MLP: „Wir rechnen mit Wachstum in der privaten und betrieblichen Altersvorsorge“
Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird noch dramatischer, beobachtet Manfred Bauer, Produktvorstand der MLP SE. Wie sich das auf Nachfrage und Bedarf betrieblicher Vorsorge auswirkt und welche Rolle Bestandsvergütung für das Geschäftsmodell von MLP spielt, erklärt Bauer im Interview.
Wie zufrieden sind Sie mit der Gesamtentwicklung der MLP?
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Die MLP-Gruppe hat im vergangenen Jahr erneut ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen und dabei eine hohe Stabilität dank ihres breit aufgestellten und strategisch verzahnten Geschäftsmodells gezeigt. Zugleich gewinnen Wachstumsfaktoren wie das von uns betreute Vermögen oder der Bestand in der Sachversicherung weiter an Dynamik, während wir erfolgreich die Digitalisierung unserer internen Prozesse vorantreiben, einschließlich Robotics und Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig forcieren wir digitale Plattformlösungen und formen unser Kundenportal zu einem umfassenden Financial Home. Ergänzend legen wir die Grundlage für strukturelles Wachstum durch unser innovatives Traineeprogramm und Initiativen im Demografie-Management. Kurz gesagt: Wir sind auf einem sehr guten Weg.
Welche Herausforderungen sehen Sie für das Wachstum in den kommenden Jahren?
In den letzten Monaten sind hierzulande die Folgen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie die anhaltende Verunsicherung der Verbraucher aufgrund von Inflation, Zinsanstieg, hohen Energiekosten, weltweiten Krisen und politischen Ungewissheiten deutlich spürbar geworden und werden es auch in den kommenden Monaten noch sein. Allerdings gibt es etliche Trends, die unsere Märkte mittelfristig prägen und unser Geschäft begünstigen werden. So wird etwa das Vermögen in Deutschland weiter wachsen und zu einem zunehmenden Bedarf an entsprechender Beratung und Betreuung führen. Zudem entfaltet die demografische Entwicklung immer stärker Wirkung – weshalb sowohl im Privatkundenbereich als auch bei Unternehmen die Nachfrage nach privater und betrieblicher Vorsorge steigen wird. Und gerade bei unseren jungen Kunden kann Altersvorsorge im Studium in vielen Fällen bereits sinnvoll sein, dann z. B. gegen Ende des Studiums mit einer Rürup-Rente gekoppelt an eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit.
Die Gesamterlöse sind in den vergangenen Jahren regelmäßig gewachsen. Welche Rückschlüsse ziehen Sie daraus und was bedeuten die positiven Zahlen für die allgemeine finanzielle Gesundheit und Wachstumsstrategie des Unternehmens?
Unsere Gesamterlöse konnten wir nun 10 Jahre in Folge steigern – auf einen Rekordwert von 973 Mio. Euro. Möglich ist dies dank der stabilen und strategisch verzahnten Erlösstruktur, in der sich die verschiedenen Säulen gegenseitig ausgleichen und stärken. Zuletzt zog beispielsweise das Zinsgeschäft deutlich an und konnte den Rückgang im Immobilienbereich abfedern. Gleichzeitig konnten wir wichtige Bestandsgrößen für die zukünftige Erlösentwicklung auf neue Höchstmarken steigern: das in unserer Gruppe betreute Vermögen ebenso wie das verwaltete Prämienvolumen in der Sachversicherung. Die Bestandsvergütungen für die laufende Kundenbetreuung stellen einen wichtigen Teil unseres Geschäfts dar und tragen stark zur großen Stabilität von MLP bei.
Das EBIT des MLP-Konzerns sank von 75,6 Mio. € in 2022 auf 70,7 Mio. € in 2023. Was waren die Hauptgründe für diesen Rückgang und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um gegenzusteuern?
Wie bereits ausgeführt, befinden wir uns als MLP-Gruppe auf einem guten Weg – wichtig ist dabei vor allem unsere Planung für Ende 2025: ein EBIT von 100 bis 110 Mrd. Euro. Im Geschäftsjahr 2023 enthielt unser EBIT einen Sondereffekt im Immobiliengeschäft, da auch wir uns den marktweiten Belastungen nicht entziehen konnten. Gleichzeitig haben wir als Vorstand unseren Dividendenvorschlag von 30 Cent pro Aktie für das abgelaufene Geschäftsjahr nochmals bestätigt – auch dies ist ein Zeichen der Stärke des MLP-Geschäftsmodells. Anzeichen für ein Durchschreiten der Talsohle im Immobilienmarkt hatten wir bereits Ende 2023 wahrgenommen. Zudem war in allen anderen operativen Segmenten des MLP-Konzerns 2023 ein solider Geschäftsverlauf zu verzeichnen.
Wie bewerten Sie die Entwicklung im Beratungsfeld Altersvorsorge und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um das Neugeschäft in diesem kritischen Segment zu stabilisieren und zu fördern?
Nach zuletzt stabilen Ergebnissen rechnen wir für das laufende Jahr mit Wachstum in der privaten und betrieblichen Altersvorsorge. Dabei ergibt sich vor allem aus den Folgen der fortschreitenden demografischen Entwicklung zusätzlicher Absicherungsbedarf, den unsere Beraterinnen und Berater gemeinsam mit ihren Kunden angehen werden – sowohl mit Bestandskunden etwa im Bereich Ruhestandsplanung als auch mit jungen Kundinnen und Kunden, für die erste Vorsorge-Bausteine eine wichtige Rolle spielen. Das kann dann für einen Studenten z. B. eine Rürup-Rente in Kombination mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung sein. Darüber hinaus wird sich die Entwicklung fortsetzen, dass Firmenkunden ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit intelligenten Angeboten, u. a. in der betrieblichen Vorsorge, an sich binden möchten. Der Bedarf von Arbeitgebern dürfte hier angesichts eines immer dramatischeren Arbeits- und Fachkräftemangels nochmals zunehmen.
Die Bereiche Finanzierung und Immobilien sackten im Neugeschäft deutlich ab. Welche konkreten Faktoren sind für diesen Rückgang verantwortlich?
Der deutsche Immobilienmarkt musste einen massiven Einbruch hinnehmen – im Grunde ist man bei der Finanzierung nach vielen Jahren der Niedrigzinsen aber wieder in einer Normalzinssituation angekommen. Hinzu kamen weitere Faktoren wie gestörte Lieferketten, steigende Rohstoffkosten und Handwerkermangel. Zudem hat die unklare Wohnungspolitik Vertrauen gekostet. Die allgemeine Verunsicherung und Zurückhaltung beim Immobilienerwerb haben sich auch in unserem Geschäft niedergeschlagen.
Inwieweit spiegeln diese Zahlen eine Veränderung der Immobilienmarktbedingungen wider und wie wollen Sie dieser Entwicklung Herr werden?
Der Markt war von massiven Verwerfungen geprägt, doch für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir ein Ende der negativen Entwicklung am Immobilienmarkt und somit – ausgehend vom geringeren Vorjahresniveau – ein deutliches Wachstum in der Vermittlung von Immobilien und der Finanzierung von selbst- und fremdgenutztem Wohnraum. Dies setzt natürlich voraus, dass sich die Anzeichen für eine allmähliche Bodenbildung im Markt weiter verstetigen. Außerdem sind die Finanzierungszinsen schon wieder sichtbar gesunken. Marktweit ist hier zu beobachten, dass der vorherige sehr starke Zinsanstieg in der Finanzierung inzwischen wohl verarbeitet ist und sich die Nachfrage normalisiert hat. Nicht zuletzt hat die Regierung nun auch noch das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Die darin enthaltene Möglichkeit zur verbesserten Abschreibung bei fremdgenutzten Neubau-Immobilien ist natürlich ein positiver Impuls für den gesamten Markt.
Die Dividende je Aktie blieb mit 0,30 € stabil. Wie nachhaltig bewerten Sie die aktuelle Dividendenpolitik?
Unsere konstante und verlässliche Dividendenpolitik zeigt, wie stabil die MLP-Gruppe aufgestellt ist und wie groß unser Vertrauen in ihre Leistungs- sowie Wachstumsfähigkeit ist. Für Investoren ist und bleibt dies natürlich auch ein wichtiger Faktor.
MLP konnte die Zahl der betreuten Privatkunden von 569,200 auf 580,000 erhöhen. Wie plant das Unternehmen, dieses Wachstum zu nutzen, um die Ertragslage weiterhin positiv zu beeinflussen?
Die MLP-Beraterin oder der MLP-Berater ist für ihre bzw. seine Kunden der eine Gesprächspartner, mit dem sie alle wesentlichen Finanzfragen besprechen können. Mit der Gewinnung der Kunden – meist als Studierende – fängt die vertrauensvolle Kundenbeziehung auch erst an. Je nach Lebensabschnitt stellen sich unterschiedliche Finanzfragen – etwa zum Berufseinstieg, beim Hausbau, dem Schritt in die Selbstständigkeit oder zum Eintritt in den Ruhestand. Dafür bieten wir Lösungen aus einer Hand an. Dieses ganzheitliche Angebot ist einzigartig am deutschen Markt und bietet einen großen Vorteil: Wir berücksichtigen die Wechselwirkungen in der Finanzplanung und gehen komplexe Themen zusammen mit dem Kunden gesamthaft an, statt nur einzelne Bausteine isoliert in den Blick zu nehmen.
Die Beraterzahl ist ein Schlüsselfaktor für das Wachstum von MLP. Welche Initiativen haben Sie gestartet, um die Beraterzahl zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Beratung sicherzustellen?
Um in Gegenwart und Zukunft noch besser aufgestellt zu sein, haben wir im vergangenen Jahr unser innovatives Traineeprogramm erfolgreich initiiert. Zunächst besuchen die angestellten Trainees vier Monate lang umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmodule an der MLP Corporate University, bevor sie als selbstständige Handelsvertreter in die eigentliche Beratertätigkeit starten. Das Programm bietet nach dem Studium eine ideale Einstiegsmöglichkeit, um sich außerordentlich schnell weiterzuentwickeln. Ergänzend sorgen wir im Rahmen einer dezidierten Standortplanung für einen bestmöglichen Übergang der erfolgreichen Nachwuchsberater in den Bereich der Kollegen mit längerer Berufserfahrung und einem etablierten Kundenstamm. In diesem gewinnen andere Fragestellungen an Bedeutung und dementsprechend werden ergänzende Weiterbildung und neue Expertise benötigt.
Welche Auswirkungen haben aktuelle und zukünftige regulatorische Veränderungen auf das Geschäftsmodell von MLP, und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Natürlich gibt es einen Einfluss von Regulierung auf unser Geschäft, aber MLP gibt es seit mehr als 50 Jahren am Markt und wir haben immer wieder gezeigt, dass wir damit gut umgehen können – wahrscheinlich auch deutlich besser als kleinere Marktteilnehmer. In strategischer Hinsicht hatten wir uns mit der klaren Fokussierung auf Qualität in der Beratung unserer Privat- und Geschäftskunden frühzeitig und gut positioniert. Manche regulatorischen Schritte treffen uns auch nicht mehr, weil wir unser Beratungsangebot längst weiterentwickelt haben. Prämisse dabei war und ist natürlich, dass dieses den Bedarf unserer Kundinnen und Kunden noch besser erfüllt. Beispiel Vermögensmanagement: Bereits 2012 hatten wir ein honorarähnliches Modell im Neugeschäft eingeführt und sind damit seither sehr erfolgreich unterwegs. Mit Blick auf zukünftige Regulierung zur Stärkung des Verbraucherschutzes wäre vor allem eines wünschenswert: dass der Gesetzgeber ein evidenzbasiertes Vorgehen wählt, also auf Basis von Fakten handelt, die tatsächlich repräsentativ für den jeweiligen Markt sind.
Wie integrieren Sie Nachhaltigkeitsaspekte in das Geschäftsmodell MLP?
Um unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt gerecht zu werden, haben wir Nachhaltigkeit umfassend in der MLP-Gruppe verankert. Auf Unternehmensebene liegt der Schwerpunkt des Nachhaltigkeitsmanagements auf einer aktiven Klimaschutzstrategie, also der Vermeidung und Reduzierung von Emissionen, die aus dem eigenen Geschäftsbetrieb resultieren. Auf Ebene der Kundenberatung steht etwa im Privatkundengeschäft die Erfassung der individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen und darauf aufsetzend ein umfangreiches und weiter wachsendes Angebot an nachhaltigen Produktlösungen in den jeweiligen Leistungsbereichen zur Verfügung. Zudem fungiert das SDG-Office des Tochterunternehmens FERI als zentrales Kompetenzzentrum innerhalb der MLP-Gruppe.