Vor etwa zwei Wochen begann die Europäische Zentralbank damit, den Kapitalmarkt auf mögliche Leitzinssenkungen ab der zweiten Jahreshälfte vorzubereiten. Unter Investoren kommt vermehrt die Diskussion auf, wie sich das aktuelle Zinsniveau mittelfristig für die Geldanlage sichern lassen könnte. Eine häufig diskutierte Option ist dabei das Termingeld. Jedoch übersehen viele Anleger und Berater die Chancen, die ihnen der europäische Anleihemarkt bietet.

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Vladislav Krivenkov ist Portfoliomanager beim Hamburger Anleihen- und Derivatespezialisten nordIX AG.nordIX AG

Mehr Transparenz: das Rating – der „Schufa-Score“ der Börse

Der europäische „Investment Grade“-Anleihenmarkt kann mit einer Reihe von Eigenschaften glänzen, bei denen Festgeld-Angebote nicht mithalten können. Investment Grade-Anleihen sind an der Börse gehandelte Wertpapiere die Investoren regelmäßig einen vereinbarten Zins (Kupon) und am Ende der Laufzeit den Darlehensbetrag (Nennwert) zurückzahlen. Zudem werden die Schuldner dieser Wertpapiere, beispielsweise Unternehmen wie der Energieversorger EnBW oder die Deutsche Telekom, in regelmäßigen Abständen auf ihre Kreditwürdigkeit überprüft. Eine Krediteinschätzung erfolgt dabei durch in der Europäischen Union regulierte Rating Agenturen wie beispielsweise Moody's oder Standard & Poor’s. Die Rolle der Rating-Agenturen ist dabei vergleichbar mit der der Schufa. Damit ein Rating ein geringes Ausfallrisiko widerspiegelt, muss die Benotung bzw. das Rating zwischen den Klassen „AAA“ und „BBB-“ liegen. Diese Bewertungen signalisieren, dass die Wahrscheinlichkeit von Zahlungsverzögerungen oder sogar eines möglichen Zahlungsausfalls gering ist. Das macht Investment Grade Anleihen für konservative Investoren attraktiv. Im Gegensatz dazu verfügen viele der Festgeldanbieter auf bekannten Vergleichsseiten häufig (bewusst) über kein solches Rating.

Attraktive Renditen: für jede(n) das passende dabei

Investoren von Euro Investment Grade Anleihen können mitunter von höheren Renditen, Flexibilität und gleichzeitig von mehr Transparenz profitieren. Viele dieser Vorteile werden in der nachfolgenden Grafik ersichtlich, welche die jährlichen Renditen von über 200 (!) risikoarmen Euro-Investment-Grade-Anleihen mit den jeweils fünf besten Festgeldangeboten einer bekannten Vergleichsplattform gegenüberstellt. Zu sehen ist beispielsweise mit welchen Renditen Investoren bei als ausfallsicher geltenden deutschen Staatsanleihen rechnen können. Darüber hinaus zeigt sich am Beispiel des oldenburgischen Energieversorgers EWE AG, dass Investoren bei der Anleihe mit einer Restlaufzeit von vier Jahren eine Rendite und rund 3,7 Prozent jährlich vereinnahmen können. Investoren und Berater, die an einer Geldanlage mit einem Zeithorizont von größer als sechs Jahren interessiert sind, könnten beispielsweise in der Anleihe der deutschen Telekom AG mit Rückzahlung (Fälligkeit) in 2033 fündig werden. Diese bietet für eine Restlaufzeit von knapp neun Jahren eine annualisierte Rendite von rund 3,6 Prozent.

Auch in einem weiteren Aspekt zeigt sich die Attraktivität von Euro-Investment Grade-Anleihen: Sollten unerwartete Ereignisse eintreten und der angelegte Betrag wird gebraucht, so können Anleger die Anleihen ganz einfach an der Börse zum aktuellen Börsenkurs verkaufen. Dabei gilt in der Regel: je sicherer die Anleihe, desto geringer die Transaktionskosten (Bid-Ask Spread).

Bloomberg/nordIX AG, eigene Darstellung

Anleihefonds als Alternative

Die attraktiven Anleiherenditen kommen auch Anleihefonds zugute. Während in der Niedrigzinsphase diese Asset Klasse aus vielen Depots verbannt wurde, nimmt das Kundeninteresse an diesem Segment wieder spürbar zu. Auch deshalb, weil die laufende Verzinsung der Fonds mit drei bis fünf Prozent aktuell eine Performance verspricht, welche in der Vergangenheit als Rendite Erwartung für Mischfonds ausgegeben wurde. Auch die Risikostreuung macht ein Fondsinvestment gegenüber der Direktanlage attraktiv