Versicherungsbote: Welche Versicherungen sind für Veranstalter von Sportevents unerlässlich und welche spezifischen Risiken müssen dabei abgedeckt werden?


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Matthias Glesel: Zuerst muss der Bedarf analysiert werden: welche Organisationsstruktur gibt es, wer ist Veranstalter, wer ggf. Mitveranstalter, wer muss mitversichert werden in welcher Funktion, sind Sportverbände beteiligt, wie ist deren bereits ggf. vorhandener Versicherungsstatus.

Voran stehen natürlich die Haftpflichtrisiken im Fokus, also die Veranstaltungshaftpflicht. Diese sollte nicht erst mit der Eröffnung greifen, sondern bereits im Vorfeld – spätestens mit dem Aufbaubeginn, aber bei langfristigen Vorplanungen auch schon mal ein-zwei Jahre vor der Veranstaltung, wenn für die Veranstaltung bereits besondere Orga-Strukturen gegründet werden. Zu beachten sind die Nebenrisiken wie Mietsachschäden an Gebäuden, Sporteinrichtungen, Strassen, Equipment. Auch in den Ablauf integrierte Kulturevents, Feuerwerk, Schäden durch Besucher, Garderobenrisiken sind zu berücksichtigen.

Matthias Glesel ist Geschäftsführer der EventAssec GmbH & Co. KG. Glesel ist ein Profi der Branche, mit seinem Unternehmen hat er bereits 202.000 Events mit 210 Millionen Besuchern versichert.@Jan_Pyko


Darüber hinaus wird jede Menge spezieller Ausrüstung angemietet, für die der Mieter/Veranstalter haftet – wie Zelte, Ton, Licht, Videowände, Zeitmesstechnik, Sperrzäune, Catering- und Sanitärtechnik, Bürocontainer u.v.m.. Die Haftpflicht sollte nicht nur bei eigenem Verschulden greifen oder dem der Beauftragten, sondern auch ohne Verschulden aus dem Mietvertrag, also z.B. auch für Schäden durch Sturm, Feuer, Vandalismus, Entwendung. Hier ist eine Equipmentversicherung, also eine technische Versicherung zu vereinbaren, die auch die Besonderheiten der Sportart berücksichtigen muss, wie z.B. Kameratechnik bei Lufteinsätzen (Drohnen), oder Geschwindigkeitsaufnahmen mit Flycams, Unterwasseraufnahmen , Transporte usw.



Dritter Bereich wäre die Ausfallversicherung. Jedes Großevent ist ein wirtschaftliches Risiko für den Fall von Absage, Abbruch, oder Verlegung. Das kann aus wetterbedingten Gründen sein, oder auch wegen Terrordrohungen, Attentaten, Amokläufen, Pietät bei Katastrophenfällen, behördlichen Maßnahmen und Anordnungen. Auch der Ausfall von Liveübertragungen, oder Streaming kann zu Werbegeldkürzungen oder dem Wegfall von Sponsorenleistungen führen, die versichert werden können. Das ist in der Regel auch der kostenintensivste Versicherungsbereich.

Was sind die größten Herausforderungen für Vermittler, wenn es um die Absicherung von sportlichen Großveranstaltungen geht?



Die Erfassung und Bewertung der vielfältigen Risiken und dem Zusammenwirken der Beteiligten ist die Grundlage, auf der dann die in Frage kommenden Versicherungslösungen erarbeitet werden müssen, dabei sind ggf. auch diverse vertragliche Absprachen, oder auch Vorgaben von Sportverbänden und Organisationen zu beachten; wobei hier häufig internationale rechtliche Formulierung zu Haftung und Versicherung zu Grunde gelegt werden.

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Die dann eigentliche Quotierung der Risiken dürfte bei größeren Events fast immer Ausschreibungs- und Vergaberichtlinien unterliegen, auch das ist sicher für wenig erfahrene Vermittler eine Hürde. Ebenso ist dann die Auswertung der Versicherungsbedingungen gelöst vom reinen Angebotspreis eine zeitintensive Aufgabe, die auch den Kunden gegenüber sauber zu erläutern ist. Ganz zu schweigen davon, dass es überhaupt erstmal ausreichende Versicherungskapazität geben muss, um alle zu deckenden Risiken abbilden zu können.
Gerade jetzt bei der UEFA EURO 2024 hat sich gezeigt, dass es kein ausreichendes Angebot gibt, um von einem echten Wettbewerb sprechen zu können.

„Die Fehler passieren meist im Detail“

Wie unterscheiden sich die Versicherungsbedürfnisse von Veranstaltern und Teilnehmern und wie können Vermittler diese beiden Gruppen optimal beraten?


Die Veranstalter haben wir jetzt bereits angesprochen. Der Teilnehmer liegt ja eher in der Sphäre des persönlichen Betreuers, wobei der Teilnehmer ja nicht nur ein einzelner Sportler ist, sondern auch eine Mannschaft oder Landesdelegation. Im Prinzip setzt dort der Bedarf am vorhandenen Versicherungsstatus an und ist ggf. nur zu erweitern. Auch diese Ebene kann z.B. die eigenen Kosten bei unverschuldetem Ausfall absichern, so, wie auch jeder Dienstleister, z.B. Caterer, oder Merchandisinghändler, Onlineshops, Zelt-und Messebau usw.

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Aber auch der Ticketkäufer ist ja ein – wenn auch passiver – Teilnehmer, der seine Kosten (Ticket, Reise, Hotel, Gepäck) wie in einer klassischen Reiseversicherung absichern kann. Dafür haben wir auch eventspezifische Sonderlösungen, auch für z.B. das persönliche Sportequipment eines Citymarathonteilnehmers.



Welche Vorfälle sind typischerweise durch Eventversicherungen abgedeckt und welche Ausschlüsse sollten Vermittler kennen?



Die drei großen Bereiche:

  • 
Veranstaltungshaftpflicht
  • 
Equipment
  • 
Ausfall

Diese Bausteine haben wir ja bereits grob angesprochen. Die Fehler passieren meist im Detail. Ist das eigene/gemietete Equipment mobil für den gesamten Zeitraum versichert – auch für den Transport? Sind Schäden an der Location ggf. auch durch Unbekannte mitversichert – auch, wenn dem Veranstalter kein Verschulden trifft ? Wurde der Vermittler über besondere Absprachen informiert, um diese auch einschließen zu können ?


Darüber hinaus: Sind Side-Events wie Pressekonferenzen, Fan-Zonen, Mannschaftsvorstellungen, Sponsorentermine etc. auch mitversichert ? Gibt es besondere Dinge – Code of Conducts zum Beispiel, wie sie jetzt auch auf den Fanzonen der Host Cities verwendet werden – die auch als Selbstverpflichtung bei Zuwiderhandlung zu haftungsrelevanten Verstößen führen können ? Um das auch entsprechend beraten zu können, muss der Vermittler natürlich um diese Dinge wissen. Vollständige Information ist die Basis.

Welche praktischen Tipps haben Sie für Vermittler, um Veranstalter und Teilnehmer von Sportevents umfassend zu schützen ?


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Da knüpfe ich gleich bei der Vorfrage an. Frühzeitige Information, also auch Einbindung des Beraters in die Pläne, sichert einen Informationsstand, um den Veranstalter oder Teilnehmer richtig beraten zu können sowie Lösungen dann auch dauerhaft überwachen und ggf. anpassen zu können. Die Zeichnungskapazitäten sollten so bedacht werden, dass bei Änderungsbedarf auch Höherversicherungen noch möglich sind, ohne dann aufwändige Konsortien zur Zeichnung suchen zu müssen; also quasi bereitstehende „Versicherungskapazität auf Reserve“. Das lässt alle Beteiligten ruhiger schlafen. Und natürlich, wenn man sich das nicht selber allein zutraut, den Experten heranziehen.

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