Rentenpolitik "auf Kosten der Beitragszahlenden"
Alexander Gunkel, Bundesvorstand der Deutschen Rentenversicherung, hält die geplante Rentenreform der Bundesreform („Rentenpaket II“) grundsätzlich für umsetzbar. Dennoch deutet er auf der Bundesvertreterversammlung der Rentenversicherung an, dass die Beitragszahler die Verlierer der Reform sein könnten.
Die Deutsche Rentenversicherung ist nach Ansicht von ihrem Bundesvorstandsvorsitzenden Alexander Gunkel finanziell gut aufgestellt. Nach dem Rechnungsergebnis für die allgemeine Rentenversicherung ergebe sich für das Jahr 2023 ein Überschuss von rund 1,5 Milliarden Euro, sagte Gunkel auf der Bundesvertreterversammlung in München. Die Nachhaltigkeitsrücklage sei bis Ende 2023 auf 45 Milliarden Euro gestiegen. Das entspreche 1,70 Monatsausgaben.
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Weil sich der Arbeitsmarkt im laufenden Jahr robust zeige, rechne die Rentenversicherung mit steigenden Beitragseinnahmen. „An der aktuellen Entwicklung der Einnahmen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung bis Mai ist der Effekt bereits erkennbar: Die Pflichtbeiträge aus Erwerbstätigkeit sind in den Monaten Januar bis Mai 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,5 Prozent gestiegen“, so Gunkel. Trotzdem erwarte die Deutsche Rentenversicherung im laufenden Jahr ein leichtes Defizit. Das bedeute, dass die Nachhaltigkeitsrücklage bis zum Jahresende voraussichtlich auf rund 1,6 Monatsausgaben leicht zurückgehen werde. „Die Rücklage ist damit weiterhin gut gefüllt und der Beitragssatz kann auch im kommenden Jahr stabil bleiben“, schlussfolgert der Funktionär.
Rentenpaket II: Der Rentenbeitrag muss steigen
Dass die finanzielle Ausstattung der Rentenversicherung dann doch nicht so rosig ist, machten weitere Ausführungen von Gunkel deutlich. Die Bundesregierung plant im Rahmen des Rentenpakets II, das Rentenniveau bis mindestens 2039 bei 48 Prozent zu halten. Das bedeutet, dass die Standardrente nach 45 Beitragsjahren als Durchschnittsverdiener (45 Entgeltpunkte) 48 Prozent des verfügbaren Durchschnittsentgelts betragen soll.
Bisher sind jedoch keine Maßnahmen vorgesehen, um die Ausgaben der Rentenversicherung zu senken. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Generationenkapital. Dies ist ein Kapitalstock, der mit vom Bund geliehenem Geld angespart wird. Die Erträge sollen ab Mitte der 30er Jahre dazu verwendet werden, den Rentenbeitrag zu stabilisieren.
Anhand einer Folie stellte der Renten-Chef gegenüber, wie sich das Rentenniveau und der Rentenbeitrag ohne das Rentenpaket II entwickeln würden - und wie mit. In den ersten Jahren macht das noch keinen großen Unterschied. Nach Stand der Frühjahrsschätzung würde der Beitragssatz bis 2027 stabil bei 18,6 Prozent liegen und das Rentenniveau bei rund 48 Prozent: unabhängig davon, ob das Rentenpaket II umgesetzt wird oder nicht. Die Nachhaltigkeitsrücklage wird bis dahin aber weitestgehend abgeschmolzen.
Aber dann gehen die Beitragssätze auseinander. Und es wird deutlich, dass die aktuelle Reform der Bundesregierung einen höheren Rentenbeitrag bewirkt. Ohne Rentenpaket II müsste der Beitragssatz bis 2028 auf 19,3 Prozent steigen, doch mit der Gesetzreform klettert er sogar auf 19,6 Prozent. “Bis zum Jahr 2035 steigt der Beitragssatz weiter auf 22,1 Prozent und läge damit rund einen Prozentpunkt höher als ohne das Paket", führt Gunkel aus. Allerdings würde das Rentenniveau ohne das Rentenpaket II ab 2027 auch dauerhaft unter 48 Prozent sinken und im Jahr 2039 nur noch bei 45,1 Prozent liegen.
So fällt das Fazit von Gunkel durchwachsen aus. „Als tragende Säule der Alterssicherung soll die gesetzliche Rentenversicherung mit dem Rentenpaket II langfristig im Hinblick auf das Rentenniveau stabil und finanzierbar bleiben.“ Das sei zwar grundsätzlich zu realisieren. Trotzdem übt der Jurist auch Kritik. Denn während das Rentenniveau bis 2039 stabil bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben werden soll, ist eine solche Haltelinie für den Rentenbeitrag nicht vorgesehen: Der Rentenbeitrag könnte rein theoretisch unbegrenzt steigen. „Diese geänderte sozialpolitische Zielsetzung begünstigt die Rentenbeziehenden auf Kosten der Beitragszahlenden“, warnt Gunkel.
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Doch genau dieser höhere Rentenbeitrag ist ein Grund, warum das Rentenpaket II auch zwischen den Regierungsparteien für Zwist sorgt. Laut Medienberichten von Dienstag könnte sich die für Anfang Juli geplante Verabschiedung des Rentenpakets um mehrere Monate verzögern. Demnach wollen zahlreiche FDP-Abgeordnete im Bundestag dem Gesetzespaket nicht zustimmen, wenn das Rentenpaket II zu höheren Rentenbeiträgen führen sollte.