Sollen Kinderlose höhere Sozialbeiträge zahlen?
Der Ökonom Bernd Raffelhüschen fordert, dass Kinderlose höhere Beiträge in der Sozialversicherung zahlen. „Kinderlose müssen dafür aufkommen, dass sie der Gesellschaft Beitragszahler vorenthalten“, sagt der Sozialexperte der BILD-Zeitung. Er warnt erneut davor, dass die Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung deren Legitimation untergraben.
Die Sozialversicherungen stehen unter hohem Finanzierungsdruck: Vor allem in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sind immer höhere Bundeszuschüsse erforderlich oder es drohen bald Defizite. Die Situation wird sich weiter verschärfen, wenn die Prognosen des Statistischen Bundesamtes eintreffen und in absehbarer Zeit fast 13 Millionen Menschen in Rente gehen, das sind fast 30 Prozent der heutigen Erwerbsbevölkerung. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an Reformen, um die Sozialversicherung zu stabilisieren: Aus Sicht vieler Experten gehen diese nicht weit genug.
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In die aktuelle Reformdebatte schaltet sich nun erneut Bernd Raffelhüschen ein, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Schon mehrfach hat der Ökonom, bekannt für streitbare Thesen, die älteren Generationen dafür mitverantwortlich gemacht, dass die Sozialversicherung in Schieflage geriet: Sie hätten einfach nicht genug Nachwuchs und damit Beitragszahler gezeugt, würden das Finanzierungsproblem auf jüngere Generationen abwälzen. In diese Richtung geht auch sein neuester Vorstoß. Denn er fordert in Deutschlands größter Boulevardzeitung, dass Kinderlose künftig höhere Sozialbeiträge zahlen sollen.
Ein immer größerer Teil der Sozialstaat-Kosten werde auf die jüngeren Generationen abgewälzt, sagt Raffelhüschen der BILD. „Das untergräbt ein zentrales Fundament unseres Sozialstaates“. Weil es zu wenig Nachwuchs gebe, sollen die Kinderlosen einen Teil der zusätzlichen Kosten über höhere Sozialbeiträge in der Renten- und Krankenversicherung auffangen. „Die Kinderlosen können stärker belastet werden als die mit Kindern. Weil sie hätten ja die Möglichkeit das abzufedern, also darf ihnen das zugemutet werden“, so Raffelhüschen.
„Kinderlose müssen dafür aufkommen, dass sie der Gesellschaft Beitragszahler vorenthalten“, positioniert sich Raffelhüschen weiter. Nach Berechnungen des Ökonomen wird der Bund schon 2040 mehr als 200 Milliarden Euro in die Sozialversicherung geben müssen, um sie am Laufen zu halten - sofern nicht mit Reformen eingegriffen werde.
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Doch neu ist der Gedanke nicht: und wurde teilweise schon umgesetzt. In der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt es seit dem 1. Juli 2023 einen sogenannten Kinderlosenzuschlag. Seit dem 1. Juli 2023 beträgt dieser Beitragszuschlag für Kinderlose 0,6 Prozent. Ausgenommen sind kinderlose Versicherte, die vor dem 1. Januar 1940 geboren sind, Mitglieder bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres sowie Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II. Die Gründe für die Kinderlosigkeit spielen hierbei keine Rolle.