Nachhaltigkeit: Beratungsaufwand hat sich signifikant erhöht
Die gesetzlich vorgeschriebene Abfrage der Nachhaltigkeits-Präferenzen hat den Beratungsaufwand deutlich erhöht. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) hervor, für die 1.500 Vermögensberater befragt wurden.
Wie gehen Vermögensberater mit der Pflicht, ihre Kunden bei der Beratung zu Fonds- oder Versicherungsanlageprodukten auch nach den Nachhaltigkeitspräferenzen zu fragen, um? Wieviel Aufwand ist zur Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht nötig? Das wollte der Bund Deutscher Vermögensberater (BDV) wissen und beauftragte das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) mit der Durchführung einer entsprechenden Umfrage (grafische Darstellung der Ergebnisse in der obigen Bilderstrecke).
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Die Ergebnisse zeigen, dass sich rund 64 % der Kunden neutral verhalten, wenn Vermögensberater nach dem Interesse ihrer Kunden an nachhaltigen Geldanlagen fragen. Etwa 16 % reagieren interessiert, während gut 16 % eine ablehnende Haltung einnehmen. Jedoch ist von Seiten der Kunden selbst kaum aktives Interesse zu erkennen. Tatsächlich geben etwa 61 % der Vermögensberater an, dass sie in weniger als 10 % aller relevanten Kundengespräche direkt auf das Thema angesprochen werden. Aus Sicht des BDV unterstreicht diese Feststellung die entscheidende Rolle der Berater, insbesondere im Hinblick auf die politische Zielsetzung, die Verbreitung nachhaltiger Geldanlagen in privaten Haushalten zu erhöhen.
Bezüglich der Frage, ob Vermögensberater sich durch nachhaltige Geldanlagen profilieren können, verneinen dies knapp 31 %. Etwa 18 % stimmen zu, während 43 % angeben, dass dies teilweise möglich sei. Die Unterschiede zwischen der Beratung zu Finanzanlagen und Versicherungsanlageprodukten sind gering. Etwa 63 % der Vermögensberater geben an, dass die Reaktionen der Kunden auf das Thema Nachhaltigkeit in beiden Bereichen gleich sind. Immerhin 17 % erleben bei Kunden mit einem Wunsch nach Geldanlagen ein größeres Interesse, während es bei Kunden mit dem Ziel der Altersvorsorge nur 10 % sind. Somit zeigt sich, dass das Thema für die Altersvorsorge geringfügig weniger relevant ist.
Welche Ursachen die ablehnende Haltung hat
Fragt man die Vermögensberater danach, welches nach ihrer Einschätzung die Hauptgründe (bis zu 3 Antwortmöglichkeiten) für eine ablehnende Haltung der Kunden zum Thema nachhaltige Geldanlagen sind, gibt es zwei „Spitzenreiter“: Die mangelnde Glaubwürdigkeit der Politik (knapp 59 %) und die Priorisierung der Rendite einer Anlage (knapp 52 %). Auf den Plätzen folgen die Komplexität in der Beratung (27 %), die Priorisierung der Sicherheit einer Anlage (knapp 27 %) und mangelndes Vertrauen in die Produkte (gut 23 %). Dass das Thema Komplexität in der Beratung zunimmt, bestätigen die Vermögensberater: Fast die Hälfte (47 %) gibt an, dass sich der Beratungsaufwand durch Aufnahme des Themas Nachhaltigkeit um 20 % und mehr erhöht hat.
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Verband sieht Politik gefordert
Die Ergebnisse der Befragung sollten zu denken geben, so der BDV. Es stünde fest, dass allein die gesetzliche Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberatung längst nicht ausreicht, um entsprechende Anlagen zu verbreiten, obgleich die Einbeziehung der Berater ein sehr zielführender Weg wäre, heißt es weiter. Dazu Dr. Helge Lach, Vorsitzender des BDV: „Unsere Vermögensberater wären die perfekten Botschafter, wenn es darum geht, den Kunden nachhaltige Finanzanlagen oder Altersvorsorgeprodukte schmackhaft zu machen. Das funktioniert aber nur, wenn der Berater dabei nicht auf Widerstände und Misstrauen des Kunden stößt und für sich mit Blick auf den erhöhten Beratungsaufwand, der im Übrigen nicht zusätzlich vergütet wird, einen Nutzen sieht. Eigentlich hat die große Mehrheit der Bevölkerung sehr wohl erkannt hat, dass Klima und Natur besser geschützt werden müssen und ist auch bereit, etwas dafür zu tun. Das Potential für nachhaltige Investments bei privaten Ersparnissen ist also da und sicher viel größer als das, was derzeit investiert wird. Die Politik ist deshalb nach unserer Auffassung gut beraten und gefordert, mit Nachdruck alles und mehr für die Akzeptanz und Glaubwürdigkeit zu tun. Zurzeit sind unsere Mitglieder die Leidtragenden. Denn sie müssen gesetzlich verpflichtet ein Thema zur Sprache bringen, von dem der eine oder andere Kunde nichts (mehr) wissen will.“