KI bietet Optionen, den Versicherungsschutz mit seinen Leistungen und Services noch besser auf den Bedarf der Menschen anzupassen. Basis dafür sind beispielsweise mittels KI gewonnene neue und genauere Daten. Hierdurch kann das Risiko eines Ereignisses besser abgeschätzt werden. Ein nachvollziehbares Beispiel sind Sensorik-Daten im Auto.

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Außerdem kann KI dabei helfen, unstrukturierte Daten zu erschließen und genauer zu analysieren, wodurch sich auf Versicherer-Seite das Risikoverständnis verbessert. Risiken, die bislang nicht versicherbar sind, könnten also durch diese neuen Erkenntnisse überhaupt erst versichert werden. Aus unserer Sicht ebenfalls eine positive Aussicht ist, dass mittels KI situativ und individualisiert Präventionshinweise und damit Schadenverminderung möglich sind.

Daniela Rode ist Vorständin der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), langjähriges Mitglied des Ausschusses Krankenversicherung und leitet seit 2021 den Ausschuss "Actuarial Data Science".In verschiedenen Bereichen von Versicherungsunternehmen sind Optimierungen durch den Einsatz von KI erwartbar. Das fängt mit digitalen Abschlussmöglichkeiten an, geht über schnellere und effizientere Schadenabwicklung sowie Leistungsregulierung und reicht bis hin zum Schutz vor Versicherungsbetrug, was wiederum ganz im Sinne des Versichertenkollektivs ist. KI kann auch genutzt werden, um Entscheidungen stärker zu objektivieren und damit Diskriminierung zu vermeiden.

Domänenwissen der Aktuarinnen und Aktuare nutzen

Aktuarinnen und Aktuare haben innerhalb der Versicherungswirtschaft eine Schnittstellenfunktion, die gerade bei der Implementierung neuer Technologien von Bedeutung ist. Insbesondere ihre Fachexpertise ist hier relevant. Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. gibt ihren Mitgliedern zu berücksichtigende Fachgrundsätze an die Hand. Diese unterstützen sie in ihrer Rolle als Hüter des Versichertenkollektivs. Auch ermöglicht die Vereinigung ihren Mitgliedern die gezielte Weiterbildung. Dazu gehört etwa die zum Certified Actuarial Data Scientist (CADS). Dabei handelt es sich um versicherungsmathematische Spezialisten an der Schnittstelle von Datenverarbeitung, Datenschutz, Data Science-Anwendungen und Programmierung. Der Berufsstand verfügt über sehr breite Daten- und Modellierungsexpertise sowie umfassende Methodenkompetenz. Er stellt die Einhaltung von Regeln sowie Vorgaben sicher und dient als Vermittler komplexer Themen. Das macht Aktuarinnen und Aktuare zum idealen Partner in der Frage der Erklärbarkeit von KI-Modellen. Erklärbarkeit ist eine Grundvoraussetzung für Vertrauen in die Technologien. Man muss aber eben auch festhalten, dass die Entwicklung und der Einsatz von KI-Komponenten in der Versicherungsbranche hohes Domänenwissen voraussetzen. Aktuarinnen und Aktuare verfügen genau über dieses, weshalb sie bei der Implementierung von KI eine wichtige Rolle spielen und den Versicherern bei einer möglichen Selbstregulierung als Berater und Ansprechpartner zur Seite stehen werden.

Keine Doppelregulierung

Da Versicherungen als immaterielle Produkte ein hohes Maß an Vertrauen erfordern, ist es seit jeher Teil des Selbstverständnisses der Versicherer, diese Vorgaben verantwortungsvoll umzusetzen. Hinzu kommen zahlreiche nationale und internationale Gesetze, die die Branche stark regulieren. VAG, VVG, IDD, AGG und DSGVO seien hier hervorgehoben genannt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat sich als Aufsichtsbehörde mit technologieneutralem Ansatz bewährt. Es ist wichtig, dass die Vorgaben des kürzlich verabschiedeten AI Acts aus den genannten Gründen so umgesetzt werden, dass eine Konsistenz zur bereits vorhandenen Regulierung sichergestellt ist. Sprich, eine Doppelregulierung sollte unbedingt vermieden werden.

Fazit: KI bietet im Versicherungsumfeld eine Vielzahl an Chancen. Diese betreffen effizientere Abläufe, neue Produkte und ein „Mehr“ an Versicherbarkeit von Risiken. Bei der notwendigen Regulierung dieser Anwendungen sollte allerdings darauf geachtet werden, dass sie auf bereits bestehende Gesetze abgestimmt und technologieneutral ausgelegt wird. Prüfungen sollen ähnlich wie bei Solvency II risikoorientiert und proportional sein. „Doppelt hält besser“ gilt auf dieser Ebene leider meistens nicht, sondern führt zu teurem Mehraufwand und unklaren Auslegungen.

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