„Der Klimawandel verschärft die Wettergefahren“
Die Schäden durch Naturkatastrophen überschreiten das vierte Jahr in Folge die Marke von 100 Milliarden US-Dollar, so das Swiss Re-Institut. Hauptursache für Schäden im Jahr 2023 waren schwere Gewitter.
Die weltweiten versicherten Schäden aus Naturkatastrophen sind in den vergangenen 30 Jahren schneller gestiegen als die globale Wirtschaftsleistung: Im Zeitraum von 1994 bis 2023 stiegen die versicherten Naturkatastrophenschäden inflationsbereinigt jährlich um durchschnittlich 5,9 Prozent, das weltweite BIP-Wachstum dagegen nur um 2,7 Prozent, teilte das Swiss Re-Institut mit. Gemessen am BIP hat sich in den vergangenen 30 Jahren die relative Schadenbelastung verdoppelt.
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„Selbst ohne einen historischen Sturm in der Grössenordnung von Hurrikan Ian, der im Vorjahr Florida heimgesucht hat, waren die weltweiten Naturkatastrophenschäden im Jahr 2023 erheblich. Damit setzt sich der seit 30 Jahren zu beobachtende Trend steigender Schäden fort, vor allem durch eine Werteakkumulation in katastrophengefährdeten Gebieten. In Zukunft müssen wir aber noch etwas berücksichtigen: die klimabedingte Intensivierung der Gefahren. Aufgrund der Erderwärmung werden stärkere Stürme und schwerere Überschwemmungen dazu beitragen, dass die Schäden noch weiter steigen. Dies zeigt, wie dringend der Handlungsbedarf ist, wenn man zudem berücksichtigt, dass die strukturell höhere Inflation die Kosten nach einer Katastrophe in die Höhe treibt“, warnt Jérôme Jean Haegeli, Group Chief Economist von Swiss Re.
Hauptursache für Schäden im Jahr 2023 sind schwere Gewitter
Die folgenschwerste Naturkatastrophe 2023 war das Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar, bei dem versicherte Schäden von geschätzt 6,2 Mrd. USD entstanden.
Charakteristisch für das Jahr 2023 war ausserdem die Häufigkeit, mit der Extremwetterereignisse auftraten: 142 versicherte Naturkatastrophen stellen einen neuen Rekord dar. In den meisten Fällen handelte es sich um Ereignisse mittleren Ausmasses, mit Schäden in Höhe von 1–5 Mrd. USD je Ereignis. Im Jahr 2023 gab es mindestens 30 solcher Ereignisse, viel mehr als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (17). Von diesen Ereignissen waren 21 schwere Gewitterstürme (SCS), ebenfalls ein neuer Rekord. Ereignisse mittleren Ausmasses sind seit 1994 um 7,5 Prozent angestiegen, fast doppelt so stark wie Katastrophen allgemein mit 3,9 Prozent.
Schwere Gewitter haben sich als zweitgrösste Schadenursache nach tropischen Wirbelstürmen etabliert. Die höhere Anfälligkeit wird durch Urbanisierung sowie durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum verursacht. Der mit 50–80 Prozent weitaus grösste Teil aller versicherten Schäden aus SCS ist auf Hagelstürme zurückzuführen. SCS ist der Oberbegriff für eine Reihe von Gefahren wie Tornados, Derechos (linearen Winden) und schwerem Hagel. SCS sind häufig zu beobachtende Wetterereignisse, die beim Aufstieg feuchtwarmer Luft von der Erdoberfläche in die oberen Schichten der Troposphäre entstehen, wobei sich Wolkentürme bilden und es blitzt und donnert. Unterdessen strömen kühle Luftpakete zur Erdoberfläche und bringen starke Windböen, Regen oder sogar Hagel mit sich. Die weltweiten versicherten Schäden aus SCS beliefen sich 2023 auf die Rekordsumme von 64 Mrd. USD, wovon 85% auf die USA entfielen. Die stärkste Zunahme der versicherten Schäden aus SCS war in Europa zu verzeichnen, wo sie in jedem der vergangenen drei Jahre die Marke von 5 Mrd. USD überstiegen. Insbesondere das Hagelrisiko nimmt zu, vor allem in Deutschland, Italien und Frankreich.
Prämienhöhe Anreiz für Anpassungsmassnahmen
Steigende Anfälligkeiten durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und Werteakkumulation sind nach wie vor die Hauptursache für den Anstieg der Schäden aus SCS. Die Auswirkungen des Klimawandels dürften diesen Trend noch verschärfen. Ein weiterer Faktor sind neue Anfälligkeiten, etwa der starke Anstieg von Solaranlagen auf Hausdächern.
„Der Klimawandel verschärft die Wettergefahren, und Risikobewertung und Versicherungsprämien müssen mit der rasanten Entwicklung der Risikolandschaft Schritt halten. Mit Blick auf die Zukunft müssen wir uns darauf fokussieren, das Schadenpotenzial zu senken. 2023 war das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Bis jetzt setzt sich dieser Trend in 2024 fort. Damit die Sachversicherung tragfähig und bezahlbar bleibt, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen der Privatwirtschaft, des öffentlichen Sektors und der Gesellschaft insgesamt – nicht nur, um die Klimarisiken zu reduzieren, sondern auch, um sich an eine Welt mit extremerem Wetter anzupassen“, so Moses Ojeisekhoba, CEO Global Clients & Solutions von Swiss Re.
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Der erste Schritt zur Schadenreduzierung ist die Verringerung des Schadenpotenzials. Dabei helfen Anpassungsmassnahmen wie die Durchsetzung von Bauvorschriften, der Bau von Hochwasserschutzanlagen und die Besiedlung von Gebieten, die für Naturgefahren anfällig sind, unattraktiv zu machen. Zudem ermöglicht die Zusammenarbeit mit Erstversicherern, Versicherungsverbänden und dem öffentlichen Sektor einen Datenaustausch, der für eine gemeinsame Risikominderung unverzichtbar ist.