Ist eine Wohnung vorübergehend unbewohnbar, können mehrere Versicherungen in die Einstandspflicht geraten. Für Schäden am Wohngebäude zum Beispiel erstattet die Wohngebäudeversicherung in der Regel auch Kosten für ein Hotel oder eine Ersatzwohnung, wenngleich meist nur für eine begrenzte Zeit und bis zu einer bestimmten Höhe. Voraussetzung ist: die Entschädigung kann nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag (z.B. einer Haftpflicht) beansprucht werden.

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Auch die Hausratversicherung leistet für Ersatzwohnungen

Aber auch die Hausratversicherung definiert in der Regel eine Einstandspflicht für eine Ersatzwohnung. Die zugrundeliegende Klausel der Allgemeinen Hausrat Versicherungsbedingungen (VHB) gleicht sogar fast aufs Wort jener der Allgemeinen Wohngebäude Versicherungsbedingungen (VGB): Zu den erstattungsfähigen Kosten zählen auch „Kosten für eine Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten“. Voraussetzung ist, dass „die vom Versicherungsnehmer ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und ihm die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist“.

Wann aber leistet die Wohngebäudeversicherung, wann ist die Hausratversicherung in der Einstandspflicht? Decken doch beide Versicherungen keineswegs das gleiche Risiko. Hierzu musste das Oberlandesgericht Saarbrücken in dritter Instanz am 08.09.2023 ein Berufungsurteil fällen (Az. 5 U 64/22).

"Der Klassiker": teurer Leitungswasserschaden führt vor Gericht

Ursache des Rechtsstreits war ein Leitungswasserschaden im Badezimmer einer Mietwohnung – unter einer Duschwanne trat Wasser aus. Dieser Schaden führte zu umfangreichen Sanierungsarbeiten: Die Duschwanne musste ausgebaut werden; ebenso ein Tresor, der mit einem Kleiderschrank sowie einer Schlafzimmerwand verbaut war. Auch wurden aufwendig verlegte Mosaikfließen in Bad und Schlafzimmer erneuert und Teile der Wand ausgebessert; ein Schuhschrank wurde wegen des Nässeschadens weggeworfen.

Letztendlich sorgten die Arbeiten für eine Vielzahl an Belastungen, die es der Mietpartei unmöglich machten, in der Wohnung zu wohnen: Möbelstücke standen zum Trocknen im Raum, Bautrockner waren in Bad und Schlafzimmer aufgestellt; insbesondere die Arbeiten an den Fliesen sorgten für eine hohe Lärm- und Schmutzbelastung.

Die Kläger mieteten sich vier Monaten in einer Ferienwohnung ein

Die Mieter nahmen sich aus diesem Grund für etwa vier Monate eine Ferienwohnung: es entstanden Kosten in Höhe von 6.250 Euro. Diese Unterkunft sollte nun die Hausratversicherung ersetzen; hierbei beriefen sich die Mieter auf die Hotel-Klausel ihres Vertrags einer „Sorglos-Hausratversicherung“.

Der Hausratversicherer verneinte freilich die Einstandspflicht, weswegen die Mietpartei auch noch zwei äußerst kostenreiche Gutachten in Auftrag gab. Diese sollten zum einen die Ausbesserungsarbeiten dokumentieren, zudem aber beweisen, dass es aufgrund der Lärm- und Schmutzbelastung keine Alternative zu einer Ersatzwohnung gab. Insgesamt 2.742,75 Euro verschlangen die Gutachten.

Mit den Gutachten sollte die Hausratversicherung umgestimmt werden – die Frage freilich, bei welchen Schäden es sich überhaupt um durch eine Hausratversicherung gedeckte Schäden handelt, beantworteten die Gutachten nicht.

VHB definieren Ausschluss für Gebäudeschäden

Die Hausratversicherung der Mieter jedenfalls sah sich erneut nicht in der Einstandspflicht für die Ferienunterkunft. Denn die Schäden am Hausrat waren aus ihrer Sicht nicht so umfangreich, dass sie für sich bereits eine Ersatzunterkunft gerechtfertigt hätten. Zumal eine Ausschlussklausel in den Allgemeinen Hausrat Versicherungsbedingungen unter „Nicht versicherte Sachen“ definiert: „Nicht zum Hausrat gehören … Gebäudebestandteile“.

Also beglich die Hausratversicherung nur die Hausrat-Schäden im engeren Sinne (und damit nur einen vergleichsweise geringen Teil des Gesamtschadens): den Austausch der Rückwände des Kleiderschranks zum Beispiel (in Höhe von 300,- Euro) sowie für den Ersatz des Schuhschrankes (in Höhe von 175,- Euro) sowie weitere Ausbesserungsarbeiten, die durch bewegliche Gegenstände im Raum verursacht wurden. Damit sah der Hausratversicherer die Sache als erledigt an.

Die Weigerung weiterer Zahlungen führte nun zunächst zur Klage der Versicherungsnehmer vor dem Amtsgericht Neunkirchen – per Antrag wurde die Klage an das Landgericht Saarbrücken weiterverwiesen. Und hier wurden die Forderungen durch die klagende Partei wesentlich ausgeweitet.

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Vor dem Landgericht wurden die Forderungen der Kläger ausgeweitet

Vor dem Landgericht wurden nun – zusätzlich zu den Kosten für die Ersatzwohnung – auch noch jene 2.742,75 Euro für die Gutachten gefordert. Hätte doch erst die Weigerung, die Unterkunftskosten zu übernehmen, die Gutachten nötig gemacht. Doch damit nicht genug: auch Kosten für Überziehungszinsen und damit verbundene Gebühren bei der Bank – zusätzlich 2.675,02 Euro – sollten nun durch die Versicherung übernommen werden, außerdem Reinigungskosten für Kleidung, Gardinen und Geschirr und diverse Eigenleistungen (Beschaffung von Tapeten). Alle Forderungen beliefen sich nun in der Summe auf 17.732,16 Euro.

Oberlandesgericht musste Urteil des Landesgerichts kassieren

Es erstaunt bei der Rechtslage, dass die Kläger vor dem Landgericht Saarbrücken zunächst zu großen Teilen Recht bekamen (Beschluss vom 5. März 2019/ Az. 20 C 261/18 (72)). Hierbei ging es nicht einmal um die Frage, ob die Schäden am Hausrat die Ersatzwohnung rechtfertigten. Sondern geurteilt wurde wesentlich zur Frage, wie die Klausel in den Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen zu verstehen sei.

Zur Erinnerung: Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind.

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Landgericht meinte: schon der Eintritt des versicherten Ereignisses reiche aus

Das Landgericht folgte in seinem Urteil der Ansicht der Kläger, dass schon der Eintritt des versicherten Risikos ausreiche, um die Kostenübernahme der Ersatzwohnung zu begründen: denn so würden nicht kenntnisreiche Versicherungsnehmer die Klausel verstehen. Das Urteil ist schon deswegen erstaunlich, weil es nach diesem Verständnis nicht darauf ankommt, ob das Ereignis auch zu einem von den Versicherungsbedingungen gedeckten Schaden führt. Die Gefahr wäre groß, dass Versicherer für viele Schäden leisten müssten, die sie über die Versicherungsbedingungen ausschließen wollten.

Aufgrund der Deutung der Klausel sprach das Landgericht den Klägern die Kosten für die Unterkunft zu, nicht aber die Kosten für die Gutachten. Die Reinigungskosten wurden zudem auf eine wesentlich mildere Pauschale gerundet: warum zum Beispiel Geschirr gereinigt werden muss, wenn nur Kleide- und Schuhschränke betroffen sind, leuchtete dem Gericht nicht ein. Auch für Zinsen und Gebühren der Kontoüberziehung wurde eine Einstandspflicht verneint – die Kläger konnten nicht beweisen, dass die Kosten nur durch die Ersatzwohnung zustande kamen. Die Kläger hatten demnach zwar nur einen Teilerfolg, aber bekamen immerhin einen hohen Kostenposten zugesprochen.

OLG urteilte in Zweitberufung – und berichtigte den Irrtum des Landgerichts

Trotz des Teilerfolgs gingen die Kläger in Berufung vor dem Oberlandesgericht, da sie viele ihrer Ansprüche nicht erfüllt sahen. Jedoch: auch der Hausratversicherer wollte sich das Urteil nicht gefallen lassen – und ging ebenfalls in Berufung. Und zwar zurecht, wie sich vor dem Oberlandesgericht zeigte: wesentliche Annahmen des Landgerichts waren rechtsirrig. Der Berufung des Hausratversicherers wurde stattgegeben. Die (Erst-)Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken hingegen wurde zurückgewiesen. In der Folge verloren die Kläger auch den Anspruch auf die Kosten der Hotelunterbringung.

Kosten müssen „aufgrund eines Versicherungsfalles“ notwendig geworden sein

Laut Oberlandesgericht besteht kein Zweifel darin, dass die Auslegung der Klausel auch für jene Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse eindeutig ist. Wird doch schon im Einleitungssatz deutlich herausgestellt: um erstattungsfähig zu sein, müssen die Kosten „infolge eines Versicherungsfalles notwendig“ geworden sein. Demnach reicht nicht der Eintritt des Ereignisses aus. Zumal schon eine Überschrift der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen deutlich herausstellte, dass „versicherte Sachen… durch Leitungswasser… zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen“.

Auch der Ausschluss der Gebäudeschäden ist deutlich formuliert

Demnach wird auch ein Versicherungsnehmer ohne Spezialkenntnisse annehmen: für nicht versicherte Sachen wird nicht geleistet. Hinzu kommt: Gebäudebestandteile sind eindeutig als „nicht versicherte Sache“ ausgeschlossen, was aus dem Wortlaut der Klausel eindeutig hervorgeht. Dem Versicherungsnehmer ist somit ein Verständnis zuzumuten, nach dem grundsätzlich nur der Hausrat der Wohnung versichert ist, Gebäudebestandteile aber eben nicht.

Folglich schließt das Oberlandesgericht: „Die vom Landgericht geteilte Ansicht der Kläger, wonach es genüge, dass ein versichertes Ereignis – hier: Leitungswasser – im Bereich der Wohnung aufgetreten sei, ohne dass ein Versicherungsfall am Hausrat auch die Entstehung dieser Kosten notwendig gemacht habe, findet in dem – eindeutigen – Wortlaut des hier verwendeten Bedingungswerkes keine Stütze.“ Die Hausratversicherung muss im vorliegenden Fall nicht für die Ersatzwohnung leisten.

Gutachterkosten: nur, wenn zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich

Auch für Gutachterkosten muss die Hausratversicherung nicht leisten: Diese werden nur ersetzt, wenn a) der Versicherer die Gutachten veranlasst hat oder wenn b) die Gutachten zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Beides aber ist nicht der Fall: Die dem Sachverständigen gestellten Fragen, ob die Wohnung infolge eines Versicherungsfalls bewohnbar war, können schon aufgrund der beschränkten Einstandpflicht einer Hausratversicherung nicht zu deren Lasten gehen. Zumal die Beantwortung, ob überhaupt ein Schadenfall für die Hausratversicherung vorliegt, keine besondere Sachkunde erforderte – die Versicherungsbedingungen sind hier ja eindeutig genug.

Hinzu kommt, dass ein wesentlicher Teil der Kosten für die Gutachten eben Gebäudebestandteile betraf (sachgemäße Verlegung von Mosaikfliesen etc.). Und Gebäudebestandteile sind eben nicht durch die Hausratversicherung gedeckt. Das Gerichtsurteil ist auf den Seiten des Bürgerservices des Saarlands verfügbar.

Fazit

Man wird in der Praxis häufiger Situationen vorfinden, in denen umfangreiche Gebäudeschäden eine Kostenübernahme für eine Ersatzwohnung durch die Wohngebäudeversicherung rechtfertigen. Die Hausratversicherung ist in diesen Fällen nicht in der Einstandspflicht – der Eintritt des versicherten Risikos (z.B. Leitungswasserschaden) reicht hierzu nicht aus.

Dennoch sind durchaus auch Situationen denkbar, in denen Hausratschäden so umfangreich sind, dass vorübergehend eine Ersatzwohnung durch den Versicherungsnehmer beansprucht wird: man denke zum Beispiel an umfangreiche Rauch- und Rußschäden durch ein versichertes Ereignis (Explosion etc.).

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Weil Leitungswasserschäden und ähnliche Schäden aber häufig sowohl Gebäude- als auch Hausratschäden verursachen, sollte mit den Bedingungswerken die Einstandspflicht sorgfältig geprüft werden. Ansonsten bleibt man schlimmstenfalls auf den Kosten sitzen – und dies umso mehr nach einem kostenintensiven Rechtsstreit.

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