Die Allianz wurde erneut von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgemahnt. Dies berichtete die Wirtschaftswoche am Freitag und beruft sich auf Insider aus den Unternehmen. Die Behörde habe demnach Zweifel, ob Einheiten, die beim Versicherer die Compliance und das Risikomanagement überwachen sollen, wirklich unabhängig agieren.

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Konkret gehe es erneut um die Rückversicherungs-Tochter der Allianz. Auch wenn sie aus nur circa 100 Mitarbeitern besteht, hat sie eine wichtige Aufgabe innerhalb des Konzerns. Als selbstständig agierende Einheit sichert sie jeden dritten Euro im Erstversicherungs-Geschäft der Münchener ab: Es handelt sich quasi um ein firmeneigenes Sicherheitsnetz, um zum Beispiel Risiken aus Großschaden-Ereignissen im eigenen Unternehmen finanziell und operativ abzusichern. Für viele Versicherer ist es billiger und effizienter, wenn sie eine solche Einheit intern aufbauen, als wenn sie Rückversicherungs-Schutz extern zukaufen. Denn mit den vielen Großereignissen der letzten Jahre -Corona, Umweltkatastrophen, der Krieg in der Ukraine- haben die Rückversicherer Kapazitäten reduziert und die Prämien teilweise deutlich erhöht.

Die BaFin stört sich nun laut „WirtschaftsWoche“ daran, dass die Angestellten für das Risikomanagement und die Compliance den operativen tätigen Abteilungen zugeordnet sind. Stark vereinfachend also jenen Abteilungen, die das Kerngeschäft des Versicherers betreiben und auch an guten Zahlen und schnellem Wachstum interessiert sind. Hierin sehe die BaFin einen Interessenkonflikt. Verständlich: Diese Einheiten sind die Kontrollorgane im Konzerns. Sie sollen sicherstellen, dass Prozesse funktionieren, Gesetze eingehalten werden und Risiken, die auch zulasten der Kundinnen und Kunden gehen können, minimiert werden.

Doch ob und wie gut die interne Kontrolle bei den Münchenern funktioniert, daran gab es zuletzt mehrfach Zweifel. Prominentestes Beispiel hierfür war der milliardenschwere Skandal um Structured-Alpha-Fonds, deren Manager während der Coronakrise hochspekulative Terminwetten platziert und dadurch sieben Milliarden Euro verloren hatten. Deren Chef Gregoire Tournant und andere Manager haben sich erst vor wenigen Tagen vor einem New Yorker Gericht des Betruges für schuldig bekannt. Sie hätten Risikoberichte gefälscht und an Kunden weitergeleitet, in denen Risiken bewusst verschleiert oder verheimlicht wurden. Im September 2021 leitete deshalb auch die BaFin Ermittlungen ein: Die Finanzaufseher wollten insbesondere prüfen, ob Allianz-Manager außerhalb des Fondsbereichs von den Vorgängen, die zu den Milliardenverlusten führten, wussten oder sogar daran beteiligt waren.

Doch auch der Rückversicherer stand bereits im Visier. Und das ausgerechnet aufgrund von IT-Problemen. In einem umfangreichen Feststellungskatalog habe die BaFin „bedeutsame Verbesserungen“ gefordert, berichtete auch zunächst die WirtschaftsWoche, wobei vor allem die Bereiche Informationsrisiko-, Identitäts- und Rechtemanagement im Mittelpunkt gestanden hätten. Die BaFin habe sogar derart hohe Risiken gesehen, dass sie von der Allianz eine Aufstockung des Risikokapitals hätte durchsetzen können, wenn der Versicherer keine Abhilfe geschaffen hätte.

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Auch bemängelte die BaFin, dass es keinen eindeutigen Ansprechpartner bei IT-Problemen für aufsichtsrechtliche Fragen gebe, und verlangte, die Zuständigkeiten entsprechend zu bündeln. Aber dieser Konflikt mit der Behörde wurde laut "Handelsblatt" im September 2023 beigelegt. Zu den aktuellen Vorgängen habe sich laut WirtschaftsWoche weder die BaFin noch die Allianz äußern wollen.