Entnahmesparplan: Langlebigkeitsrisiko nicht abgedeckt
Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) warnt davor, in der Altersvorsorge das Langlebigkeitsrisiko zu unterschätzen. Speziell Entnahmepläne würden oft nur eine zeitlich begrenzte Auszahlung vorsehen, sodass das Risiko besteht, im Alter viele Jahre ohne extra Vorsorge überbrücken zu müssen. Auch die staatlich geförderte Altersvorsorge müsse auf die Sicherung des Langlebigkeitsrisikos abzielen.
Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat in einer digitalen Pressekonferenz davor gewarnt, das Langlebigkeitsrisiko in der privaten Altersvorsorge zu unterschätzen. So sei es eine häufige Annahme, dass der Absicherungsbedarf in der Rente mit zunehmendem Alter abnimmt. Doch dies könne ein riskanter Irrtum sein, da neben den Kosten für die Grundbedürfnisse die Ausgaben für Gesundheit, Pflege und altersgerechtes Wohnen oft steigen, je älter man wird.
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Die Aktuare betonen, dass der Bedarf an finanzieller Absicherung im Alter hoch bleibe, da die Sicherung grundlegender Bedürfnisse wie Wohnen, Essen, Gesundheit, Kommunikation und mehr unerlässlich sei. Zusätzlich dazu wollten viele Menschen auch weiterhin Aktivitäten wie Hobbys und Reisen genießen. Daher sei es entscheidend, finanzielle Strategien zu entwickeln, die sowohl die regelmäßigen Ausgaben als auch die zusätzlichen Bedürfnisse im Alter abdeckten.
„Entnahmesparpläne, die von manchen als Instrument der Absicherung genannt werden, bieten jedoch keinen ausreichenden Schutz. Sie werden bis zu einem bestimmten Alter, etwa 85 Jahre, berechnet und danach steht der Betroffene nackt da“, erläutert Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV).
Trend zu Altersvorsorge mit ETFs
Der Trend zu Entnahmesparplänen ergibt sich auch daraus, dass Verbraucherschützer zunehmend börsengehandelte Indexfonds bzw. ETFs als Altersvorsorge empfehlen. Diese gelten als vermeintlich kostengünstiger, da im Gegensatz zu provisionsbasierten Lebensversicherungen keine hohen Vertriebskosten anfallen. Entnahmepläne sind üblich, um sich das angesparte Kapital aus ETFs auszahlen zu lassen. Laut einer Studie des Anlegerportals extraETF hielten deutsche Privatanleger 2023 bereits knapp 6,8 Millionen ETF-Sparpläne.
Doch selbst die vermeintliche Kostenersparnis kann sich als Trugschluss entpuppen, da auch beim Kapitalaufbau mit ETFs Kosten anfallen können - die nicht immer transparent ausgewiesen werden. Kosten wie Depotgebühren, Transaktionsgebühren oder Wiederanlagegebühren sind ebenso möglich wie zum Beispiel Servicegebühren oder Kickbacks: Hier fließen Rückvergütungen an Banken und Vermittler dafür, dass sie in bestimmte Fonds investieren.
Dass Entnahmeplänen nicht die gesamte Restlebenszeit abdecken, nennt die DAV nun als weiteres Risiko. „Angesichts der Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Alter von über 85 oder gar 90 Jahren zu erreichen, glücklicherweise sehr hoch ist, endet ein solcher Plan in vielen Fällen zu früh oder deutlich zu früh. Man muss schlicht und ergreifend über das 85. Lebensjahr hinausdenken und seine gesamte potenzielle Lebenszeit absichern. Das gilt insbesondere für staatlich geförderte Altersvorsorge, deren Ziel es ja gerade ist, Altersarmut zu verhindern“, sagt Aktuar Happacher.
Staatlich geförderte Altersvorsorge sollte auf lebenslange Rente abzielen
Happacher argumentiert, dass eine lebenslange Rente, die den Vorsorgebedarf im Alter deckt und den Lebensstandard sichert, das Mittel der Wahl für staatlich geförderte private Altersvorsorge oder betriebliche Altersversorgung sei. Diese setze sich typischerweise aus einer garantierten lebenslangen Rente und möglichen zusätzlichen Renten aus Überschussbeteiligungen zusammen. Voraussetzung dafür sei und bleibe die Ausgestaltung im Kollektiv, also in Gemeinschaft mit anderen.
Ohne dies konkret anzusprechen, positioniert sich damit die DAV gegen einen Vorschlag der Fokusgruppe Private Altersvorsorge - eine Expertenkommission, die im Auftrag der Bundesregierung im Juli 2023 Vorschläge unterbreitet hat, wie die private Altersvorsorge reformiert werden kann. Demnach soll es zukünftig den Sparerinnen und Sparern unter anderem erlaubt sein, Verträge abzuschließen, die keine lebenslange Leistung vorsehen, sondern nur zeitlich begrenzte Zahlungen.
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Indirekt nimmt auf diesen Reformvorschlag ein Statement von Susanna Adelhardt Bezug, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung. „Individuelle Finanzplanungen sind zwar möglich, setzen jedoch Annahmen zur eigenen Lebensdauer und Kapitalanlage-Renditen voraus, die sehr spekulativ sind. Daher ist eine kollektive lebenslange Rente die einzig sichere Option“, positioniert sich die Mathematikerin.