“Pauschale Schweigepflichtentbindungserklärung“ unwirksam
Mit seiner Klage hatte der frühere Unternehmer überwiegend Erfolg. Nach einem weiteren Gutachten im Jahr 2020 hatte auch der Versicherer seine Leistungspflicht bereits anerkannt und die BU-Rente rückwirkend gezahlt, sodass nun nur noch über die Zinsen und die Beitragsrückzahlung zu entscheiden war: In der veranschlagten Zeit hatte der Versicherer auch weiterhin Beiträge für seine BU-Rente zahlen müssen. Dem wurde zum Großteil stattgegeben, sodass der Versicherer den Mann entsprechend auszahlen muss.
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Die Richter des Landgerichtes hoben hervor, dass der klagende Unternehmer bereits zu dem früheren Zeitpunkt -also ab Einreichen des Antrages und der ersten Gutachten- Anspruch auf Leistungen gehabt hätte, „da ein sachgerecht prüfender Versicherer nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 VVG seine notwendigen Erhebungen bereits vorprozessual abgeschlossen hätte“. Notwendige Erhebungen seien alle Maßnahmen, „die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer des entsprechenden Versicherungszweiges anstellen muss, um das Bestehen und den Umfang seiner Leistungspflicht abschließend zu ermitteln. Maßgeblich ist allerdings weder, ob der Versicherer subjektiv weiteren Aufklärungsbedarf sah noch, ob er objektiv tatsächlich vorlag“, heißt es. Vielmehr komme es darauf an, ob eine solche Notwendigkeit bei einer ex-ante-Betrachtung aus der Sicht verständiger Vertragsparteien vertretbar erscheinen durfte. Hierbei stehe dem Versicherer im Anschluss an seine Recherchen eine kurze, regelmäßig auf zwei bis maximal drei Wochen zu bemessende Überlegungs- und Entscheidungsfrist zu, um über den Leistungsantrag zu entscheiden.
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Mit anderen Worten: Der klagende Unternehmer hatte bereits seine Mitwirkungspflichten erfüllt, als er die Leistungen beantragte und die entsprechenden Gutachten eingereicht hatte: Damit hätte der Versicherer den Leistungsfall prüfen können. Dass der Versicherer aber pauschal verlangt hat, dass der Versicherte seine Ärzte von der Schweigepflicht entbindet, sei rechtswidrig, zumal der Versicherer auch nicht begründen konnte, weshalb das notwendig ist. An einer wirksamen Einwilligung des Versicherungsnehmers habe es gefehlt.
“Nicht jede vom Betroffenen gegebene Einwilligung berechtigt den Versicherer, Gesundheitsdaten zu erheben; dies kann nur eine freiwillig gegebene Einwilligung. Freiwilligkeit bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur die Abwesenheit von Zwang, sondern setzt voraus, dass dem Betroffenen vom Versicherer die Möglichkeit gegeben wird, zu erkennen, wie und in welchem Umfang er bei der Datenerhebung mitwirken muss. Nur wer um seine Rechte und Pflichten weiß (bzw. wissen kann), kann sich dieser freiwillig – sehenden Auges – begeben“, heißt es hierzu. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) muss ein Versicherer demnach darauf hinweisen, dass er ein Recht auf Selbstbeschaffung der erforderlichen Daten habe und dem Versicherer die Erhebung von Daten bei Dritten verweigern kann - selbst dann, wenn diese Daten für die Leistungsprüfung erforderlich seien.
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Hierzu führen Jöhnke & Reichow aus: „Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall ausgeführt, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung es gebiete dafür Sorge zu tragen, dass ein informationeller Selbstschutz für Einzelne tatsächlich möglich ist. Das Gericht regte in dem Verfahren Pflichten an, die sicherstellen, dass Versicherte und Versicherungen im Dialog entwickeln, welche Daten zur Leistungsprüfung erforderlich sind“. Hingegen würde eine vorformulierte Schweigepflichtentbindung es der Versicherung ermöglichen, auch über das für die Abwicklung des Versicherungsfalls erforderliche Maß hinaus in weitem Umfang sensible Informationen über seine Versicherungsnehmer einzuholen, was mit dem Datenschutz und dem Recht auf informelle Selbstbestimmung in Konflikt steht (BVerfG, Beschluss v. 17.07.2013 – 1 BvR 3167/08).
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