Versicherungsbote: Sie sind als Versicherungsmakler auf Kunst spezialisiert. Wer sind Ihre Kunden?

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Stephan Zilkens: Das fängt bei Privatsammlungen an und geht über Galerien, Museen, Speditionen, Künstler, Restauratoren und Kunsthistoriker. Sagen wir es mal so: Überall, wo Kunst draufsteht, könnte auch Zilkens drin sein.

Ihre Zielgruppe ist sicher klein - aber fein. Wo bzw. wie finden Sie Ihre Kunden?

Mittlerweile finden wir die Kunden über Empfehlungen. Das heißt, wir werden gefunden und müssen nicht mehr schrecklich viel suchen. Das klingt arrogant, ist aber extrem hilfreich.

Wir sind aber durchaus auch international unterwegs. Das heißt, man bewegt sich auf Kunstmessen, man bewegt sich in den entsprechenden Kreisen, unterstützt Museumsverbände und Sammlervereine. Ist hier und da mal sichtbar durch besondere Aktionen wie Kunstversicherungsgespräche oder Ähnliches und versucht so über sich aufbauende Netze, die Fische in dasselbe zu bekommen.

Schön gesagt. Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von der klassischer Makler?

Wir legen Wert darauf, dass wir eher beratend tätig sind. Wir versuchen eigentlich, über die Kompetenz, die wir im Kunstbereich aufgebaut haben, eine Gesprächsebene mit den Kunden zu finden, auf einer Ebene, die die Kunden verstehen. Und deren Anliegen müssen wir dann den Versicherern vermitteln, die manchmal weniger von Kunst verstehen, als es gut und wünschenswert wäre.

Vielleicht können Sie uns das an einem Beispiel erläutern, wie Sie einen Schutz für eine Galerie oder für ein wertvolles Ausstellungsstück finden?

Bei wertvollen Ausstellungsstücken haben Sie sehr oft den Zwiespalt zur Staatshaftung. Das Museum sagt: „Ich will Geld sparen und will für eine Versicherung nichts ausgeben, nehme die Leihgabe des Eigentümers aber gerne.“ - Auf der Gegenseite steht derjenige, dem das Kunstwerk gehört.

Oft gibt es schon bei der Bewertung der Kunst Differenzen, dann geht es über die Sensibilität des Objektes bis hin zum Prozess der Schadenregulierung. Wenn man die ganze Strecke analysiert und dass in Ruhe mit dem Sammler bespricht, erkennt dieser schnell, dass er bei einem privatwirtschaftlich organisierten Versicherungsunternehmen besser aufgehoben ist, als wenn er sich auf eine Staatshaftung einlässt.

Die schwedische Staatshaftung zum Beispiel sorgt dafür, dass der Eigentümer des Bildes nicht Vertragspartner der Haftungsseite ist. Das führt dazu, dass er sich mit dem Museum rumzanken muss, wenn ein Gemälde zu Schaden kommt, und das Museum hat ohnehin kein Geld, um ihn angemessen zu entschädigen.

Das sind relativ komplexe Bewertungsfragen. Sowohl was die Kunst und ihre Empfindlichkeit - aber auch, was den gesamten Kontext angeht.

Sie haben die Staats- beziehungsweise Länderhaftung gerade schon angesprochen. Wie stehen Sie dazu?

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Das ist eine relativ klare Sache. Wir haben in Deutschland 16 Bundesländer und einen Bund. 15 Bundesländer haben sehr individuell gestaltete Staatshaftungen. Sie greift in jedem Bundesland anders und der Bund hat nochmal eine eigene.

Wenn man dann überlegt, wie unterschiedlich die Haftungssummen sind, die die jeweiligen Länder auslegen und welche Konditionen sie damit verknüpfen, kann ich jeder Galerie nur raten: Finger weg von der Staatshaftung. Denn sollte es wirklich zum Haftungsfall kommen, ist nicht einmal gesichert, dass die nötigen Mittel im Haushalt eingestellt sind. Die öffentlichen Leihgeber, also staatliche, kommunale und sonstigen Museen, können sich auf Staatshaftung einlassen. Mittlerweile ist es aber so, dass die Bestände der Museen oft schwächer sind als das, was sich in Privatsammlungen befindet. Und diese Werte müssen entsprechend versichert werden, im besten Fall privat.

"Bei Kunst gibt es riesige Bewertungsmargen"

In den letzten Jahren sorgten spektakuläre Kunstraube wie zum Beispiel im Grünen Gewölbe in Dresden für viel Aufmerksamkeit. Ist es dadurch schwerer geworden, passenden Schutz zu finden - zum Beispiel, weil sie mit vermehrten Ausschlüssen und strengeren Obliegenheiten konfrontiert werden?

Die Ausschlüsse kommen aus einer ganz anderen Ecke. Die kommen aus zunehmendem Compliance-Idiotien, wo Vorstände sich nur noch auf Rechts- und Steuerabteilungen verlassen und selbst nicht mehr das Gefühl haben, wie das Geschäft funktioniert oder was sie eigentlich zu schützen hätten. Das ist schon ziemlich mühsam manchmal.

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Das grüne Gewölbe ist ein Spezialfall - genauso wie die Big Maple Leaf, die riesige Goldmünze, die aus dem Bode-Museum in Berlin gestohlen wurde. Es handelt sich beide Male um Objekte, die einfach auseinanderzunehmen sind, die sozusagen unkenntlich zu machen sind und trotzdem einen hohen Wert repräsentieren.

Viele Gemälde können nach einem Diebstahl gar nicht weiterverkauft werden. Wenn Sie einen Picasso für 20 Millionen Euro klauen, steht der sofort im Art Loss Register, der Datenbank für verlorengegangene und gestohlene Kunstwerke. Und wenn es ein echter Picasso war, schreibt auch jede Zeitung darüber. Damit ist der Kunstmarkt weltweit gesperrt.

Das heißt, sie können ihn eigentlich nur noch über den grauen Markt schieben. Der graue Markt ist aber auch keiner mehr, der wirklich funktioniert. Das hängt auch mit Präventionsmaßnahmen gegen Geldwäsche zusammen. Dadurch hat sich das Diebstahlrisiko für Kunst deutlich reduziert.

Die einzigen Ausnahmen sind Gold, Edelsteine und schnell vermarktbare Möglichkeiten. Insofern hat sich der Markt für Versicherungen durch die oben genannten Diebstähle nicht wesentlich verändert.

Kommen wir noch einmal auf das Beispiel der Absicherung der Kunstwerke im Grünen Gewölbe zurück. Wie wäre die Risikobewertung bei Ihnen abgelaufen?

Wir hätten uns auf jeden Fall zuerst mit den Sicherungsmaßnahmen im Museum auseinandergesetzt, wir hätten vermutlich auch die Frage der Unterbringung und der Schutzthematik überprüft. Wichtig wäre gewesen zu klären, welche Gläser verwendet werden und wann die Sicherungsmaßnahmen das letzte Mal aktualisiert worden sind.

Hier liegt ein Problem. Wenn man 2004 eine Ausstellung mit der damals aktuellen Sicherungstechnik gesichert hat, war das wunderbar. Zehn Jahre später ist es nicht mehr wunderbar, wenn diese Technik immer noch verwendet wird, weil sie veraltet ist und es neue Technologien gibt, mit denen man die alten Sicherungen leicht aushebeln kann. Es ist ständiger Prozess der Erneuerung, der nötig ist, um Kunstwerke angemessen zu schützen. Entsprechend muss man da hinterher sein.


Man muss fairerweise sagen, die öffentlichen Museen sind in keiner wohligen Situation, was ihre Finanzlage und Personalausstattung angeht. Entsprechend sind die Möglichkeiten, für ausreichend Schutz zu sorgen, eingeschränkt. Das ist eigentlich traurig.

Wie ermitteln Sie die notwendigen Versicherungssummen für Kunstwerke?

Indem wir die Qualität, die wir erkennen können - also Künstler, Motiv, Herkunft, Provenienz des Bildes, Technik et cetera in Korrelation setzen zu dem, was wir auf dem Kunstmarkt finden und kennen, wobei wir nicht nur die Auktionswerte nehmen, sondern durchaus auch das, was wir begleitend mitbekommen auf Messen oder in Privatverkäufen. So kann man eine vernünftige Relation bilden.

Man muss dazu aber im Hintergrund wissen: Anders als bei Ware, die man im Kaufhaus für einen festen Preis erwirbt, gibt es bei Kunst riesige Bewertungsmargen. Es gibt da kein richtig und kein falsch. Es gibt höchstens ein extrem zu niedrig und dann ist es falsch oder ein extrem über dem Preis und dann ist es auch falsch. Aber dazwischen hat man 400 Prozentpunkte, in denen man sich eigentlich sauber bewegt.

Kunst als Geldanlage - "hoch volatil"

Mit welchen Beiträgen hätte beispielsweise jetzt das grüne Gewölbe rechnen müssen?

Staatliche Museen werden in der Regel nicht versichert.
Es gibt die Möglichkeit, mit sogenannten Erstrisiko-Konzepten zu operieren. Das heißt, sie müssen den Gesamtwert einer Sammlung in Relation zu dem möglichen Höchstschaden ermitteln.

Was kann durch ein Feuer, einen Diebstahl, eine Sturmflut oder ein Erdbeben tangiert werden? Wenn der Gesamtwert eine Milliarde Euro beträgt, dann könnte der Schaden bei 150 oder 200 Millionen Euro liegen. Dann würde man eine Versicherung im Verhältnis 250 Millionen Euro zu einer Milliarde Euro abschließen. Man hätte also 250 Millionen Euro versichert. Wenn man dafür 140.000 Euro bezahlt, ist das bei der heutigen Marktlage viel.

Bei 250 Millionen Euro für eine volle Deckung über alle Gefahren - mit den Ausnahmen Krieg und Beschlagnahme - ist man bei 140.000 bis 150.000 Euro. Das ist eigentlich nicht viel dafür, dass der Steuerzahler dann nicht mit 250 Millionen Euro zur Kasse gebeten wird.

Wie hat sich der Markt für Kunstversicherungen in den letzten Jahren entwickelt?

Ein gewisser Bodensatz ist erreicht. Als ich vor 40 Jahren mit dem Thema Kunstversicherung anfing, musste man für eine Privatsammlung in der Größenordnung von einer Million DM und mehr noch mit 0,6 Prozent Prämie pro Jahr rechnen. Heute liegt man in der gleichen Kategorie irgendwo zwischen 0,18 und 0,22 Prozent; im Bereich der großen Ausstellungshäuser noch deutlich darunter.

In den letzten Jahren ist Kunst als Geldanlage beliebter geworden. Wie schätzen Sie derartige Investments ein?

Risikoreich, um nicht zu sagen: hoch volatil. Auch Kunst ist Moden unterworfen. Wenn Sie sich zum Beispiel die Preisentwicklung von Biedermeiermöbeln anschauen: Vor 20 Jahren war das eine richtig teure, gute Investition. Und heute werden einem die Dinger nachgeworfen.

Umgekehrt ist die Wertentwicklung bei Vintage-Möbeln aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts: Bauhaus zum Beispiel. Da schlackern sie mit den Ohren, zu welchen Preisen die jetzt verkauft werden.

Gleiches Genre: Möbel. Das eine geht runter, das andere geht hoch. Kunst mit dem Herzen zu kaufen macht immer Spaß, auch wenn der Markt fällt. Wer es als Kapitalanlage macht, braucht gute Berater und ein gutes Netzwerk, um nicht Schiffbruch zu erleiden.

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Die Fragen stellten Björn Bergfeld und Mirko Wenig

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