Stimmung in der Versicherungswirtschaft trübt sich erneut ein
In der Versicherungswirtschaft herrscht schlechte Stimmung: Der vom ifo-Institut ermittelte Geschäftsklimaindex für die Branche sank im dritten Quartal um 5,8 Punkte auf 0,8 Punkte und liegt damit wieder deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 12,5 Punkten. Die Hoffnungen ruhen auf dem ersten Halbjahr 2024.
- Stimmung in der Versicherungswirtschaft trübt sich erneut ein
- Private Krankenversicherung: Ausreißer beim Blick auf die Leistungsausgaben
Schlechte Stimmung in der Versicherungswirtschaft: Der vom ifo-Institut ermittelte Geschäftsklima-Index für den Sektor sank im dritten Quartal deutlich um 5,8 Punkte. Im aktuellen Quartal liegt der Index bei 0,8 Punkten, während er bei der Umfrage im zweiten Quartal noch bei 7,7 Punkten gelegen hatte. Damit wird der langfristige Mittelwert von 12,5 Punkten deutlich unterschritten. Dieser Wert spiegelt das Verhältnis zwischen positiven und negativen Einschätzungen wider.
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Für den ifo-Index werden die Unternehmen gebeten, ihre aktuelle Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate anzugeben. Sie können ihre Lage mit "gut", "befriedigend" oder "schlecht" und ihre Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate mit "günstiger", "gleich bleibend" oder "ungünstiger" bewerten. An der Umfrage beteiligen sich rund 200 Unternehmen, die 80 bis 90 Prozent des Marktes abbilden.
"Wirtschaftliche Unsicherheit ist nach wie vor groß"
„Die wirtschaftliche Unsicherheit ist nach wie vor groß, vor allem Deutschland steht auch vor langfristigen strukturellen Herausforderungen. Das belastet auch den Versicherungssektor“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), bei der Vorstellung der Daten. Hinzu komme die noch immer hohe Inflation. Sie schmälert die Kaufkraft der Verbraucher, die ihr Geld vermehrt sparen und dabei vor allem auf Bankkonten und Termineinlagen setzen.
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage hat sich ebenfalls eingetrübt. Auch hier ist gegenüber dem Vorquartal ein Rückgang um fünf Zähler auf -17,2 Punkte zu beobachten, sodass der langfristige Mittelwert aus den Jahren 1999 bis 2023 deutlich unterschritten wird: dieser liegt bei +12,3 Punkten. Allerdings zeigt die Branche ein durchwachsenes Bild. Zwar ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftslage als schlecht einschätzen, mit rund 35 Prozent auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Zeitreihe. Zugleich ist aber auch der Anteil der Unternehmen leicht gestiegen, die von einer guten Geschäftslage ausgehen: von zehn auf 13 Prozent.
Die Hoffnungen ruhen nach wie vor auf der Zukunft: wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz. Zwar ist der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen saisonbereinigt auf 20,5 Punkte gesunken, nachdem er im Quartal zuvor bei rund 26 Punkten gelegen hatte. Damit liegt er aber weiterhin über dem langfristigen Durchschnitt von 13,1 Punkten. Während die Versicherer mit leicht steigenden Beitragseinnahmen rechnen, wirken sich auf der Ausgabenseite die rückläufige Inflation, die Erwartungen steigender Reallöhne sowie die Hoffnung auf eine weniger dynamische Entwicklung bei Leistungen und Schäden positiv aus.
Lebensversicherer beurteilen aktuelle Geschäftslage sehr negativ
In der Lebensversicherung zeigt die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage weiterhin ein negatives Bild. Mit -30,5 Punkten liegt die Geschäftslage deutlich im negativen Bereich und damit auch weit unter dem langjährigen Mittelwert von plus 14,4 Punkten.
Zeitgleich haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate von einem hohen Niveau aus nochmals verbessert. Der entsprechend Teilindex stieg von 40,2 auf nunmehr 45,9 Punkte. Darin spiegelt sich wohl die Hoffnung wider, dass mit den steigenden Zinsen einerseits auch die Lebensversicherungen attraktiver werden und gleichzeitig die abklingende Inflation im nächsten Jahr wieder zu höheren Realeinkommen führt. „Die Sparneigung dürfte 2024 auf ähnlich hohem Niveau wie dieses Jahr bleiben. Davon könnten dann auch langfristige Sparprodukte stärker profitieren“, so Asmussen.
Auffällig sind die Einschätzungen zum Neugeschäft. Während die Lebensversicherer ihre Geschäftslage nach laufendem Beitrag durchaus positiv einschätzen - der aktuelle Wert liegt mit 19,5 Punkten über dem langfristigen Mittelwert von 10,5 Punkten -, haben sich die Erwartungen für das Geschäft gegen laufenden Beitrag eingetrübt. Hier sank der Wert um -10,9 Punkte auf nun -8,9 Punkte und liegt damit deutlich unter dem Mittelwert von +21,2 Punkten.
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Nahezu desaströs sind die Einschätzungen mit Blick auf das Einmalbeitragsgeschäft. Zwar wird das Neugeschäft gegen Einmalbeitrag um 6,5 Punkte besser eingeschätzt als im Vorquartal. Dennoch wird die aktuelle Lage per Saldo mit -79,1 Punkten bewertet, was auf eine deutliche Krise in dieser Produktkategorie hindeutet. Die Erwartungen bleiben mit -14 Punkten zwar verhalten, haben sich aber gegenüber dem Vorquartal um 2,6 Punkte verbessert.
Private Krankenversicherung: Ausreißer beim Blick auf die Leistungsausgaben
In der privaten Krankenversicherung hat sich die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage ebenfalls deutlich eingetrübt und sank deutlich um 15,6 Punkte. Da hier aber im zweiten Quartal eine sehr optimistische Einschätzung überwog, liegt die Beurteilung der Geschäftslage mit 14,2 (zuvor 29,8) Punkten noch knapp über dem langfristigen Durchschnitt von 13 Punkten. Etwa jeder sechste Krankenversicherer (17 Prozent) berichtet nun noch von einer guten Geschäftslage, während es im Vorquartal jeder vierte (25 Prozent) war. Von einer schlechten Geschäftslage berichten nur rund ein Prozent der Unternehmen.
Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate werden hingegen leicht negativ eingeschätzt, der Wert liegt mit -3,5 Punkten unter dem langfristigen Mittelwert von 10,7 Punkten. Auch hier gilt es aber zu differenzieren. Das Gros der Unternehmen bzw. 91 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Erwartung aus, nur fünf Prozent der befragten Krankenversicherer rechnet mit einer Verschlechterung des Geschäfts.
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Die Hoffnungen der privaten Krankenversicherer ruhen hierbei überwiegend auf dem Krankenzusatzgeschäft. Das Geschäftsklima in der Krankenvollversicherung hat sich im Herbst hingegen deutlich verschlechtert, es liegt nach einem Rückgang von 22,3 Punkten auf nun 7,4 Punkte aber immer noch leicht über dem langjährigen Durchschnitt von 5,1 Punkten. Das Geschäftsklima im Krankenzusatzgeschäft konnte sich hingegen um 10,6 Punkte auf 32 Punkte verbessern.
Auffallend sind die sehr negativen Einschätzungen mit Blick auf die Leistungsausgaben - und ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Teuerungen im Gesundheitssystem auch die privaten Krankenversicherer stark belasten. Die aktuelle Lage wird mit -87,7 Punkten eingeschätzt und sank sogar gegenüber dem Vorquartal um -1,6 Punkte. Hier liegt allerdings auch der langfristige Mittelwert im Negativbereich (-31,2 Punkte). Die Erwartungen stiegen gegenüber dem Vorquartal zwar um 14,3 Punkte, aber mit -77,6 Punkten haben immer noch die meisten Versicherer einen pessimistischen Blick in die Zukunft.
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Auch in der Schaden- und Unfallversicherung ist die Stimmung weniger gut. Der Saldo des Geschäftsklimas ist um fünf Punkte gesunken und liegt mit -4,1 Punkten wieder im negativen Bereich. Das schwächere Geschäftsklima wird vor allem durch die negative Einschätzung der aktuellen Lage getrieben - auch eine Folge der hohen Inflation. Der Index zur aktuellen Schadenentwicklung verschlechterte sich von -53,2 auf -73,7 Punkte. „Viele Anbieter kämpfen in diesem Jahr mit steigenden Entschädigungsleistungen, die nicht durch die Beiträge kompensiert werden“, so Asmussen.
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- Private Krankenversicherung: Ausreißer beim Blick auf die Leistungsausgaben