DVAG-Vorstand warnt: Steht das duale Gesundheitssystem vor dem Aus?
Die Abschaffung der privaten Krankenversicherung wäre ein großer Fehler, meint Markus Knapp, Mitglied des Vorstands der Deutschen Vermögensberatung (DVAG). Warum Wahlfreiheit und die ergänzenden privaten Zusatzversicherungen gestärkt werden sollten, erklärt er im Gastbeitrag.
Das duale Gesundheitssystem in Deutschland zeichnet sich durch das Nebeneinander der privaten und der gesetzlichen Krankenkassen aus. Es ist in Europa einzigartig und in der Bundesrepublik immer wieder kontrovers diskutiert. Die jüngsten Vorstöße im Rahmen der geplanten Krankenhausreform haben die Debatte neu entfacht. Einige Stimmen fordern die Abschaffung der privaten Krankenkassen und eine Vereinheitlichung der Krankenversicherung. Markus Knapp, Mitglied des Vorstands der Deutschen Vermögensberatung, verfolgt die Diskussion seit vielen Jahren und findet: Das duale Gesundheitssystem ist eine Errungenschaft – mit Vorteilen für alle.
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Die durchschnittliche Lebenserwartung einer Frau, die zwischen 2020 und 2022 geboren wurde, liegt bei 83,2 Jahren, die eines Mannes bei 78,3 Jahren. Tendenz steigend, die Deutschen werden immer älter. Das liegt zum einen daran, dass die Menschen heute gesünder leben und ihre Arbeit körperlich weniger anstrengend ist. Zum anderen profitieren sie von einer sehr guten medizinischen Versorgung. Die moderne Forschung und die technischen Fortschritte im Bereich der Humanmedizin ermöglichen Behandlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen für klassische Altersleiden wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die private Krankenversicherung als finanzielle Stütze des Gesamtsystems
Der Zugang für alle zu dieser medizinischen Versorgung wird in Deutschland durch die gesetzliche Krankenversicherung ermöglicht. Das ihr zugrunde liegende Solidaritätsprinzip stellt sicher, dass alle gesetzlich Versicherten den gleichen Anspruch darauf haben – unabhängig von der Höhe ihres Einkommens oder der gezahlten Beiträge in die Krankenversicherung. Allerdings ächzt das System nun schon seit Jahren unter den Folgen des demografischen Wandels und der steigenden Kosten in der Medizin. Nicht selten beschwören Journalisten, Politiker und Meinungsmacher den System-Kollaps in der Gesundheitsversorgung. Doch die Abschaffung des dualen Systems oder vielmehr die Vereinheitlichung der Krankenversicherung ist keine Lösung. Zumal eine zwangsweise Einführung keine Verbesserung der medizinischen Versorgung für alle Versicherten erzielen könnte. Ganz im Gegenteil. Denn die private Krankenversicherung (PKV) fungiert mit ihrem Äquivalenzprinzip aktuell als eine Stütze der gesetzlichen Kassen. Sie sichert die Finanzierbarkeit des Systems. Im Jahr 2022 flossen über 41 Milliarden Euro durch die 8,71 Millionen Privatpatienten in das deutsche Gesundheitssystem. Wären diese Menschen ebenfalls in der gesetzlichen Krankenkasse versichert, so fehlten dem System jährlich über 12,3 Milliarden Euro. Gerade in der ambulant-ärztlichen Versorgung, sprich bei niedergelassenen Arztpraxen, sichern die Einnahmen durch Privatversicherte die finanzielle Stabilität und Wirtschaftlichkeit: Im Durchschnitt stammen mehr als 20 Prozent der Einnahmen niedergelassener Ärzte von Privatversicherten. Ohne sie würden nach Berechnungen des WIP (Wissenschaftliches Institut der Privaten Krankenkassen) jedem niedergelassenen Arzt in Deutschland jährlich durchschnittlich also mehr als 60.000 Euro fehlen. Das entspricht dem Gehalt von fast zwei Arzthelfer/innen – auf die kann und möchte wohl niemand verzichten. Die private Krankenversicherung sichert mit ihrer Kostenübernahme auch gleichzeitig zukünftige Investitionen im Gesundheitswesen und somit den medizinischen Fortschritt, der weiterhin allen Bundesbürgern zugutekommt.
Worauf es ankommt: Die Wahlfreiheit
Aber nicht nur das Gesamtsystem profitiert von der privaten Krankenversicherung. In erster Linie kommt sie ihren Versicherten zugute. Dabei ist die Wahlfreiheit entscheidend: Die Tarifvielfalt der unterschiedlichen Unternehmen am Markt ermöglicht es den Versicherten, Leistungen und Konditionen nach ihren eigenen Wünschen auszuwählen. Genau dieser Marktwettbewerb ist ein Garant und die wesentliche Voraussetzung für zukünftige Innovationen. Diese ermöglichen es dem Kunden, den Leistungskatalog individuell zu vereinbaren und bietet eine Flexibilität, die dem ein oder anderen bei der gesetzlichen Kasse fehlen mag. Die Vorteile, die Versicherte der privaten Krankenversicherung genießen, wie z.B. Zugang zu neuen Diagnoseverfahren, lassen sich allerdings nicht über ein Umlageverfahren finanzieren, sondern sind aufgrund des Kapitaldeckungsverfahrens nur in der PKV möglich. Der von den Kunden gewählte und verbriefte dauerhafte Leistungsumfang in der PKV, verbunden mit dem medizinischen Fortschritt, ist einer der Gründe, weshalb es während der Vertragslaufzeit zu Beitragsveränderungen kommen kann. Deshalb kann die private Krankenvollversicherung nicht für alle Menschen die optimale Lösung bieten.
Das Beste aus beiden Welten
Wer mit der gesetzlichen Krankenversicherung unzufrieden ist, aber dennoch nicht in die private Krankenversicherung wechseln kann oder möchte – der kann den Leistungskatalog der gesetzlichen Kasse mit privaten Krankenzusatzversicherungen um weitere Bausteine ergänzen. Die Vielzahl an Möglichkeiten und Tarifen zu besprechen, ist Alltag in der Beratung von Vermögensberaterinnen und Vermögensberatern mit ihren Kunden. Sie haben die finanzielle Gesamtsituation im Blick und kennen ihre Wünsche. So finden sich passende Optionen und individuelle Lösungen. Nicht jeder hat dieselben Bedürfnisse im Bereich Gesundheit und Lebenspläne sehen äußerst unterschiedlich aus. Die privaten Zusatzversicherungen bieten ein breites Leistungsspektrum und wohl für jeden eine passende Option.
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Das duale Gesundheitssystem bringt deshalb allen Menschen in Deutschland Vorteile und sichert die sehr guten Standards der deutschen Gesundheitsversorgung ab. Es ermöglicht Vielfalt, Qualität und individuelle Wahlmöglichkeiten für die Versicherten. Die Abschaffung wäre ein großer Fehler.