Am 18. September verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) einen Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und der Allianz Leben, der bereits seit über sechs Jahren und durch zwei Instanzen ausgefochten wird. Die Verbraucherzentrale hat den Versicherer verklagt, weil das von der Allianz angebotene Vorsorgekonzept Perspektive nach ihrer Auffassung gegen die Mindestzuführungsverordnung (MindZV) verstößt. Das berichtet die Verbraucherzentrale auf ihrer Webseite. Ein Sprecher der Allianz hat den Vorgang bestätigt (Az. IV ZR 436/22).

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Konkret geht es um die Frage, ob die Allianz ihre älteren Kundinnen und Kunden angemessen an den erzielten Kapitalerträgen beteiligt. Weil diese Kapitalerträge aus Kundengeldern erwirtschaftet werden, müssen laut Mindestzuführungsverordnung mindestens 90 Prozent der erwirtschafteten Überschüsse aus Kapitalanlagen an die Versicherten weitergegeben werden. Die Überschüsse aus einem Vertrag werden hierbei in der Regel jährlich ermittelt und gutgeschrieben. Die Verordnung zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die Versicherten fair an den finanziellen Ergebnissen der Versicherungsgesellschaft beteiligt werden. Dabei gilt es auch darauf zu achten, dass nicht bestimmte Kundengruppen gegenüber anderen bei der Verteilung der Gelder bevorzugt werden.

Diesen Grundsatz sehen die Hamburger Verbraucherschützer verletzt. “Kundinnen und Kunden mit einem jungen Perspektive-Vertrag, der ab 2017 unterzeichnet wurde, erhalten eine höhere Ausschüttung als Versicherte mit einer zwischen 1994 und 2016 abgeschlossenen Police. Verschärfend kommt hinzu, dass die Gelder der älteren Verträge überwiegend den Überschuss generieren und somit einen höheren Anteil an den Überschüssen erwirtschaften als die jüngeren Vertragsgenerationen. Aus unserer Sicht verstößt die Allianz mit ihrer praktizierten Überschussbeteiligung gegen die Vorgaben von § 6 Abs. 1 Satz 1 Mindestzuführungsverordnung (MindZV). Zudem sehen wir den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 138 Abs. 2 VAG) durch die Praxis der Allianz verletzt“, schreibt die Verbraucherzentrale.

Das Landgericht Stuttgart hatte der Klage der Verbraucherschützer teilweise zugestimmt. Es hat die Versicherung dazu verurteilt, bestimmte Klauseln in ihren Vertragsbedingungen, die den Abzug bei Beitragsfreistellung und Kündigung betreffen, nicht mehr zu verwenden. Die Art und Weise, wie die Versicherung die Überschüsse zwischen verschiedenen Vertragsgenerationen verteilt, hat das Gericht jedoch als rechtmäßig angesehen und die Klage in diesem Punkt abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise geändert und die Versicherung dazu verpflichtet, noch weitere Klauseln in ihren Vertragsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen nicht mehr zu verwenden. Doch auch das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte, dass die Verteilung der Überschüsse rechtmäßig ist (Oberlandesgericht Stuttgart - Urteil vom 3. Februar 2022 - 2 U 117/20).

Die Allianz blickt dem Gerichtstermin gelassen entgegen. “Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZ Hamburg) hatte gegen Allianz Leben geklagt und dabei eine Vielzahl an Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Passagen in den Produktinformationsblättern von Allianz Leben sowie einige übergreifende Fragestellungen angegriffen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 3. Februar 2022 deutlich überwiegend zu Gunsten von Allianz Leben entschieden. Das OLG Stuttgart hat damit bestätigt, dass die deutlich überwiegende Mehrzahl der von der VZ Hamburg beanstandeten Regelungen wirksam ist. Die Wirksamkeit unseres Überschussbeteiligungssystems wurde in vollem Umfang bestätigt“, teilt ein Sprecher der Allianz Leben dem Versicherungsboten mit.