Sahra Wagenknecht fordert, kleine und mittlere Renten nicht zu besteuern
Deutsche Rentnerinnen und Rentner müssen immer höhere Steuern und Sozialabgaben auf ihre gesetzlichen Renten zahlen. Die Abgeordnete Sahra Wagenknecht hält das für einen Skandal: Diese Einnahmen seien mittlerweile höher als die Zuschüsse des Bundes. Sie fordert eine Abschaffung der Rentenbesteuerung für kleine und mittlere Einnahmen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist angetreten, um die unzufriedenen Stimmen von links und rechts einzusammeln - doch weiterhin ist Wagenknecht zunächst Bundestagsabgeordnete, die als Direktkandidatin der Linken in das Reichstagsgebäude einzog. In einer aktuellen Anfrage an das Bundesfinanzministerium wollte die 54jährige wissen, wie viele Steuern und Sozialabgaben die Rentnerinnen und Rentner auf ihre Altersbezüge zahlen müssen. Und diese sind in den letzten Jahren erwartungsgemäß deutlich gestiegen: Geht doch die Bundesrepublik schrittweise von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung der Renten über. Die Beiträge in der erwerbstätigen Phase werden seit 2005 steuerfrei gestellt, im Gegenzug werden die Altersbezüge versteuert.
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In der Antwort auf die Anfrage beziffert das Ministerium die Summe auf gut 124 Milliarden Euro und beruft sich dabei auf Schätzungen und Simulationsrechnungen auf Basis der Daten der Vorjahre. Demnach werden im laufenden Jahr 54,3 Milliarden Euro an Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung und 11,5 Milliarden Euro für die Pflegeversicherung fällig. Hinzu kommen rund 58,6 Milliarden Euro, die als Steuern auf Renten gezahlt werden müssen. Über die Zahlen berichtet aktuell die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Damit ist die Last zu Ungunsten der Rentnerinnen und Rentner in kurzer Zeit deutlich gestiegen. 2020 mussten noch 44,3 Milliarden Euro an die Krankenkassen und 8,5 Milliarden an die Pflegekassen gezahlt werden, die Steuern auf Renten betrugen 48,8 Milliarden Euro. Die gesamten Steuer- und Sozialabgaben summierten sich im ersten Jahr der Coronapandemie auf 101,6 Milliarden Euro. Ein Grund für den deutlichen Anstieg sind nicht nur die steigenden Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung und die Erhöhung des Pflegebeitrags. Es gibt auch einfach mehr zu holen, weil die Zahl der Rentnerinnen und Rentner seither gestiegen ist.
„Der Staat greift älteren Menschen immer tiefer in die ohnehin schmale Geldbörse“, kommentiert Wagenknecht die abgefragten Zahlen. Die Summe von über 124 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben liege um 7,8 Milliarden Euro höher als im vergangenen Jahr. Innerhalb von vier Jahren sei sie um 22 Prozent gestiegen. „Die Steuern und Abgaben für Rentner sind inzwischen höher als der gesamte Bundeszuschuss zur Rente – eine Unverschämtheit“, so Wagenknecht.
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“Wir brauchen Steuerfreiheit für alle gesetzlichen Renten mindestens bis 2000 Euro“, positioniert sich Wagenknecht weiter. Bereits am Wochenende hatte Wagenknecht die Rente gegenüber der Augsburger Allgemeinen als „das wahrscheinlich größte soziale Problem unserer Zeit“ bezeichnet. Niedrige Renten trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen seien ein sozialpolitischer Skandal. „Deutschland steuert auf eine Rentenkatastrophe zu, das ist gesellschaftlicher Sprengstoff“, so die Politikerin gegenüber dem bayerischen Blatt. Laut Zahlen der Bundesregierung kommen fast ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland nach 40 Berufsjahren auf eine Rente von weniger als 1100 Euro netto im Monat.