Schleswig-Holstein will sich bei Beamtenpensionen bedienen
Um den Haushalt zu konsolidieren, plant Schleswig-Holstein den Zugriff auf einen Vorsorgefonds, der eigentlich Spitzen der Versorgungskosten bei Beamten finanzieren soll. Der Deutsche Beamten Bund (dbb) spricht von 'Beutezug'.
„Gerade in Krisen braucht es Planbarkeit, Verlässlichkeit und klare Worte. Wir kommen um spürbare Einsparungen nicht herum, aber wir nutzen den Verschuldungsrahmen und das in guten Zeiten angesparte Vermögen, um die Wirkung abzufedern“, sagte Monika Heinold, Finanzministerin Schleswig-Holstein. Anlass dafür ist eine Lücke in der Mittelfristigen Finanzplanung des nördlichsten Bundeslandes. Laut Landesregierung beträgt diese Lücke „aufwachsend rund eine Milliarden Euro“.
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Um Einnahmen und Ausgaben bis zum Jahr 2030 schrittweise wieder in Einklang bringen, will das Bundesland die Zuführungen zum Vorsorgefonds streichen und die angesparten Mittel aus dem Vorsorgefonds verfassungskonform verwenden. Die Pensionszahlungen seien unabhängig vom Fonds und weiterhin gesichert, so die Landesregierung.
Beamte kritisieren „Beutezug“
„Der Versorgungsfonds entpuppt sich damit als erneuter Beutezug bei den Beamtinnen und Beamten zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung“, so Kai Tellkamp, Landesbundvorsitzender des Deutschen Beamten Bundes (dbb). Der Fonds sei nämlich aus geminderten Besoldungs- und Versorgungsanpassungen gespeist und diene eigentlich der Finanzierung von Spitzen der Versorgungskosten. Mit der geplanten Maßnahme würden keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen, hieß es weiter vom dbb.
Die Beschwichtigungsversuche der Landesregierung, die Betroffenen würden davon gar nichts merken, seien nur die halbe Wahrheit, warnt der dbb. Die durch das Schleswig-Holsteinische Beamtenversorgungsgesetz geregelten Ansprüche werden zwar zunächst nicht berührt. „Wenn diese aber aufgrund fehlender Vorsorge zu zusätzlichen Haushaltsbelastungen führen, ist doch klar, dass Forderungen nach einer Reduzierung der Versorgungsansprüche lauter werden“, so Tellkamp.
Die Norddeutschen sind nicht die ersten, die sich für Einsparungen bei Beamtenpensionen entschieden haben. Vergangenen September entschied das Bundesland Nordrhein-Westfalen, Erträge aus dem Pensionsfonds zu nutzen, um Finanzlöcher im Landeshaushalt zu stopfen (Versicherungsbote berichtete).
Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind mit dem Problem unzureichender Rücklagen für Pensionen nicht allein. Es ist ein bundesweites Problem. Während die ostdeutschen Bundesländer tendenziell weit weniger Lasten zu stemmen haben, da erst nach der Wende 1990 Staatsdiener nach dem westdeutschen Beamtenrecht verbeamtet wurden, ist gerade in einigen westdeutschen Bundesländern die Situation brisant. In den meisten Bundesländern würde das angesparte Geld sogar in der aktuellen Situation nicht einmal für ein Jahr reichen, um alle finanziellen Verpflichtungen gegenüber ehemaligen Beamten zu erfüllen, warnt die „Stiftung Marktwirtschaft“. Hier gilt es zu bedenken, dass Beamte im Durchschnitt mehr als 20 Jahre im Ruhestand verbringen.
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Zum Hintergrund des Versorgungsfonds in Schleswig-Holstein:
Der Versorgungsfonds wurde aus reduzierten Anpassungen der Besoldungs- und Versorgungsbezüge finanziert. Diese haben sich nach mehreren Schritten mit jeweils 0,2 Prozentpunkten im Jahr 2017 auf 2 Prozent summiert. Mit dem ein Jahr später in Kraft getretenen Versorgungsfondsgesetz wurde mit Blick auf die dauerhafte Wirkung der Einschnitte die Grundlage für die jährliche Aufstockung der Rücklagen geschaffen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass die Mittel des Versorgungsfonds an die Beamtinnen und Beamten zurückfließen, indem Spitzen der Versorgungskosten und damit verbundene Haushaltsbelastungen abgefedert werden.