ELTIFs: „Das 'Window of Opportunity' wird nicht lange offen stehen“
Mit ELTIFs hat sich eine Produktklasse aus der Nische gearbeitet, der viele Beobachter hervorragende Chancen bei Kleinanlegern einräumen. Hiesige Banken sollten diese Gelegenheit nutzen, fordert Wesselin Kruschev, Kapitalmarkfachmann bei der Bankberatung Capco, in seinem Kommentar.
Investieren wie die Superreichen – die Geldanlage auf den sogenannten Privatmärkten galt lange als bel étage des Investierens: Abseits der Börsen, in Bereiche wie Private Equity, Fremdkapitalfinanzierung oder auch große Infrastrukturprojekte. In den letzten zehn Jahren hat sich dieser Bereich jedoch schrittweise geöffnet. Seit 2015 stehen mit European Long-Term Investment Funds, kurz ELTIFs, Vehikel auch für Privatanleger zur Verfügung. Einzig der Erfolg ließ auf sich warten. Die Gründe lagen auf der Hand: Zum Schutz der Anleger galten bis dato eine Beratungs- und Informationsbeschaffungspflicht und Einschränkungen in Bezug auf den Anteil der ELTIFs am Finanzinstrument-Portfolio eines potenziellen Kleinanlegers. Lag dieses Portfolio unter 500.000 Euro, durften höchstens 10 Prozent davon in die Assetklasse fließen. Die Mindestinvestition sollte dann pro Fonds mindestens 10.000 Euro betragen – für den normalen Privatanleger kaum zu stemmen.
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Investmentvehikel für die grüne Transformation
Mit einer großen Reform – in Kraft seit dem 10. Januar 2024 – versucht man nun, die Hürden abzubauen und ELTIFs für Kleinanleger attraktiver zu machen. Im Hinterkopf dabei ist auch die Idee, dass diese zu einem Baustein der grünen Transformation werden können. Mit dem Konstrukt ELTIF könnten z. B. Projekte rund um nachhaltige Mobilität, grüne Energieversorgung wie auch gesellschaftsrelevante Gebäude finanziert werden. Somit lässt sich hier der hohe Mittelbedarf für Großprojekte mit der Renditelust von Kleinanlegern kombinieren. Eine attraktive Kombination!
Dabei ist durchaus davon auszugehen, dass solche Projekte auf Interesse von Kleinanlegern stoßen könnten. Projektvorhaben, die im weitesten Sinne einem guten Zweck dienen und gesellschaftlich relevante Projekte voranbringen, entsprechen absolut dem Zeitgeist. Außerdem sind vor allem Sachwertinvestments mit überschaubaren Unwägbarkeiten bei risikoaversen Anlegern mitunter ein guter Kompromiss aus Rendite und Risiko. Auch lange Anlagezeiten müssen nicht zwingend abschrecken, da zu häufiger Handel ohnehin als Renditekiller gilt.
Sprung aus der Nische voraus?
Wenn in Zukunft nur eine Geeignetheitsprüfung notwendig wird, ohne zusätzliche Anforderungen an Portfoliogröße und Mindestanlage, öffnet dies für den Vertrieb neue Türen. Doch um den Sprung aus der Nische zu schaffen, ist vor allem eines erforderlich: Größere Bekanntheit und ein Verständnis auf Seiten der Kleinanleger. Natürlich bleiben ELTIFs bis auf weiteres ein erklärungsbedürftiges Produkt. Als solches müssen etablierte Finanzinstitute evaluieren, wie groß die Kundschaft für diese Anlageklasse sein kann. Banken kämpfen zunehmend mit preisgünstigen Rivalen aus der Neobroker-Welt, müssen vermehrt nach Konzepten suchen, um die Low-Cost-Konkurrenz auszustechen. Eine neue Produktklasse, die zum einen durch die persönliche Beratung näher erklärt werden kann und gleichzeitig durchaus der Idee des Purpose-Investments folgt, birgt hier eine attraktive Chance.
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Somit sind hiesige Bankhäuser aufgefordert, dazu beizutragen, der Idee des Regulators zu folgen und ELTIFs aus der Nische zu helfen. Erste Marktentwicklungen in den letzten Monaten deuten jedoch daraufhin, dass auch hier die Konkurrenz aus der Fintechwelt schneller sein könnte. Bereits jetzt gehen Player mit eigenen Angeboten auf den Markt. Schritte, die darauf hindeuten, dass das „Window of Opportunity“ für klassische Banken nicht lange offen stehen wird.