Wie sieht die aktuelle Situation der privaten Krankenversicherung aus - und welche Entwicklungen sind im laufenden Geschäftsjahr zu erwarten? Das Kölner Analysehaus Assekurata liefert mit seiner Studie „Marktausblick Private Krankenversicherung“ sehr detaillierte und präzise Analysen zu diesen Fragen. Im jüngsten Marktausblick wissen die Analysten durchaus Positives zu berichten, sehen aber auch Schatten.

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„Das gute Stimmungsbild auf Seiten der Versicherer konnte 2023 durch gute Wachstumszahlen bestätigt werden“, fasst Alexander Kraus, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata und Autor der Untersuchung, die Ergebnisse zusammen. „Trotz des herausfordernden Marktumfelds konnte die Branche sowohl in der Zusatzversicherung als auch erstmals wieder in der Vollversicherung ein positives Wachstum verzeichnen. Die stark gestiegenen Leistungsausgaben trüben das Bild jedoch“, so Kraus weiter.

Leistungsausgaben stiegen um mehr als neun Prozent

Konkret stiegen die Leistungsausgaben 2023 um mehr als neun Prozent an, während die Beiträge durchschnittlich angepasst worden seien. Das habe die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote von 12,9 Prozent auf 8,9 Prozent sinken lassen. Diese gibt -stark vereinfachend- an, wie viel von den Jahresbeitragseinnahmen nach Abzug der Aufwendungen für Schäden und Kosten übrig bleibt. Zeitgleich konnten die Versicherer aber auch wieder bessere Ergebnisse in der Kapitalanlage erzielen. Deshalb konnte die Branche ihre Rohergebnisquote stabil bei 9,9 Prozent halten: Diese zeigt den gesamten Überschuss der Versicherer vor Abzug von Steuern und Rückstellungen unter Einrechnung der Kapitalerträge.

„Die Versicherer schaffen es, das hohe Zinsniveau langsam für sich zu nutzen. Das wirkt sich auch positiv auf die laufende Durchschnittverzinsung aus, die 2022 wohl ihren Tiefpunkt erreicht hat und sich jetzt perspektivisch wieder nach oben entwickelt“, erläutert Assekurata-Bereichsleiter Abdulkadir Çebi. Nach dem Tief im Jahr 2022 bei 2,6 Prozent, lag die laufende Durchschnittverzinsung 2023 branchenweit wieder bei 2,75 Prozent. Gleichzeitig stieg die Nettoverzinsung von 2,3 Prozent auf 2,7 Prozent.

Vermehrter Zugriff auf Reserven

Gleichzeitig zeigt die Studie, dass die Versicherer vermehrt auf ihr Tafelsilber zurückgreifen müssen, um Beitragssprünge auszugleichen: die Reserven aus den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (RfB). Die RfB-Zuführungsquote sank im Jahr 2023 branchenweit von 9,1 Prozent auf 8,1 Prozent. Gleichzeitig stieg die RfB-Entnahmequote von 6,5 Prozent auf rund 8,6 Prozent, wodurch die RfB-Quote von 36,6 Prozent auf 33,5 Prozent fiel.

Die Versicherer schmelzen folglich tendenziell ihre Reserven ab, wobei Abdulkadir Cebi darauf hinweist, dass es zwischen den einzelnen Anbietern große Unterschiede gebe: zwischen Versicherern, die hohe und niedrige Reserven haben. Wer weniger gut ausgestattet ist, könne Beitragserhöhungen nur im geringen Maße limitieren. Auch brauche Zeit, die Reserve wieder aufzufüllen. Letztere Versicherer würden der Branche einen Bärendienst erweisen, wenn sie infolge fehlender Reserven mit zweistelligen Beitragserhöhungen in bestimmten Tarifen reagieren müssten: schlechte Presse und Debatten über die Einführung einer Bürgerversicherung sind oft die Folge.

Positiver Trend: aber auch eine Trendwende?

Trotz der höheren Entnahmequote müssen die Versicherten erneut leicht steigende Beitragsanpassungen hinnehmen. Nach den moderaten Beitragsanpassungen in den beiden Vorjahren ermittelten die Assekurata-Analysten für die Anpassungsrunde 2024 durchschnittliche Erhöhungen von rund 4,9 Prozent in der Vollversicherung ohne Beihilfe und rund 4,5 Prozent in der Beihilfe. "Das hohe Leistungsniveau könnte sich nachhaltig festsetzen und zukünftig zu weiteren höheren Beitragsanpassungen in beiden Bereichen führen“, gibt Çebi in diesem Zusammenhang zu bedenken.

Bereits im sechsten Jahr in Folge hat die Branche mehr Neuzugänge aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Abgänge verzeichnet. Zum ersten Mal seit elf Jahren gab es zudem ein leichtes Wachstum anstatt eines Nettoverlustes. Dennoch haben die Unternehmen weiterhin mit alternden Beständen und den damit verbundenen natürlichen Abgängen zu kämpfen.

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„Die PKV scheint trotzdem wieder attraktiver geworden zu sein. Die Versicherer haben Problemfelder im Bereich der Vollversicherung erkannt und versuchen nun, unter anderem mit neuen leistungsstarken Tarifen, die Zielgruppen der freiwillig Versicherten und Familien weiter für sich zu gewinnen. Auch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze dürfte hierbei eine Rolle gespielt haben“, erklärt Alexander Kraus. „Es ist jedoch noch zu früh, um von einer Trendumkehr zu sprechen. Dafür müsste sich das positive Wachstum erst einmal in den kommenden Jahren festsetzen.“