Klassische Lebensversicherungen zeichnen sich durch langfristige Garantien aus, die Kunden Sicherheit in Form von garantierten Rückkaufswerten und festen Auszahlungen boten. Diese Produkte waren bis in die 1990er Jahre sehr beliebt. Doch nach der globalen Finanzkrise 2007-2008 senkten Zentralbanken weltweit die Leitzinsen, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Konjunktur anzukurbeln. Die Niedrigzinsphase begann und setzte insbesondere Lebensversicherer unter Druck: Garantierte Zinsen, die in Hochzinsphasen festgelegt wurden, sind in der Niedrigzinsphase kaum noch zu erwirtschaften. Dies führte zu hohen Kosten für die Versicherer und verringerte die Attraktivität klassischer Garantien. Hinzu kamen regulatorische Anforderungen. So erhöhte Solvency II die Kapitalanforderungen für Versicherer. Die Bereitstellung klassischer Garantien wurde teurer. Und noch etwas änderte sich: Die Kundennachfrage. Flexibilität bei Ein- und Auszahlungen wurde für viele Kunden immer wichtiger.

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Die Versicherer reagierten auf diese Gemengelage mit neuen Produkten. Beispielsweise mit hybriden Modellen, die klassische Garantieelemente mit fondsgebundenen Komponenten kombinieren oder auch mit Policen, deren Leistungen an einen Index gekoppelt sind.

Lebensversicherung: Neue Produktwelt mit unerwünschten 'Nebenwirkungen'

Doch die neue Produktwelt in der Lebensversicherung entwickelt auch unerwünschte 'Nebenwirkungen'. Darauf macht Carsten Sperl, bei der BaFin zuständig für Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, in einem Interview aufmerksam, das im BaFin-Journal erschienen ist. „Im Gegensatz zur herkömmlichen Lebensversicherung, bei der regelmäßige und gleichbleibende Prämienzahlungen erfolgen, ermöglichen flexible Ein- und Auszahlungen viele Transaktionen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes in einem Vertrag. Diese zusätzlichen unregelmäßigen Zahlungen machen es komplizierter, die Mittelzu- bzw. –abflüsse zu überwachen“, sagt Sperl.

Auch die vielen banknahen Geschäfte der Versicherungsunternehmen, wie beispielsweise Tagesgelder oder Darlehensgeschäfte, würden zusätzliche Herausforderungen für die Geldwäscheprävention mit sich bringen, so Sperl. Es bestünde die Gefahr, dass illegale Gelder durch Transaktionen verschleiert und in den legalen Wirtschaftskreislauf integriert würden. Sperl betont, dass der Geldwäschebereich nicht immer rechtzeitig von der Produktentwicklung bei neuen Produkten eingebunden wird, sodass die Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche nicht immer hinreichend seien.

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Auf die Frage, welche Maßnahmen Versicherer ergreifen sollten, um die beschriebenen Risiken zu reduzieren, antwortet Sperl, dass die BaFin die Einführung eines IT-gestützten Monitoring empfiehlt. „Das Geldwäschegesetz sieht für die Unternehmen des Versicherungssektors keine Pflicht zum IT-gestützten Monitoring vor. Bei klassischen Versicherungsgeschäften mit regelmäßigen und gleichbleibenden Prämienzahlungen ist das auch kein Problem. Die Transaktionsrisiken sind relativ leicht zu beherrschen. Es ist jedoch sehr fraglich, ob Versicherer die unregelmäßigen Transaktionen bei flexiblen Versicherungsprodukten und banknahen Geschäften ohne IT-Unterstützung angemessen überwachen können.“