßnahme zur Kostenbegrenzung wurde 2022 ein Zuschlag eingeführt, der mit zunehmender Verweildauer steigt.

Um dieser wachsenden finanziellen Belastung entgegenzuwirken, hat der Bundestag eine Pflegereform beschlossen. Gemäß dem Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach werden die Entlastungszuschläge ab dem 1. Januar 2024 erhöht. Der Eigenanteil für die reine Pflege soll im ersten Jahr im Pflegeheim von bisher 4 Prozent auf 15 Prozent gesenkt werden, im zweiten Jahr von 25 Prozent auf 30 Prozent und im dritten Jahr von 45 Prozent auf 50 Prozent. Ab dem vierten Jahr soll der Eigenanteil von 70 Prozent auf 75 Prozent steigen.

Darüber hinaus könnte die Betonung präventiver Gesundheitsmaßnahmen durch Früherkennungsuntersuchungen und die Aufklärung der Bevölkerung über die finanzielle Belastung einen Beitrag zur Entlastung leisten. Die Förderung alternativer Pflegeformen wie betreutes Wohnen oder ambulante Pflege könnten ebenfalls als Alternative zur stationären Pflege dienen. Fortschritte in der medizinischen Technologie und Telemedizin könnten die Effizienz der Pflege langfristig steigern und die Kosten senken.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Senkung der Pflegekosten eine komplexe Herausforderung ist, die eine umfassende Herangehensweise erfordert, bei der Regierungen, Gesundheitseinrichtungen, Versicherungen und Einzelpersonen zusammenarbeiten müssen, um nachhaltige Lösungen zu finden.

Im Jahr 2021 hatten rund 4,17 Millionen Menschen in Deutschland eine Pflegezusatz-Police: Sie ist eine Nische, obwohl existentieller Schutz. Was läuft da schief?

Im Jahr 2021 verfügten nur etwa 4,17 Millionen Menschen in Deutschland über eine Pflegezusatz-Police, obwohl diese eine entscheidende Form des existenziellen Schutzes darstellt. Diese alarmierende Tatsache wirft nicht nur Fragen auf, sondern beleuchtet auch mögliche Schwachstellen im deutschen Pflegesystem. In Deutschland haben pflegebedürftige Bürger die Möglichkeit, Leistungen aus der Pflegeversicherung zu beantragen, deren Höhe sich nach dem Pflegegrad richtet. Doch die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der tatsächlichen Pflegekosten ab, was dazu führt, dass Pflegebedürftige einen erheblichen Teil der Kosten aus eigener Tasche tragen müssen.

Die geringe Verbreitung von Pflegezusatzversicherungen könnte auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein, darunter mangelnde Aufklärung und die Komplexität des Versicherungsmarktes. Viele Menschen verstehen möglicherweise nicht vollständig die Bedeutung und die Vorteile von Pflegezusatzversicherungen. Eine unzureichende Aufklärung über die finanziellen Risiken und Kosten im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Einige Personen verlassen sich möglicherweise ausschließlich auf die Grundversorgung der staatlichen Pflegeversicherung und erkennen nicht die Notwendigkeit einer zusätzlichen privaten Pflegezusatzversicherung.

Des Weiteren kann der Versicherungsmarkt komplex sein, und Menschen könnten Schwierigkeiten haben, die verschiedenen Optionen zu verstehen und die richtige Wahl zu treffen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, sich ausreichend Zeit zu nehmen und umfassend über die verschiedenen Absicherungsarten der Pflegezusatzversicherung beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass man im Ernstfall angemessen geschützt ist.

Pflege ist ein Thema, das jeder Vermittler eigentlich ansprechen müsste, weil das Verschweigen der Risiken eine Haftungsfalle bedeuten kann. Was sollten denn Makler aus Ihrer Sicht besonders dringend ansprechen, um Kunden für das Thema Pflegevorsorge zu sensibilisieren?

Makler und Versicherungsvermittler spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung über den Versicherungsschutz und tragen die Verantwortung, ihre Kunden für das Thema Pflegevorsorge zu sensibilisieren. Denn die Gefahr, im Laufe des Lebens pflegebedürftig zu werden, sollte keinesfalls unterschätzt werden. Die stetig steigende Lebenserwartung führt dazu, dass immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen und somit ein höheres Risiko für Pflegebedürftigkeit tragen.

Ein zentraler Punkt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist, dass weder die gesetzliche Pflegeversicherung noch private Pflegeversicherungen alle anfallenden Pflegekosten decken. Dies wird höchstwahrscheinlich auch in Zukunft der Fall sein. Pflegefall zu werden, birgt ein erhebliches finanzielles Risiko. Es kann zu erheblichen Belastungen der Ersparnisse und des Vermögens einer Person sowie ihrer gesamten Familie führen.

Zusätzlich dazu gilt: Je früher eine Pflegeversicherung abgeschlossen wird, desto niedriger sind in der Regel die Prämien. Dies gibt den Versicherten mehr Zeit, eine Pflegevorsorgestrategie zu entwickeln, die auf ihre persönlichen Umstände zugeschnitten ist. Makler und Versicherungsvermittler haben die Aufgabe, die breite Palette der verfügbaren Pflegezusatzversicherungen und -optionen zu erläutern. Dies ermöglicht es den Kunden, Versicherungen auszuwählen, die ihren individuellen Bedürfnissen und ihrem Budget am besten entsprechen.

Letztendlich ist Ehrlichkeit von entscheidender Bedeutung, um im Bedarfsfall den vollständigen Versicherungsschutz zu gewährleisten. Makler sollten ihre Kunden darauf hinweisen, dass das Verschweigen von Gesundheitsrisiken und -problemen bei der Antragstellung zu späteren Problemen führen kann.

Durch eine klare und umfassende Kommunikation dieser Aspekte können Makler ihre Kunden erfolgreich für das Thema Pflegevorsorge sensibilisieren und ihnen helfen, gut informierte Entscheidungen für ihre finanzielle Sicherheit in der Zukunft zu treffen.

Welche Fakten zur Pflege sollten Makler kennen?

Makler, die in der Pflegeversicherungsbranche tätig sind, sollten über umfassende Kenntnisse zu relevanten Fakten und Informationen verfügen. Hier sind einige essenzielle Informationen zur Pflege, die Makler im Hinterkopf behalten sollten:

  1. Zunehmende Pflegebedürftigkeit: Das wachsende Problem der Pflegebedürftigkeit ist unübersehbar, da die alternde Bevölkerung in vielen Ländern zu einem Anstieg der Pflegebedürftigkeit führt. Makler sollten sich der steigenden Nachfrage nach Pflegeleistungen bewusst sein.
  2. Kosten der Pflege: Pflegeleistungen können erheblich teuer sein, abhängig von der Art der Pflegeeinrichtung und dem individuellen Pflegebedarf. Makler sollten Kunden über die potenziellen Kosten informieren, um finanzielle Überraschungen zu vermeiden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Grundleistungen der Pflegeversicherung begrenzt sind und nicht ausreichen, um sämtliche Pflegekosten zu decken.
  3. Vielfältige Pflegeoptionen: In der Pflegeversicherung gibt es verschiedene Arten von Policen, darunter Pflegetagegeldversicherungen, Pflegerentenversicherungen und Pflegekostenversicherungen. Makler sollten Kunden dabei unterstützen, die am besten geeignete Option für ihre individuellen Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten auszuwählen. Hierbei sollten sie auch über die Vor- und Nachteile jeder Option aufklären.
  4. Frühzeitige Planung: Eine frühzeitige Planung der Pflegevorsorge ist von entscheidender Bedeutung. Makler sollten ihre Kunden dazu ermutigen, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um ihre finanzielle Sicherheit im Alter zu gewährleisten.
  5. Gesundheitszustand und Antragstellung: Der Gesundheitszustand eines Kunden kann die Verfügbarkeit und die Kosten von Pflegezusatzversicherungen beeinflussen. Makler sollten Kunden ermuntern, bei der Antragstellung ehrlich zu sein, um Probleme im Schadensfall zu vermeiden.

Ein fundiertes Wissen über diese Fakten ermöglicht es Maklern, ihre Kunden optimal zu beraten und ihnen bei der Auswahl der richtigen Pflegeversicherungslösung zu helfen, die ihren individuellen Bedürfnissen entspricht.

Welche Argumente für private Vorsorge sollten Vermittler ihren Kunden plausibel machen?

In Anbetracht des oft negativen Images der Versicherungsbranche kommt es besonders darauf an, die Notwendigkeit und den Nutzen verschiedener Optionen der Pflegeversicherung auf plausible Weise zu vermitteln. Im Folgenden sind die Schlüsselargumente aufgeführt:

  1. Finanzielle Sicherheit: Die private Pflegevorsorge gewährleistet finanzielle Sicherheit im Falle von Pflegebedürftigkeit. Sie stellt sicher, dass die Kosten für Pflegeleistungen abgedeckt sind, und schützt das Vermögen des Versicherten sowie das seiner Familie vor erheblichen finanziellen Belastungen.
  2. Erhalt der Eigenständigkeit: Mit einer privaten Pflegezusatzversicherung behalten Kunden die Kontrolle über ihre Pflegeentscheidungen. Sie ermöglicht die Auswahl der Pflegeeinrichtung und -dienstleister nach persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen.
  3. Qualität der Pflege: Private Pflegezusatzversicherungen ermöglichen oft den Zugang zu hochwertigen Pflegeleistungen und -einrichtungen, die über die staatliche Grundversorgung hinausgehen.
  4. Entlastung der Familie: Die private Pflegevorsorge kann die finanzielle Belastung der Familie im Falle von Pflegebedürftigkeit erheblich reduzieren, da die Versicherung die Kosten übernimmt.

Durch eine klare und überzeugende Präsentation dieser Argumente können Vermittler ihren Kunden helfen, die Bedeutung der privaten Pflegevorsorge zu erkennen und gut informierte Entscheidungen für ihre finanzielle Sicherheit im Alter zu treffen.

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„Mit der alternden Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Pflegeleistungen, was eine erhöhte Nachfrage nach Pflegezusatzversicherungen schafft“

Welche Rolle in Sachen Pflegevorsorge kann die staatlich geförderte Pflegeversicherung – der sogenannte „Pflege-Bahr“ – spielen?

Elisa Baumann: Die gesetzliche Pflegeversicherung sowie die private Pflege-Pflichtversicherung decken im Falle der Pflegebedürftigkeit nur einen Teil der anfallenden Kosten ab, ein Umstand, der zu Recht Besorgnis auslöst. Eine Möglichkeit, sich weiter abzusichern, besteht in einer Pflegezusatzversicherung, die sogar staatlich gefördert wird. Der sogenannte Pflege-Bahr beinhaltet eine staatliche Unterstützung in Form von fünf Euro pro Monat für eine freiwillige Pflege-Tagegeldversicherung. Dies bedeutet, dass die Versicherung im Pflegefall einen vorher vereinbarten festen Geldbetrag für jeden Pflegetag auszahlt. Die genaue Höhe dieses Betrags hängt vom Pflegegrad und den vereinbarten Konditionen ab.

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Ein herausragendes Merkmal von Pflege-Bahr-Versicherungen ist, dass der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers keinerlei Rolle spielt. Risikozuschläge aufgrund von Vorerkrankungen sind nicht gestattet, ebenso wenig wie Leistungsausschlüsse. Eine einzige Bedingung besteht darin, dass zum Zeitpunkt des Antrags noch keine Pflegeleistungen in Anspruch genommen wurden.

Die Höhe der Beiträge für eine Pflege-Bahr-Versicherung richtet sich nach dem Eintrittsalter des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und den Bedingungen des jeweiligen Versicherungsunternehmens. Im Allgemeinen gilt: Je früher man sich für eine Pflege-Bahr-Versicherung entscheidet, desto niedriger sind in der Regel die Beiträge.

Die Kosten für den Vertragsabschluss sind begrenzt. Und Versicherungsunternehmen verzichten auf ihr ordentliches Kündigungsrecht, was bedeutet, dass der Versicherer innerhalb der ersten drei Jahre den Vertrag nicht mit kurzer Frist kündigen kann.

Sie haben die Möglichkeit, den Vertrag bis zu drei Jahre lang ruhen zu lassen oder ihn mit einer dreimonatigen Frist zu kündigen, wenn Sie Sozialhilfe oder Grundsicherung erhalten.

Im Gegensatz zu anderen privaten Versicherungen sind die formalen Anforderungen für den Abschluss einer Pflege-Bahr-Versicherung äußerst gering. Dies soll sicherstellen, dass auch Menschen mit Vorerkrankungen oder niedrigem Einkommen Zugang zu einer privaten Pflegeversicherung erhalten können.

Es ist allerdings darauf aufmerksam zu machen, dass der monatliche Beitrag mindestens 10 Euro betragen muss (ohne den Förderzuschuss von fünf Euro), sowie Beiträge weiterhin gezahlt werden müssen, selbst wenn die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist und Leistungen bezogen werden. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Wartezeit bis zum Beginn der Leistungspflicht der Versicherung höchstens fünf Jahre beträgt.

Warum sehen Sie in der privaten Pflegevorsorge eine Chance für Makler?

Die private Pflegevorsorge eröffnet Maklern eine attraktive Chance, die sich aus dem wachsenden Bedarf an diesem Produkt ergibt. Mit der alternden Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Pflegeleistungen, was wiederum eine erhöhte Nachfrage nach Pflegezusatzversicherungen schafft.“Diese Gelegenheit ermöglicht Maklern, ihre Dienstleistungen anzubieten und auf einen wachsenden Markt zuzugreifen. Darüber hinaus sind sich viele Menschen der Risiken und Kosten im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit nicht ausreichend bewusst. Makler können dazu beitragen, das Bewusstsein zu schärfen und Kunden über die Bedeutung der Pflegevorsorge aufzuklären.

Der Versicherungsmarkt ist von Natur aus komplex und bietet verschiedene Optionen und Versicherungsanbieter. Makler können ihre Expertise nutzen, um Kunden bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Ein neutraler Vergleich verschiedener Versicherer liegt in ihrem Interesse, da sie keine eigenen Versicherungsprodukte verkaufen, sondern sich darauf konzentrieren, den Kunden bei der Beratung und Auswahl der richtigen Pflegeversicherung bestmöglich zu unterstützen.

Pflegezusatzversicherungen sind langfristige Verträge, und Makler, die ihren Kunden bei der Auswahl einer geeigneten Versicherungslösung helfen und einen hervorragenden Kundenservice bieten, können langfristige Kundenbeziehungen aufbauen. Insgesamt bietet die private Pflegevorsorge Maklern die Möglichkeit, einen bedeutsamen Beitrag zur finanziellen Sicherheit ihrer Kunden zu leisten, langfristige Kundenbindungen zu schaffen und zusätzliche Einkommensmöglichkeiten zu erschließen. Dies macht sie zu einer vielversprechenden Chance für Makler in der Versicherungsbranche.

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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.

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