Welche privaten Krankenversicherer einen "Top-Service" bieten - und welche nicht
Das Schwalbacher Analysehaus Fralytics hat den Service von privaten Krankenversicherern mit einem Mystery Shopping untersucht. Von den 32 getesteten Versicherern konnten acht Anbieter ein Top-Ergebnis erzielen, doch fünf Versicherer wurden nur mit „unzureichend“ bewertet, weitere zehn Anbieter antworteten innerhalb einer Woche auf die Mailanfragen gar nicht. Im Schnitt müssen sich Kundinnen und Kunden 45 Stunden und 24 Minuten gedulden, bis sie eine Antwort ihres Versicherers erhalten.
- Welche privaten Krankenversicherer einen "Top-Service" bieten - und welche nicht
- Die Versicherer mit Top-Service
Das Schwalbacher Analysehaus Fralytics hat den Service von privaten Krankenversicherern untersucht. Dazu bedient es sich des Mystery Shoppings: Die Versicherer werden von einem vermeintlichen Kunden oder einer Kundin per E-Mail angeschrieben, der oder die Interesse am Abschluss eines Versicherungsvertrages bekundet. Bewertet wird, ob die Versicherer überhaupt auf die Anfragen reagieren (Antwortrate), wie schnell eine Reaktion erfolgt und wie die inhaltliche Qualität der Beratung bzw. der Serviceleistung ist. Insgesamt 32 Versicherer wurden auf diese Art getestet.
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Dabei ist zu beachten, dass mit den Anschreiben, die Interesse an einem Vertragsabschluss bekunden, nur ein Teilaspekt des Service privater Krankenversicherer unter die Lupe genommen wird. Ebenso wichtig ist die Frage, wie sich die Versicherer im Leistungsfall verhalten: Ob sie eingereichte Arztrechnungen schnell und reibungslos erstatten, ob Ansprechpartner für Gesundheits- und Leistungsfragen zur Verfügung stehen und ob sie ihren Versicherten einen guten Mix aus digitalen und persönlichen Services bieten.
Ein guter Service für potenzielle Neukundinnen und -kunden ist aber zum einen wichtig, weil die Verträge oft komplex und voller Fachjargon sind und umfangreiche Gesundheitsfragen beantwortet werden müssen. Zum anderen ist es eine erste Visitenkarte des Versicherers. Wer bereits bei den ersten Anfragen enttäuscht, nebulöse und wenig aussagekräftige Standardantworten gibt oder gar nicht antwortet, muss damit rechnen, dass sich die Interessentinnen und Interessenten schnell nach einem anderen Versicherer umsehen. Aus Sicht des Kunden bzw. der Kundin ist es natürlich ebenso entscheidend, dass der vereinbarte Tarif ein gutes und umfassendes Leistungsangebot bietet.
Durchschnittlich 45 Stunden und 24 Minuten Antwortzeit
Insgesamt wurden in der FraLytics-Studie 32 Versicherer angeschrieben. Ein zentrales Ergebnis war die durchschnittliche Wartezeit bei schriftlichen Anfragen, die 45 Stunden und 24 Minuten betrug. Dabei zeigt sich aber eine große Spannbreite. Der digitale Versicherer Ottonova hält laut Studie sein Versprechen, schneller als etablierte Versicherer zu sein, und antwortete bereits nach 42 Minuten. Anders hingegen die Gothaer, bei der sich Kundinnen und Kunden durchschnittlich eine ganze Woche bzw. 168 Stunden gedulden mussten, bis Antwort eintraf. Auch bei der VRK, Versicherer im Raum der Kirchen, dauerte es mit 165 Stunden und 14 Minuten sehr lange, bis eine Antwort erfolgte. Und die Signal Iduna, ein Schwergewicht der Branche, antwortete erst nach 142 Stunden und 28 Minuten. Weitere zehn Versicherer schafften es nicht, überhaupt eine Antwort zu senden.
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Die Antwortquote der Branche lag innerhalb von 7 Tagen (168 Stunden) bei 69 Prozent, trotz der Tatsache, dass 72 Prozent der Anbieter eine Eingangsbestätigung für schriftliche Anfragen eingerichtet haben. „Diese Zahlen zeigen deutliche Defizite im Kundenservice, die dringend behoben werden sollten“, kommentiert FraLytics das Ergebnis.
Die Versicherer mit Top-Service
Wie wurde getestet? Die Testanfragen laufen mehrstufig und jeweils über sieben Tage. Für die Ergebnisse wird der Durchschnitt berechnet. Maximal wurden innerhalb der Studie 100 Punkte vergeben. Der Teil „Schnelligkeit“ wurde hierbei mit maximal 20 Punkten bewertet:
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- Keine Reaktion: 0 Punkte
- Reaktion < 6 Stunden: 20 Punkte
- Reaktion < 24 Stunden: 15 Punkte
- Reaktion < 48 Stunden: 10 Punkte
- Reaktion > 48 Stunden: 3 Punkte
Die verbleibenden maximal 80 Punkte wurden dann für die Servicequalität vergeben:
- Gab es eine Eingangsbestätigung: 8 Punkte
- Waren die Antworten serviceorientiert? (Korrekte Ansprache, Ansprechpartner vorhanden): 12 Punkte
- Weiterführende Links oder Informationsanhänge: 24 Punkte
- Wurden alle Fragen direkt und ausführlich beantwortet: 36 Punkte
Top-Performer: Das sind die Testsieger
Um den Service & Beratungs-Score „Top Performer“ zugesprochen zu bekommen, mussten die Versicherer eine Reaktionszeit von weniger als 48 Stunden aufweisen und eine Gesamtqualität von mindestens 75 Punkten. Die Nürnberger Kranken war hierbei der einzige Versicherer, der die volle Punktzahl von 100 Punkten erzielen konnte - und führt somit das Feld der Versicherer an. Dahinter platzieren sich auf dem Podium die Süddeutsche Krankenversicherung (SDK) mit 95 Punkten und Ottonova mit 92 Punkten. Ebenfalls mit "Top" bewertet wurde der Service der VGH, Axa, ARAG, HUK-Coburg und Concordia.
Das Mittelfeld: Service Score „mittel“
Um im Mittelfeld der getesteten Krankenversicherer zu landen, mussten die Versicherer mehr als 45 Leistungspunkte erreichen. Hier platziert sich auch die Gothaer trotz ihrer langen Antwortzeit, mit der sie es gerade so in die Wertung schafft, auf Rang 13 und 59 Leistungspunkten. Andere bekannte Namen sind zum Beispiel die Generali Deutschland Krankenversicherung, die mit 72 Punkten nur knapp an einer Top-Bewertung scheitert und die neuntbeste Bewertung erzielt. Auch die Hallesche, R+V und Württembergische platzieren sich im vorderen Drittel des Mittelfelds.
Die Versicherer mit der Bewertung „ungenügend“
Und doch bleiben auch in der aktuellen Studie wieder 15 Versicherer und damit fast jeder zweite Getestete, die entweder - oft auch wegen der langen Reaktionszeit oder dem Ausbleiben einer Antwort trotz Eingangsbestätigung - mit unzureichend bewertet werden mussten oder gar nicht geantwortet haben. Gerade letzteres ist erstaunlich: Wurde doch beim Mystery Shopping der Eindruck erweckt, ein Neukunde oder eine Neukundin wolle einen Vertrag abschließen. Im hart umkämpften Feld der privaten Krankenversicherer, in dem Vertrauen eminent wichtig ist, bedeutet das einen klaren Wettbewerbsnachteil.
Auffallend ist, dass sich im Feld der Versicherer, für die es nur für ein „ungenügend“ reichte, einige Branchengrößen zu finden sind. So werden hier namhafte Versicherer wie Münchener Verein, Signal Iduna, Debeka und Allianz genannt.
Keine Reaktion auf Anfragen innerhalb von sieben Tagen zeigten die Barmenia, Continentale, DBV, DKV, HanseMerkur, INTER, Landeskrankenhilfe, Mecklenburgische, UKV und Versicherungskammer Bayern.
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