Digitale Angebote der Versicherer erhalten nur die Note 4
Versicherungskunden stellen den digitalen Angeboten ihrer Versicherer kein gutes Zeugnis aus. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Branchenverbandes Bitkom. Für die digitalen Angebote bekamen die Versicherer nur die Schulnote 4, wenn auch mit Tendenz zu „befriedigend“ (3,5). Ein Problem hierbei: die Kompliziertheit der Produkte.
Die deutschen Versicherer definieren sich zunehmend auch als digitale Unternehmen und erheben den Anspruch, dass der Kunde alle Services auch online nutzen kann, sofern er dies wünscht: schnell und unkompliziert. Dies ist auch dringend notwendig, wenn Unternehmen wie Amazon oder Tesla zunehmend selbst als Versicherer auftreten sollten. Tesla testet bereits erfolgreich mit Kfz-Versicherungen, Amazon ist bisher noch zurückhaltend: Aber das sind die Unternehmen, die die digitalen Standards setzen.
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Dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch eine große Lücke klafft, zeigt die Studie „Digital Finance 2023“ des Branchenverbands Bitkom. Sie will beleuchten, wie zufrieden oder unzufrieden die Kundinnen und Kunden mit den digitalen Angeboten deutscher Finanzdienstleister sind, wobei die Angaben zu Banken und Versicherern getrennt ausgewertet wurden. Auf die Frage „Wie bewerten Sie insgesamt das digitale Angebot Ihrer Versicherungen?“ erhalten die Versicherer im Schnitt nur die Note 3,5. Sie sind zwar nicht versetzungsgefährdet, aber auch weit davon entfernt, ein gutes Zeugnis zu erhalten. Für die Studie hat Bitkom Research repräsentativ 1.002 Personen befragt.
79 Prozent haben bereits Versicherung online abgeschlossen, aber...
Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Mehrheit der Deutschen bereits digitale Services von Versicherern genutzt hat. 79 Prozent antworten auf die Frage „Haben Sie schon einmal eine Versicherung online abgeschlossen?“ mit „Ja“. Fast jeder Zweite (49 Prozent) hat dies auf einer Maklerplattform wie Check24 oder Verivox getan, 42 Prozent über die Website eines Versicherers.
Dass die digitalen Kanäle auch für die Vermittlerbüros immer wichtiger werden, zeigt die drittplatzierte Antwort: 36 Prozent stimmen zu, dass sie einen Vertrag online bei einem "Versicherungsvertreter oder Makler" abgeschlossen haben. Ärgerlich ist allerdings, dass die Studie hier nicht sauber trennt: Wie bereits erwähnt, sind auch selbsternannte Vergleichsportale wie Check24 als Versicherungsmakler registriert. Über die Website einer Bank haben 16 Prozent der Befragten ihre Versicherung gefunden.
Bei der Frage, ob sich der Online-Abschluss der Versicherung einfach oder schwierig gestaltete, zeigt sich das Feld gespalten. Der Aussage, der Abschluss einer Versicherung über Online-Kanäle sei „sehr einfach“ gewesen, stimmen 18 Prozent der Befragten zu. Weitere 36 Prozent geben an, der Prozess gestaltete sich als „eher einfach“. Gleichwohl sagen auch 43 Prozent der Befragten, der Online-Abschluss sei „sehr kompliziert“ (23 Prozent) oder „eher kompliziert“ (20 Prozent) gewesen.
Große Skepsis gegenüber volldigitaler Schadenbearbeitung
Wie wichtig der menschliche Faktor beim Thema Versicherung nach wie vor ist, zeigen die Antworten, die sich konkret mit der Schadenbearbeitung befassen. Enorm groß ist hier die Skepsis gegenüber rein digitalen Lösungen. Nur 40 Prozent der Befragten insgesamt würden gerne den gesamten Prozess von der Meldung bis zur Auszahlung vollständig digital abwickeln. Hingegen stimmen 66 Prozent der Aussage zu: Im Schadensfall wünsche ich mir Kontakt zu einem Menschen, der die Schadensabwicklung für mich übernimmt". Auch bejaht mit 58 Prozent die Mehrheit der Befragten die Aussage: "Ich finde die Vorstellung beunruhigend, dass ein Schaden von meiner Versicherung vollständig automatisiert abgewickelt wird, auch wenn dadurch besonders schnell geht".
Leider haben die Studienmacher nicht konkret abgefragt, welche Art von Versicherung die Befragten online abgeschlossen haben. Die Antworten zum Thema Altersvorsorge zeigen aber, dass auch aus Sicht der Kundinnen und Kunden nicht jedes Produkt für den Online-Abschluss geeignet ist. So stimmen 61 Prozent aller Befragten der Aussage zu, „Produkte zur Altersvorsorge sind so kompliziert, dass sie digital nicht ohne Hilfe abgeschlossen werden können“. Gleichwohl wünschen sich 59 Prozent eine digitale Übersicht, die alle voraussichtlichen Einkünfte im Alter ausweist. Und mit 45 Prozent würde sich sogar fast jede bzw. jeder Zweite von einer künstlichen Intelligenz zum Thema Altersvorsorge beraten lassen.
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