Von Allianz bis Zurich: Das haben Versicherungs-Websites drauf
Wie nutzerfreundlich sind Webseiten von Versicherungen? Wie werden neue Technologien eingebunden oder wie präsentieren sich die Versicherer allgemein im Netz? Antworten darauf bietet die AMC-Studie „Die Assekuranz im Internet“ . Versicherungsbote sprach mit Studienleiterin Désirée Schubert über die Ergebnisse.
Versicherungsbote: In Ihrer Studie haben Sie die Websites der Versicherer untersucht. Was ist Ihnen dabei besonders aufgefallen?
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Désirée Schubert: Uns ist aufgefallen, dass die Versicherer noch viel Luft nach oben haben beim digitalen Kontakt und Dialog. So ist die Videoberatung noch völlig unterrepräsentiert, obwohl doch darin enormes Potenzial steckt: Niemand muss irgendwo hinfahren, um eine gute Beratung zu erteilen oder zu bekommen. Doch bei gerade einmal 10% haben wir diesen digitalen Service gefunden. Ebenfalls setzen die meisten Versicherer noch auf eher schnöde Unternehmens- und Produktdarstellungen. Niemand durchforstet natürlich freiwillig über 120 Versicherungs-Websites, wie wir es jährlich zwischen September und November tun, und dennoch dürfte ein wenig mehr Investition in Begeisterung sicher nicht schaden. Wir sehen sehr viele Möglichkeiten im Storytelling, was jedoch gerade einmal 17% der Versicherungs-Websites aufbieten. Hier gibt es noch viel Potenzial, den Standard zu übertreffen.
Welche Kommunikationsmittel sollten Versicherer verstärkt einsetzen, um gute digitale Services anzubieten?
Wir sind überzeugt, dass neben der Videoberatung auch Live-Chats und Chatbots eine wichtige Rolle spielen sollten. Circa 45% der Versicherer-Websites setzen bereits darauf. Eine aktive Kommunikationsunterstützung in der Angebotserstellung findet sich jedoch nur bei 7% der Websites. Hier sollte definitiv mehr Energie investiert werden und mit Blick auf andere Branchen sollen Versicherer in ihrer digitale Kommunikation auch deutlich aufrüsten.
Wie können Versicherer sich selbst und ihre Produkte auf ihren Websites besser darstellen?
Ganz klar dadurch, dass sie interessante Geschichten über sich und ihre Produkte erzählen. Beispielsweise könnten sie Kunden zu Wort kommen lassen, die über ihre persönlichen Erfahrungen berichten. Oder auch ihre Mitarbeiter inszenieren, die kennen schließlich das Unternehmen besser als jede und jeder andere. Jedoch nutzen gerade einmal 17% der Versicherer Storytelling in den Bereichen "Unternehmen", "Produkte" und "Ratgeber". Es wäre wichtig, dass sich Versicherer inspirieren lassen und authentische, emotionale und glaubwürdige Geschichten auf ihren Websites erzählen.
Können Sie positive Beispiele nennen?
Aber sehr gern doch. Schauen Sie sich doch einmal die tollen Stories zum Unternehmen von Cosmos Direkt oder der R+V an. Da werden Sie schnell ein Gefühl dafür bekommen, was den Unterschied ausmacht. Zahlen, Daten, Fakten sind selbstredend wichtig, doch ins Herz geht davon nichts. Kaum jemand wird es jedoch kalt lassen, wenn die R+V ihre Kunden zu ihren ganz persönlichen „Nicht-allein-Momenten“ zu Wort kommen lässt oder die Cosmonauten das Arbeiten in der Cosmos Direkt ungescripted vorstellen.
Wie wichtig ist die Nutzerzentrierung und Bedarfssteuerung auf den Versicherer-Websites?
Ganz klar, Kunden sollten immer im Mittelpunkt stehen – auch bei der Konzeption einer Website. Inhalte sind ja schließlich umso relevanter, je besser sie zum Bedarf passen. Allerdings haben wir festgestellt, dass nur 34% der Websites Elemente zur Bedarfssteuerung anbieten. Es gibt viele ungenutzte Möglichkeiten, Nutzern zu helfen, entlang ihres eigenen Bedarfs zum passenden Produkt oder Service zu gelangen. Hier sollten die Versicherer mehr tun, als Nutzern und Nutzerinnen die Eigenregie zu überlassen.
Welche Rolle spielen Kundenbewertungen und Kundenmeinungen auf den Websites der Versicherer?
Bewertungen von Produkten und Services durch echte Kunden sind für Nutzer sehr wichtig, um sich gut beraten und sicher zu fühlen. Doch nur 43% der Websites binden Kundenbewertungen ein und lediglich 30% arbeiten mit "echten Kundenstatements". Hier könnten die Versicherer definitiv einen Zahn zulegen, denn Kundenbewertungen sind mittlerweile ein wichtiger Vertrauensfaktor vor allem – aber nicht nur – im Internet.
Gibt es Möglichkeiten, Beratungserfahrungen mit Versicherungsvermittlern zu teilen?
Natürlich, das ist durchaus möglich und sehr hilfreich. Beispielsweise könnten Vermittlerbewertungen bei der Suche nach einem passenden Experten / einer passenden Expertin vor Ort eingebunden werden. Jedoch bieten nur knapp 10% der klassischen Versicherer Vermittlerbewertungen als Entscheidungskriterium an. Das ist ein eher bescheidendes Ergebnis, denn eine vertrauenswürdige Entscheidungshilfe ist in langen Ergebnislisten sehr willkommen. Denn mal ganz ehrlich: Über die eingebundenen Fotos der Vermittler ist eine gute Entscheidung nicht immer gleich garantiert.
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Über die Studie:
121 Versicherungs-Websites wurden zwischen September und November 2023 einer intensiven Analyse unterzogen. Insgesamt werden sieben Hauptbereiche mit rund 80 Unterkriterien pro Website abgeprüft: 1) Unternehmen, 2) Kontakt und Dialog, 3) Tarifierung und Produkte, 4) Beratung, 5) Service, 6) Vertrieb, 7) User Experience
Charakteristika, qualitative Unterschiede und Highlights fließen in die Highlight-Setcards der einzelnen TOP-Websites ein. Erstmalig gehören auch die guten Umsetzungen in einer Basis-Setcard zum Teil der Studie.