Während das sogenannte Rentenpaket II stockt, mit dem die Bundesregierung die gesetzliche Rente reformieren will, nimmt immerhin die Reform der betrieblichen Altersvorsorge so langsam Fahrt auf. Am Dienstag hat das federführende Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) ein zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz in die Ressortabstimmung gegeben, so berichten die F.A.Z. und Reuters. Beide berufen sich auf Regierungskreise.

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Das Gesetz verfolgt das Ziel, die Verbreitung von Betriebsrenten deutlich auszubauen. Wie Reuters mit Bezug auf den Gesetzentwurf berichtet, verfügten zum Jahresende 2021 rund 18,4 Millionen Menschen über eine Anwartschaft auf Betriebsrente. Zwar habe sich die Zahl gegenüber 2017 um 700.000 Verträge erhöht. Da in diesem Zeitraum aber auch die Gesamtzahl der Beschäftigten gestiegen sei, würde weiterhin nur etwa jeder zweite abhängig Beschäftigte über einen solchen Vertrag verfügen.

Bundesregierung lehnt Obligatorium ab

Im Vorfeld war diskutiert worden, ob es nicht eine verpflichtende Betriebsrente geben solle. Dies hatte Staatssekretär Rolf Schmachtenberg bei einer „Handelsblatt“-Veranstaltung im November des letzten Jahres berichtet. Doch derartige Pläne sind - Stand jetzt - vom Tisch. Ein „Obligatorium“ könne zwar den Auf- und Ausbau von Betriebsrenten beschleunigen, habe aber eine „hohe Eingriffsintensität“, heißt es laut FAZ im Gesetzentwurf. „Dem sind weiterhin freiwillige Lösungen vorzuziehen, insbesondere auf tarifvertraglicher Grundlage“, heißt es weiter im Papier.

Verbessert werden soll aber die staatliche Förderung von Betriebsrenten, speziell bei kleinen Einkommen. Das soll über die Arbeitgeber funktionieren: Ab 2025 werden Zuschüsse bis zu 1.000 Euro mit bis zu 360 Euro unterstützt. Die Gelder sollen als steuerlicher Förderbetrag geltend gemacht werden können. Die Einkommensgrenze wird automatisch auf drei Prozent der Beitragsbemessungsgrenze festgelegt, was in diesem Jahr einem monatlichen Betrag von 2.718 Euro entspricht. Bisher liegt der Förderbetrag bei 288 Euro jährlich und der maximale zusätzliche Arbeitgeberbeitrag bei 960 Euro im Jahr.

Sozialpartnermodell soll geöffnet werden

Ein weiterer Reformschritt: Das 2018 eingeführte Sozialpartnermodell soll geöffnet werden. Dieser neue Durchführungsweg der Betriebsrente nahm die Arbeitgeber aus der Haftung: Sie müssen (und dürfen) nicht mehr für die Höhe der Betriebsrente garantieren. Vorgesehen ist eine reine Beitragszusage, wonach sich der Arbeitgeber verpflichtet, einen bestimmten monatlichen Betrag in die Betriebsrente einzuzahlen. Das erlaubt es den Anbietern dieser Verträge im Gegenzug, das Geld renditenstärker am Kapitalmarkt anzulegen.

Vor allem für kleine Unternehmen war die frühere Pflicht zur Arbeitgeberhaftung bei Direktzusagen und Unterstützungskassen ein finanzielles Risiko, das sogar die Existenz bedrohen konnte. Wenn ein Anbieter von Altersvorsorge in finanzielle Schwierigkeiten gerät, könnte das Unternehmen gezwungen sein, die Betriebsrenten früherer Mitarbeiter zu finanzieren. Das heißt, sie zahlen hohe Beträge für Menschen, von deren Arbeitskraft sie nicht mehr profitieren. Selbst große Firmen wie Opel in Deutschland haben mit hohen Betriebsrente-Lasten in Milliardenhöhe zu kämpfen.

Das Sozialpartnermodell ist, wie der Name schon sagt, an eine wichtige Bedingung geknüpft: Die Sozialpartner müssen sich auf einen Vertrag einigen. Das bedeutet, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften gleichermaßen zustimmen müssen. Bisher haben sich vor allem die Gewerkschaften dagegen gesträubt, weil sie den wegfallenden Garantien skeptisch gegenüberstehen. Sie möchten sicherstellen, dass die Beschäftigten genau wissen, was sie an Betriebsrente im Alter zu erwarten haben. Daher gibt es bundesweit bisher nur drei solcher Modelle.

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Jetzt will die Bundesregierung dazu beitragen, dass das Modell etwas unabhängiger von den jeweiligen Tarifparteien einer Branche wird. Laut FAZ soll per Gesetz „der Kreis potenzieller Teilnehmer erheblich erweitert“ werden. Besonders das Übertragen bestehender Sozialpartnermodelle auf andere Branchen und nicht tarifgebundene Betriebe soll erleichtert werden. Zukünftig könnten sich diese Modelle „für alle Arbeitsverhältnisse im Zuständigkeitsbereich der das Modell tragenden Gewerkschaften öffnen“.