„Das Generationenkapital ist nicht geeignet, die Finanzierungprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung zu lösen. Die Finanzierungslasten der Haltelinie von 48% für das Rentenniveau eines Eckrentners werden weitgehend den jungen Generationen aufgebürdet. Soziale Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sieht anders aus“, so fällt das Fazit der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und des Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) hinsichtlich des Generationenkapitals aus.

Anzeige

Generationenkapital kein Einstieg in die Kapitaldeckung

Aus Sicht der Aktuare ist schon die Zielsetzung, mit dem Generationenkapital den Einstieg in kapitalgedeckte Altersvorsorge anzustoßen, irreführend.
„Kapitaldeckung liegt vor, wenn aus unbelasteten Beiträgen ein Kapitalstock angespart wird, aus dem später die Leistungen gezahlt werden – so funktionieren die betriebliche Altersversorgung und die private Rentenversicherung“, erläutert Dr. Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender der DAV.
„Das Generationenkapital bedient sich dagegen eher der Finanzierungsmethoden eines gehebelten Hedgefonds: Kredit aufnehmen, riskant investieren, die Kreditzinsen mit den Investmenterträgen bezahlen und den Gewinn einstreichen — das hat mit Kapitaldeckung nichts, aber rein gar nichts zu tun“.

Zudem hegen die Versicherungsmathematiker Zweifel an den Berechnungen, die dem Gesetzentwurf zugrunde liegen. So sieht der Gesetzesentwurf vor, dass bis 2035 durch schuldenfinanzierte Mittel, die am Kapitalmarkt ertragreich investiert werden sollen, ein Vermögen von 200 Mrd. € aufgebaut wird. Daraus sollen ab 2036 nach Abzug der Schuldzinsen jährlich 10 Mrd. € an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden, um die Beitragssätze zu stabilisieren (Versicherungsbote berichtete).

„Die zugrunde liegenden Berechnungen, insbesondere die Annahmen zu den erwarteten Renditen und Darlehenszinsen, sind intransparent und lassen sich nicht nachvollziehen. Wir gehen auf Basis unserer eigenen Einschätzungen davon aus, dass die realistisch erzielbaren Renditen dauerhaft nicht ausreichen, die geplanten Ausschüttungen und die Zinskosten zu finanzieren“, führt Max Happacher aus.

Die Renditen, die für das Funktionieren dieses Systems nötig wären, halten die Aktuare nicht für erreichbar. Doch blieben diese Renditen aus, würden der Deutschen Rentenversicherung Mittel fehlen, um den Beitragssatz wie geplant stabil zu halten. Die Folge: Beitragssatz und/oder Bundeszuschuss müssten steigen.

Die Aktuare sprechen sich dafür aus, dass der Bund das Renditerisiko trägt und - im Fall der Fälle eben den Bundeszuschuss erhöht. „Wenn der Gesetzgeber von der Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Generationenkapitals überzeugt ist, sollte die Übernahme dieses Risikos durch den Bund unkritisch sein“, stellt Dr. Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des IVS, fest. „Sollte es bei der jetzigen Konstruktion bleiben, stellt sich dagegen die Frage, ob der Gesetzgeber selbst an die Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Generationenkapitals glaubt.“

Anzeige

Die beiden Organisationen plädieren dafür, den Nachhaltigkeitsfaktor wieder in Kraft zu setzen. Damit soll der Verschiebung des Verhältnisses zwischen Anwärtern und Rentnern in der Finanzierung Rechnung getragen werden. Zudem sollte das Renteneintrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt werden, so DAV und IVS. Damit wäre die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung aus Sicht der Aktuare an den demografischen Tatsachen ausgerichtet.