In vielen Nachlässen finden die engsten Verwandten bislang unbekannte Lebensversicherungen des Verstorbenen. Eigentlich gehört auch die mit dem Tod fällig werdende Versicherungssumme zum Erbe dazu. Doch die Betonung liegt auf „eigentlich“. Denn oft haben die Vererbenden in die Policen unter der Rubrik „Bezugsberechtigter“ einen Namen eingesetzt – das reicht von der früheren Ehefrau über die Geliebte bis hin zu völlig fremden Personen.

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Bezugsberechtigter ist nicht gleich Bezugsberechtigter

„Setzt der Versicherungsnehmer in dem Vertrag mit einem Versicherer eine dritte Person als Bezugsberechtigten ein, liegt darin ein Schenkungsversprechen. Damit dieses wirksam wird, muss die Schenkung entweder notariell beurkundet oder vollzogen werden“, erklärt Rechtsanwalt Sven Gelbke, Geschäftsführer des Erbrechtsportals „Die Erbschützer“. Wenn der Bezugsberechtigte über seine Einsetzung im Versicherungsvertrag – wie meistens – erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers durch Mitteilung der Versicherung erfährt, werde die Schenkung erst dadurch vollzogen, dass der Bezugsberechtigte die Schenkung annimmt. Damit erlange er dann einen Auszahlungsanspruch gegenüber der Versicherung. „Nur dann, wenn die Einsetzung eines Bezugsberechtigten mit Abschluss des Lebensversicherungsvertrages nach den Versicherungsbedingungen ausdrücklich als unwiderruflich erfolgt, ist die Schenkung vollzogen und haben die Erben keinen Zugriff mehr auf das Geld“, stellt Sven Gelbke klar.

Oft entscheidet der Zufall

Die Erben wiederum treten in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein. „Das heißt dann, sie werden Versicherungsnehmer des Lebensversicherungsvertrages. Als solche können sie dann auch das Schenkungsangebot des Verstorbenen gegenüber dem Bezugsberechtigten widerrufen“, sagt Gelbke. Das ist aber nur so lange möglich, wie das Versicherungsunternehmen das Schenkungsversprechen noch nicht an den Bezugsberechtigten übermittelt hat. „Das Ergebnis ist mitunter nicht überzeugend, weil es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob die Erben den Widerruf schneller erklären als die Versicherung den Bezugsberechtigten über die Schenkung informiert“, so Gelbke.

Ex-Ehegatten besser aus der Lebensversicherung streichen

Ärger mit der Auszahlung der Lebensversicherung droht auch zwischen altem und neuem Ehegatten, wenn es der Verstorbene nach der Scheidung versäumt, den Namen des Bezugsberechtigten zu aktualisieren oder als Bezugsberechtigten nur abstrakt „Ehegatte“ eingesetzt hatte. Anwalt Sven Gelbke „Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden, dass der frühere Ehegatte bezugsberechtigt aus der Lebensversicherung bleibt – und zwar selbst dann, wenn er namentlich nicht benannt wurde.“ Der Grund: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses werde der durchschnittliche Versicherungsnehmer den individualisierten aktuellen Ehegatten vor Augen haben und keinen abstrakt-künftigen Partner.

Es drohen jahrelange Rechtsstreitigkeiten

Grundsätzlich muss also der neue Ehegatte, wenn er oder sie vom Lebensversicherungsvertrag erfährt, das Schenkungsversprechen gegenüber dem früheren Ehegatten des Verstorbenen widerrufen. Sven Gelbke kennt aber eine Ausnahme von dieser Regel: „Auch ohne rechtzeitigen Widerruf kann es an der Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Versicherungssumme fehlen, wenn der Verstorbene dem früheren Partner das Geld nicht vorbehaltlos schenken wollte. Man spricht dann von einer ehebedingten Zuwendung. Hiermit ist ein Beitrag für die Ausgestaltung und Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft gemeint.“ Der Haken dabei: Die Lebensversicherungssumme wird erst nach Ende der Ehe ausgezahlt. Der frühere Partner muss deshalb beweisen, dass er während der Ehe im Wissen um die Bezugsberechtigung aus der Lebensversicherung selbst besondere Anstrengungen und Investitionen für die Sicherung der Ehe getätigt hat, die eine Schenkung nach wie vor rechtfertigen. Kommt es deswegen zu einem Streit, drohen jahrelange Gerichtsverfahren.

So gehen Vererber auf Nummer sicher

Der Versicherungsnehmer, der sicher gehen will, dass der Bezugsberechtigte nach seinem Tod auch tatsächlich in den Besitz der Geldleistung kommt, hat vier Möglichkeiten, das selbst zu Lebzeiten abzusichern und so zu verhindern, dass seine Erben das Schenkungsversprechen doch noch widerrufen. „Er kann erstens mit dem Bezugsberechtigten einen Schenkungsvertrag abschließen. Zweitens kann er den notariellen Schenkungsvertrag auch allein mit sich abschließen und dabei gleichzeitig als vollmachtloser Vertreter des Bezugsberechtigten agieren. Drittens kann er in seinem Testament ein bedingtes Vermächtnis einbauen. Dann müssen die Erben dem Bezugsberechtigten das Geld aus der Erbschaft auszahlen, wenn die Bezugsberechtigung aus dem Lebensversicherungsvertrag widerrufen wird“, zählt Rechtsanwalt Sven Gelbke auf. Und viertens könne der Versicherungsnehmer gleich zu Beginn des Versicherungsvertrages vereinbaren, dass das Bezugsrecht zugunsten einer bestimmten Person unwiderruflich sei.

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Auch der Bezugsberechtigte selbst kann etwas tun, indem er mit Kenntniserlangung von der Lebensversicherung unmittelbar proaktiv auf die Lebensversicherung zugeht und von dieser eine offizielle Benachrichtigung über die Bezugsberechtigung verlangt. Reagiert die Assekuranz darauf gar nicht oder zu spät, kann er die Versicherung ggfls. auf Schadensersatz verklagen, wenn er dadurch den Wettlauf mit den Erben verloren hat.