Dort entschieden die Richter zunächst im Sinne des klagenden Uhrmachers und hoben das Urteil des Oberlandesgerichtes auf. Dabei hob der BGH auf das Prinzip der Beweiserleichterung nach dem Versicherungsvertragsgesetz ab. Ein Einbrecher sei demnach bemüht, bei seiner Tat wenig Spuren zurückzulassen und unbeobachtet zu bleiben. Deshalb sei es aber im Nachhinein auch oft nicht möglich, im Nachhinein den Tatverlauf konkret festzustellen bzw. zu rekonstruieren.

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„Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen“ führte der BGH aus. „Der Versicherungsnehmer genügt deshalb seiner Beweislast bereits dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen“, so die urteilenden Richter. Zu diesem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, gehöre, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen unauffindbar sind und Einbruchspuren vorhanden.

Warum das Versicherungsvertragsgesetz diese Beweiserleichterung vorsieht, scheint logisch: immer dann, wenn ein Versicherungsnehmer bzw. die Polizei einen Einbruchdiebstahl nicht ganz genau rekonstruieren kann, müsste der Geschädigte befürchten, dass der Versicherer nicht zahlt. Und das dürfte nach Diebstählen eher die Regel sein als die Ausnahme. Deshalb sieht das Versicherungsvertragsgesetz den „Beweis des äußeren Bildes“ vor: Der Versicherungsnehmer „muss lediglich den Sachverhalt beweisen, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines Versicherungsfalles erschließen lässt“, heißt es darin wie bereits zitiert (§ 3 VVG).

Keine Voraussetzung für die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Einbruch sei dagegen, „dass die festgestellten Spuren stimmig in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen“, hob der BGH zugleich hervor. Insbesondere müssten nicht sämtliche typischerweise auftretenden Spuren vorhanden sein. „Zweck der Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers, der in aller Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel für den Diebstahl beibringen kann, ist gerade, ihm die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Geschehen eines Diebstahls darbietet, auch wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann“, heißt es hierzu im Urteilstext.

Hier hob der BGH hervor, dass das Oberlandesgericht als Vorinstanz die Anforderungen an die Darlegung des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls überspannt habe und einen falschen Maßstab angelegt. Der BGH betonte, dass es gerade der Sinn der Beweiserleichterung sei, auch dann Versicherungsschutz zu gewähren, wenn nicht alle üblichen Spuren vorhanden sind, da Einbrecher oft versuchen, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen.

Der Nachweis, dass es sich doch um Versicherungsbetrug handeln könnte, obliegt nun dem Versicherer. Sobald der Versicherungsnehmer das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls bewiesen hat, muss die Versicherung ihrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht war. "Nur wenn ein Einbruch auf dem Wege, wie er nach dem äußeren Spurenbild vorzuliegen scheint, aus anderen Gründen völlig auszuschließen ist, kann es trotz Vorhandenseins an sich genügender Spuren am Nachweis der erforderlichen Mindesttatsachen fehlen", heißt es im Urteilstext.

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Der BGH wies daher die Sache an das Berufungsgericht zurück. "Der Umstand, dass das Fehlen weiterer Spuren an der Tür bei einem erfolgten Einbruch unwahrscheinlich sein mag, kann allerdings für die Frage der Vortäuschung des Versicherungsfalles bedeutsam werden. Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet und deshalb nicht geprüft, ob das Fehlen weiterer Spuren für sich allein oder im Zusammenhang mit anderen Indizien, für die insoweit die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig wäre“, hob das Gericht hervor.

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