Bereits im Jahr 2023 mehrten sich die Hinweise, dass es Unternehmen gibt, die mit viel Marketing versuchen, sich als grüne Transformatoren zu präsentieren. Die Wirtschaftswoche berichtete über die Ergebnisse einer Investorenstudie, die zu dem Ergebnis kam: „Wirklich ernst meint es nur eine Handvoll Firmen“. Der Bericht kam zu dem Schluss:

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Von den 100 Konzernen hat nur ein einziger seine Strategie so ausgerichtet, dass damit das zwischen den Staatschefs der Welt vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken, erreicht werden könnte.

So ist es auch kein Wunder, dass immer mehr Kritik an diesen Praktiken und Marketingkonzepten laut wird, die als Greenwashing zusammengefasst werden. So manche Unternehmen versuchen sich mit Rhetorik, Öffentlichkeitsarbeit und teilweise auch Manipulation eine positive Wahrnehmung zu verschaffen und hängen sich ein klimafreundliches Mäntelchen um.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Beispielhaft sei auf die Praktiken des Shell-Konzerns verwiesen, die in den Medien diskutiert werden. Die Kunden zahlen an der Tankstelle einen Aufpreis, der zur Reduktion von „Scope 3-Emissionen“ verwendet wird. Eine ehemalige Shell-Sicherheitsberaterin bezeichnet das Unternehmen als „Jedi-Meister im Greenwashing“, kann man bei infosperber.ch nachlesen. Als Methoden werden aufgeführt:

  • Rede deine Beteiligung (an Klimaemissionen) klein
  • Betone deine Verantwortung und dein Engagement
  • Wähle ein Ziel, was weit in der Zukunft liegt
  • Verwende möglichst viele Zahlen und Begriffe
  • Definiere deine eigenen (möglichst komplizierten) Massstäbe
  • Zeige Demut und gehe still gegen Regulierung vor und
  • Wälze Kosten auf die Kundschaft ab

Ähnliche Methoden haben Sie vielleicht auch bei Online-Händlern oder im Supermarkt bemerkt. Kaufe mehrere Produkte und der Erzeuger spendet einen Baum. Damit sind wir auch schon bei der Versicherungsbranche. Mehrere Versicherer werben damit, dass beim Abschluss einer Versicherung ein Baum gepflanzt wird. Das klingt gut, ist aber hier zu hinterfragen.

Pro Versicherung ein neuer Baum?

Beginnen wir bei den Kosten. Ein neuer Baum in einer deutschen Stadt kann zwischen 1.200 bis 1.500 Euro inklusive der Arbeitskosten liegen. Je größer der Stammumfang und die Größe sowie die Baumsorte ist, um so höher können die Kosten sein. Natürlich geht es auch preiswerter, wenn man sich auf Baumsetzlinge orientiert. Der Setzling für eine zirka fünfzig Zentimeter große Rotbuche liegt etwa – je nach abgekaufter Menge – bei zirka zwei bis drei Euro.

Ausgehend von dieser Kostenbetrachtung wird deutlich, dass das Versprechen „für jede Versicherung ein Baum“ schon transparenter dargestellt werden muss. Für eine Privathaftpflichtversicherung (PHV) mit zirka 60 Euro Jahresbeitrag kann eben nicht ein Baum von drei Metern Höhe gepflanzt werden. Es gilt – wenn überhaupt – deshalb transparent klarzustellen, wo der Baum oder die Bäume gepflanzt werden und um was für einen Baum es sich handelt.

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Gehen wir hier einmal vom oben aufgeführten Beispiel aus: 60 Euro Jahresbeitrag für eine PHV inklusive Versicherungssteuer. Wenn dann ein Buchen-Setzling für 3 Euro gekauft und gepflanzt werden soll, dann würde das 5 Prozent vom Beitrag betragen. Ist dies von der Kostenkalkulation für einen Versicherer attraktiv und realistisch? Die Antwort „eher nicht“ dürfte hier nicht überraschen. Dies gilt um so mehr, wenn werbewirksam Fotos von größeren Bäumen dem Kunden suggerieren, dass der Versicherer ganz viel für Klima und Umwelt tut.

Transparenz sollte bei jeder Unterstützung für Umwelt- und Klimaprojekte ganz groß geschrieben werden. Es gilt den Kunden deutlich zu machen, woraus sich der Beitrag über die Versicherungsleistung hinaus ergibt. Deshalb finde ich beispielsweise die Erklärung eines Assekuradeurs gut, dass durch die vollständige Digitalisierung, schlanke Prozesse und damit Kosteneinsparungen gegenüber dem herkömmlichen Policenversand per Post ein Prozent der Versicherungssumme für Umweltprojekte gespendet wird und damit der CO2-Ausstoß kompensiert wird.

Konkrete Umwelt- und Klimaaktivitäten in Deutschland

Ende vergangenen Jahres wurde von den EU-Mitgliedsstaaten die neue Ökodesign-Verordnung beschlossen. Künftig sollen nur noch solche Produkte auf den Binnenmarkt kommen, die ressourcensparend hergestellt wurden, langlebig und reparierbar sowie energieeffizient sind. Das stellt auch Ansprüche an Produktgeber in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche und deren Vermittler.

Deshalb möchte ich dem an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen interessierten Inhaber eines Maklerunternehmens Beispiele an die Hand geben, wie man neben einem zukunftsorientierten Geschäftsmodell mehr für die Nachhaltigkeit tun kann, ohne mit dem Thema ideologisch oder missionarisch an die Kunden heranzutreten.

Beispiel #1:
Zunächst ein Unternehmen aus der Textilbranche. Das Thema erneuerbare Energie ist für das Unternehmen von größter Bedeutung. Auf der Homepage des Unternehmens ist unter anderem nachzulesen:

Auf einer Fläche von insgesamt 6000m² produzieren wir seit 2007 Solarstrom, der in das Netz eingespeist, beziehungsweise zum Teil selbst genutzt wird. Die Fläche wird ab Herbst 2023 um weitere Teile unseres Hauptwerks in Burladingen erweitert, womit wir alle Dächer unserer Produktionsstandorte voll belegt haben.

Beispiel #2:
Die Installation der Photovoltaikanlage auf dem Firmengebäude des Infrastrukturdienstleisters blau direkt ist seit 2023 abgeschlossen. Insgesamt wurden auf dem neu gedämmten Dach 849 Solarpanels montiert, das entspricht einer Fläche von rund 1700 Quadratmetern.

Jede Solarzelle kann dabei 415 Watt Leistung erbringen, sodass sich eine Gesamtleistung von 352 Kilowattpeak ergibt. Dieser eigens erzeugte Strom soll dann genutzt werden, um zum Beispiel die Wärmepumpen zu betreiben, über die die Fußbodenheizung beheizt werden soll. Zudem können zehn Ladesäulen für E-Autos betrieben werden.

Beispiel #3:
Zahlreiche Versicherungsmakler und Finanzanlageberater haben das Thema Nachhaltigkeit als Herzensangelegenheit erschlossen und setzen das tagtäglich mit eigenen Projekten oder zusätzlichen Leistungen für Kunden und Mitarbeiter um. Gerne empfehle ich hier einige ausgewählte:

Diese Unternehmen engagieren sich nicht nur in der Auswahl von „grünen“ Produkten für die Kunden. Es werden auch zusätzliche Leistungen im regionalen und überregionalen Umfeld geleistet, die für die Kunden nachvollziehbar und nachprüfbar sind.

So machen es die Branchen-Leader – Nachhaltigkeitsberichte

Im Jahr 2015 hat die Weltgemeinschaft die sogenannte Agenda 2030 beschlossen. In dieser Agenda wurden 17 globale Ziele (Sustainable Development Goals / SDGs) definiert, die in allen Bereichen ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften ermöglichen sollen.

Seit August 2022 (Inkrafttreten der Delegierten Rechtsverordnung zur IDD) müssen Berater und Vermittler von Finanzprodukten ihre Kunden aktiv zu deren Präferenzen in Sachen Nachhaltigkeit befragen. Versicherungsvermittler und Versicherungsunternehmen sollten sich diesem anschließen und mehr als bisher Kunden befragen, ob und wenn ja, welche Nachhaltigkeitspräferenzen sie haben. Immer mehr Kunden interessieren sich dafür. Und wenn einmal kein Interesse da ist, ist es auch kein Problem.

Die ausgewiesene Nachhaltigkeitsstrategie von Maklerunternehmen sollte zu einem wichtigen Faktor des Geschäftsmodells zu werden. Dabei unterstützen wir Ihr eigenes Unternehmen mit unserer Nachhaltigkeitsanalyse und einer Bewertung. Dies ist bei den Branchengrößen bereits Standard. So kann der jährliche Nachhaltigkeitsbericht zeigen, was der Makler des Vertrauens für Klima- und Umweltschutz macht. Zusätzlich ist die Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichtes auch gut für das Image des Unternehmens, die Gewinnung neuer Kundengruppen und natürlich für unsere Umwelt.

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P.S. Noch eine Anmerkung: Seit Gründung des Instituts für Umwelt- und Klimaschutz der Versicherungswirtschaft IKV e.V. 2022 engagiert sich der Autor in dieser Brancheninitiative und hat konkrete Förderprojekte zum Schutz der deutschen Moore und Seegraswiesen unterstützt. Mehr Informationen dazu unter https://ikv.green.

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