Krankenkassen: Ausgaben für Arzneimittel explodieren im ersten Quartal
Die gesetzlichen Krankenversicherer haben im ersten Quartal 2024 deutlich mehr Geld für Arzneimittel ausgegeben als im Quartal des Vorjahres. Um 9,3 Prozent legten demnach die Ausgaben für Arzneien zu. Das berichtet der Statistikdienstleister IQVIA anhand einer aktuellen Auswertung.
Die gesetzlichen Krankenversicherer haben in den ersten drei Monaten 2024 deutlich mehr Geld für Arzneimittel ausgegeben als im Vorjahresquartal. Die GKV-Arzneimittelausgaben beliefen sich demnach auf 13,8 Milliarden Euro, was ein Plus von 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Dies berichten die Datenexperten von IQVIA in einer aktuellen Analyse zum Arzneimittelmarkt. Insgesamt wurden demnach 188,35 Millionen Packungen ausgegeben, womit die Zahl der verschriebenen Medikamente rund einen Prozent über dem Vorjahreswert lag.
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Im Vorjahr waren die Ausgaben für Medizin noch moderat gestiegen. Insgesamt lagen die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel im Jahr 2023 bei rund 48,9 Milliarden Euro (ohne Impfstoffe), was einen Zuwachs von 3,1 Prozent bedeutet, so geht aus Berechnungen des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) hervor. Damit lag der Zuwachs deutlich unter der allgemeinen Inflationsrate von 5,9 Prozent. Ein Grund für den moderaten Anstieg war auch, dass die Ampel-Koalition mehrere Sparinstrumente durchsetzte, um die Finanzlage im GKV-System zu verbessern. Unter anderem wurde der sogenannte Kassenabschlag von 1,77 Euro auf zwei Euro erhöht: Dieser Abschlag reduziert die Erstattungssumme, die die Krankenkassen an die Apotheken zahlen.
Weitere Einsparungen ergeben sich aus sogenannten Herstellerzwangsabschlägen und Rabatten aus Erstattungsbeträgen. Stark vereinfachend kann der Gesetzgeber die pharmazeutischen Hersteller zwingen, Abschläge zu gewähren, wenn sie bestimmte Medikamente an die Apotheken geben: Die gesetzliche Grundlage hierfür ist unter anderem das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (§ 130a SGB V). Zum 1. Januar 2023 hatte die Bundesregierung den Herstellerabschlag für erstattungsfähige Arzneimittel bis zum 31. Dezember 2023 von sieben auf zwölf Prozent angehoben. Soweit Rabattverträge mit einzelnen Krankenkassen oder Erstattungsbetragsvereinbarungen mit dem GKV-Spitzenverband geschlossen werden, kann der Herstellerabschlag mit diesen Sondervereinbarungen abgelöst werden.
Aber die Einsparungen durch Zwangsabschläge und Rabatte sind im ersten Quartal 2024 zurückgegangen: Die gesetzlichen Krankenversicherer sparten folglich weniger ein. Gegenüber dem Vorjahr lagen diese Einsparungen bei 2,298 Milliarden Euro (-3 %). Im Krankenhaus sanken die Herstellerzwangsabschläge und Rabatte um 36 Prozent auf 68 Millionen Euro.
Gründe für die steigenden Ausgaben sind unter anderem die Alterung der Gesellschaft, die statistisch zu einem erhöhten Krankheitsrisiko und damit auch Arzneimittelbedarf führt, sowie der medizinische Fortschritt und die Verschreibung neuer Wirkstoffe.
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Glaubt man dem Dachverband der Betriebskrankenkassen, könnten die Ausgaben für Arzneimittel künftig noch stärker steigen. Gesetzliche Reformen im Zuge des Medizinforschungsgesetzes sehen vor, dass es Pharmafirmen zukünftig erlaubt ist, die Preise für neue Medikamente geheim zu verhandeln. Nicht nur die gesetzlichen Anbieter, sondern auch der PKV-Dachverband befürchten, dass die Pharmaanbieter dann deutlich mehr abrechnen als die üblichen Listenpreise für Medikamente. Bereits im ersten Jahr erwartet die BKK dadurch Mehrkosten von 2,8 Milliarden Euro, in zehn Jahren bereits 21,3 Milliarden Euro. Hier war es unter anderem die FDP, die auf Liberalisierungen drängte.