Der Bund Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) ist einer der führenden Interessenvertreter der Maklerbranche. Und er startet nun eine Brancheninitiative, die man aus dieser Richtung nicht unbedingt erwartet hätte. Bisher haben sich die Maklerverbände in der Regel gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung und damit verbundene Markteingriffe ausgesprochen. Doch nun fordert der Maklerverband genau das: einen gesetzlichen Deckel für Abschlussprovisionen.

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Thomas Billerbeck, Präsident des BDVM, sprach sich beim Versicherungsmakler-Fachtag des Verbandes am 4. Juni 2024 dafür aus, einen solchen Deckel einzuführen, wie der BDVM in einer Pressemitteilung erklärte. Der Verband möchte jedoch nicht, dass Versicherungsmakler weniger Courtage erhalten. Stattdessen sollen sie mehr laufende Vergütungen bekommen. Der Verband betont, dass die Makler diesen Vorschlag unterstützen. Bei einer Umfrage unter den Mitgliedern stimmte eine knappe Mehrheit von 54,4 % der 160 Teilnehmer dafür, die Abschlussvergütung auf 25 Promille zu begrenzen und gleichzeitig die laufenden Vergütungen zu erhöhen.

Der Verband begründet das teilweise mit dem schlechten Ruf der Branche. Und verweist indirekt darauf, dass sich die Vermittler auch in einer Art Abwehrhaltung befinden. „Die teils fehlanreizenden Vergütungsformen führen zu einer ideologischen Debatte um ein Provisionsverbot. Dabei ist die Branche selbst schuld“, sagt Billerbeck. „Nur eine Kehrwende in dieser Frage ermöglicht es, dass man das Heft des Handelns erneut in die Hand bekommt“. Auch angesichts der europäischen Diskussion im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie und der BaFinKritik sei es notwendig, dass die Vermittlerverbände eine proaktiv gestaltende Rolle einnehmen.

EU-Provisionsverbot gerade so abgewendet

Tatsächlich konnte ein EU-weites Provisionsverbot bei kapitalbildenden Anlageprodukten im letzten Jahr nur mit letzter Not abgewendet werden. Die EU-Kommission mit ihrer Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness trieb ein solches Verbot voran, es sollte im Rahmen der neuen Kleinanlegerschutzstrategie kommen. Anlass waren die teils hohen Abschlusskosten bei kapitalbildenden Altersvorsorge-Produkten, die sich aus Sicht der Irin nachteilig für Verbraucher auswirken: trotz mehrerer bereits zuvor erfolgter Eingriffe. Die seit 2018 geltende Finanzmarktrichtlinie MiFID II habe „entgegen der mit ihr verfolgten Absichten“ nicht zu mehr unabhängiger und provisionsfreier Beratung geführt, schieb McGuinness Anfang des letzten Jahres enttäuscht an den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber.

Kritik an den hohen Abschlussprovisionen kommt auch von der deutschen Versicherungsaufsicht. Denn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) musste ebenfalls feststellen, dass bereits erfolgte Markteingriffe nicht die gewünschte Wirkung haben. Mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) von 2015 wurde der sogenannte Höchstzillmersatz für kapitalbildende Leben-Policen von 40 Promille auf 25 Promille gesenkt: Die Versicherer dürfen seitdem weniger Teile der Provision steuerlich geltend machen. Von dieser Reform erhoffte sich der Gesetzgeber, dass die Versicherer von sich aus die Abschlussprovisionen senken. Denn die Anbieter von Leben-Policen haben nun höhere Kosten, wenn sie hohe Abschlussprovisionen zahlen.

Doch obwohl die Lebensversicherer mit dem LVRG einen finanziellen Anreiz hatten, die Abschlussprovision zu senken, taten sie dies nicht. Im Gegenteil: Auch nach Einführung des Gesetzes stiegen die Provisionen weiter, wie eine Marktuntersuchung der BaFin im Jahr 2019 zeigte. Der durchschnittliche Provisionssatz (bzw. Anteil der Beitragssumme), den Sparer für den Vertragsabschluss zahlen, stieg demnach leicht von 3,77 Prozent des Beitrages in 2017 auf 3,82 Prozent in 2018. Im Gegenzug sank zugleich die aufgeschobene Provision, die Versicherer dafür erhalten, dass der Kunde bzw. die Kundin im Vertrag bleibt. Einzelne Versicherer kehrten sogar mehr als sieben Prozent der Beitragssumme allein als Abschlussvergütung aus.

Solche Ergebnisse der deutschen Finanzaufsicht trugen dazu bei, dass die EU-Kommission sich für ein weitreichendes Provisionsverbot bei Versicherungsanlageprodukten aussprach - und ein entsprechendes Gesetz vorantreiben wollte. Ausgerechnet auf Bitte von Vermittler-Lobbyverbänden hat daraufhin Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) persönlich bei der EU-Kommission interveniert, um ein solches Verbot abzuwenden, so berichteten abgeordnetenwatch.de und der SPIEGEL anhand gemeinsamer Recherchen.

Kurz nach dem Weihnachtsfest 2023 habe Lindner demnach einen Brief an EU-Kommissarin McGuinness geschrieben, in dem es geheißen habe, er sei „tief besorgt“ über das geplante Provisionsverbot, zitiert Abgeordnetenwatch aus dem Schreiben. Provisionen würden Kleinanlegern einen „schnellen Zugang“ zu Finanzprodukten erlauben, argumentierte Lindner laut den Berichten: ohne das Risiko, dafür viel bezahlen zu müssen.

Umdenken in der Maklerbranche?

Der Vorstoß des BDVM könnte nun ein Umdenken in der Branche zeigen, das sich in den letzten Jahren vollzogen hat. Bisher ließ die Option eines Provisionsdeckels bei den Vermittlerverbänden die Alarmglocken läuten - Sie prognostizierten mehrfach einen Wegfall großer Teile der Einnahmen und darauf folgend ein Vermittlersterben, sollte ein solcher Deckel kommen. Das alles in einer Branche, die ohnehin unter Nachwuchsmangel leidet und ein Durchschnittsalter weit jenseits der 50 aufweist.

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Doch die Realität vieler Makler bildet das schon länger nicht mehr ab. Viele Versicherungsmakler sind dazu übergegangen, ihre Vergütung mittels Servicevereinbarungen und anderer alternativer Vergütungsmodelle zu erhöhen: oder sie fahren doppelgleisig und beraten auch gegen Honorar. Ohnehin liegt bei vielen Maklern der Schwerpunkt auf der Bestandspflege, die darauf zielt, den eigenen Kundenstamm gut und umfassend zu betreuen. Nun will der BDVM auch bei anderen Maklerverbänden für seinen Vorstoß werben. Der Verband stellt aber auch deutlich klar: "Die Courtage bleibt die Leitvergütung des Versicherungsmaklers".