Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet bekanntlich vor allem große Unternehmen, die in Deutschland tätig sind, sicherzustellen, dass ihre gesamten Lieferketten – von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt – bestimmte Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten. Dies umfasst die Verhinderung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung und Umweltzerstörung. Unternehmen müssen Risikoanalysen durchführen, Präventionsmaßnahmen ergreifen und über ihre Aktivitäten und Fortschritte berichten. Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeitern müssen seit Anfang 2023 die Verpflichtungen umsetzen, Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern sind dem Regime seit Anfang 2024 unterworfen.

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Rebekka De Conno, LL.M. (gewerblicher Rechtsschutz), Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der multidisziplinären Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz & Partner mbB mit Standorten in Mönchengladbach, Aachen und Nettetal am Niederrhein.

Unternehmen müssen ihre internen Prozesse anpassen

Eines der Hauptziele des Gesetzes ist es, die Transparenz innerhalb der Lieferketten zu erhöhen. Unternehmen sind verpflichtet, regelmäßig zu berichten und ihre Due-Diligence-Prozesse offenzulegen. Dies beinhaltet die Identifizierung von Risiken für Menschenrechtsverletzungen und die Einleitung von Maßnahmen zu deren Vermeidung oder Minderung. Das Gesetz sieht auch Mechanismen für die Überwachung und Durchsetzung der Vorschriften vor. Es ermöglicht Bußgelder für Unternehmen, die ihren Sorgfaltspflichten nicht nachkommen, und gibt betroffenen Personen und Gruppen die Möglichkeit, bei Verstößen rechtliche Schritte einzuleiten.

Die Implementierung des Gesetzes stellt jedoch für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Sie müssen ihre internen Prozesse anpassen, um die geforderten Standards einzuhalten und umfangreiche Due Diligence-Prüfungen durchzuführen. Dies erfordert oft erhebliche Investitionen in Zeit und Ressourcen. Zusammenfassend ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ein fortschrittliches und wegweisendes Gesetz, das darauf abzielt, die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte und Umweltstandards in ihren globalen Lieferketten zu stärken. Es markiert einen wichtigen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit und ethischer Verantwortung in der globalen Wirtschaft.

Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Nun ist auch ein europäisches Lieferkettengesetz (CSDDD) auf dem Weg. Die Richtlinie, die auch als europäisches Lieferkettengesetz bezeichnet wird, soll die Menschenrechtslage verbessern, Umweltbelange schützen und die internationalen Klimaschutzziele vorantreiben. Mit der CSDDD verfolgt die Europäische Union das ambitionierte Ziel, Unternehmen innerhalb ihres eigenen Geschäftsbereichs und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes zu verpflichten. Die CSDDD ist damit das europäische Pendant zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das seit dem 1. Januar 2023 gilt. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind davon rund 900 Unternehmen betroffen. Die neue EU-Richtlinie wird noch mehr Unternehmen betreffen und noch höhere Anforderungen stellen.

Von der CSDDD erfasst sein sollen laut Angaben des EU-Parlaments Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro. Die Pflichten sollen auch für Unternehmen ab 250 Beschäftigten mit einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro gelten, wenn mindestens 20 Millionen davon in bestimmten Risikosektoren verdient werden. Darunter fallen unter anderem Produktion und Großhandel von Textilien, Kleidung und Schuhen, Landwirtschaft und Fischerei, Lebensmittelherstellung, Gewinnung und Großhandel mit mineralischen Rohstoffen. Das berichtet das juristische Fachmedium Legal Tribune Online (LTO).

Verstöße gegen das Lieferkettengesetz mit Folgen für die Rendite

Die Bedeutung für den Finanz- und Versicherungssektor ist nicht gering zu schätzen. Auch wenn die meisten Unternehmen der Branche nicht selbst von den Pflichten betroffen sind, können sich die Vorgaben aus dem nun erweiterten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auf die Kapitalmarktfähigkeit von Unternehmen, in die Anleger investieren, auswirken. Denn Schwachpunkte im nachhaltigen Lieferkettenmanagement können negative Auswirkungen auf Investoren und ihre Renditen haben. Gerade bei außerbörslichen Finanz- und Finanzierungsinstrumenten wie Private Equity und Venture Capital, Private Debt und Mittelstandsanleihen sowie direkte Unternehmens- und Projektbeteiligungen spielt nachhaltiges Lieferkettenmanagement eine herausragende Rolle.

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So sieht beispielsweise § 24 LkSG bei Verstößen gegen die Vorgaben des LkSG verschiedene Bußgeldrahmen vor. Das höchstmögliche Bußgeld gegen natürliche Personen kann 800.000 Euro betragen. Gegenüber Unternehmen sind in bestimmten Fällen Bußgelder über 400 Millionen Euro bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes denkbar. Das kann für Unternehmen bei Verstößen zu schweren Einbußen sorgen. Durch klare Prinzipien im verpflichtenden und freiwilligen nachhaltigen Lieferkettenmanagement zeigen Unternehmen ihre Verantwortung und Nachhaltigkeitsorientierung, die sich auf die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit nach der bekannten Triple Bottom Line im Sinne von People, Planet und Profit bezieht.