Erweitertes Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Was das für den Finanz- und Versicherungssektor bedeutet
Das mittlerweile bestätigte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellt für Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen eine signifikante Herausforderung dar. Sie können ihren unternehmerischen Kunden einerseits Impulse geben, sich diesen Nachhaltigkeitsaspekten auch ohne gesetzliche Verpflichtung zu unterwerfen. Und andererseits können sie selbst durch die Implementierung von Strategien, die über die bloße Compliance hinausgehen, nicht nur Risiken minimieren, sondern auch einen Beitrag zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung leisten, betont Dr. Johannes Knorz, Geschäftsführer beim auf Impact Investing spezialisierten Family Office 4L Vision GmbH. Zudem können gerade Finanzdienstleistungsunternehmen und Vermögensverwaltungsgesellschaften den nachhaltigen Wandel voranbringen, indem sie Unternehmen mit einer konsequenten Lieferkettenpolitik als Investments bevorzugen.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), oft auch als Lieferkettengesetz bezeichnet, ist ein regulatorischer Rahmen, der darauf abzielt, die Achtung der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten zu stärken. Unternehmen werden verpflichtet, ihre Lieferketten auf Risiken für Menschenrechtsverletzungen zu überprüfen, präventive Maßnahmen zu ergreifen und bei bekannt gewordenen Verstößen Abhilfemaßnahmen einzuleiten. Das Gesetz fordert von Unternehmen, nicht nur in eigenen Geschäftsbereichen, sondern entlang der gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt, Sorgfaltspflichten zu erfüllen.
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Bei der Bundesregierung heißt es dazu: „Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung und fehlende Arbeitsrechte: In Handel und Produktion werden entlang der weltweiten Lieferketten immer wieder grundlegende Menschenrechte verletzt. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten verpflichtet deutsche Unternehmen seit 2023, ihrer globalen Verantwortung besser nachzukommen. Gleichzeitig sorgt das Lieferkettengesetz für Rechtssicherheit und baut Wettbewerbsnachteile für Unternehmen ab, die bereits freiwillig in ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement investierten. Ab 2024 gilt es für Betriebe mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland.“
Corporate Sustainability Due Diligence Directive der EU
Die europäische Gesetzgebung geht sogar darüber hinaus: Im Dezember 2023 hat sich das Europaparlament gemeinsam mit den EU-Staaten auf ein Gesetz über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), geeinigt. Das neue Gesetz verpflichtet europäische Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz zum sorgfältigen Umgang mit den sozialen und ökologischen Wirkungen in der gesamten Lieferkette inklusive des eigenen Geschäftsbereichs. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex schreibt: „Die ‚Directive on Corporate Sustainability Due Diligence‘ (CSDDD) zielt darauf ab, dass Unternehmen, die in der EU tätig sind, zukünftig zur Achtung von Menschenrechten und Umwelt in globalen Wertschöpfungsketten verpflichtet werden sollen. Mit dem geplanten Gesetz sollen zudem Due Diligence Prozesse stärker in die Governance-Strukturen eingebunden und gleiche Wettbewerbsbedingungen sowie Rechtssicherheit auf EU-Ebene gestärkt werden.
Auswirkungen auf Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen
Für Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen bedeutet das Gesetz zunächst eine Erhöhung der Anforderungen an das Compliance- und Risikomanagement. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Geschäftspraktiken und die ihrer Kunden den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes entsprechen. Dies beinhaltet die Durchführung von Due-Diligence-Prüfungen zur Identifizierung, Vermeidung und Minderung von Menschenrechtsrisiken in den Investitions- und Versicherungsportfolios. Das Lieferkettengesetz beeinflusst auch Investitionsentscheidungen, indem es Finanzdienstleister dazu anhält, in Unternehmen zu investieren, die ihre Sorgfaltspflichten ernst nehmen und effektive Maßnahmen zur Risikominderung umsetzen. Investoren könnten Unternehmen bevorzugen, die transparent über ihre Lieferketten berichten und nachweislich Menschenrechtsstandards einhalten, da dies das Risiko von Reputationsschäden und damit verbundenen finanziellen Einbußen minimiert.
Versicherung von Unternehmen
Für Versicherungsunternehmen resultieren aus dem Gesetz ebenfalls neue Herausforderungen und Chancen. Einerseits könnten Unternehmen, die ihre Sorgfaltspflichten nicht erfüllen, als höheres Risiko angesehen werden, was zu höheren Versicherungsprämien oder zum Ausschluss von Versicherungsschutz führen kann. Andererseits können Versicherer durch die Entwicklung spezieller Versicherungsprodukte, die Unternehmen bei der Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten unterstützen, neue Geschäftsfelder erschließen. Die Rolle des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes bei der Versicherung von Unternehmen geht somit über die reine Risikobewertung hinaus.
Und generell gilt: Finanz- und Versicherungsunternehmen können als Akteure des Wandels fungieren, indem sie ihre unternehmerischen dazu ermutigen und unterstützen, nachhaltigere und verantwortungsvollere Geschäftspraktiken zu verfolgen – auch über die gesetzlichen Pflichten hinaus. Durch Beratung und Anreize können auf Nachhaltigkeit und Verantwortung konzentrierte Finanz- und Versicherungsunternehmen einen positiven Einfluss auf die Umsetzung von Menschenrechtsstandards in globalen Lieferketten nehmen und Unternehmen dabei unterstützen, sich in diesem Sinne erfolgreich für die künftige Entwicklung aufzustellen.
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