Rund 4,875 Millionen Menschen erhielten zum Ende des Jahres 2022 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Im Vergleich zum Jahr 2015 ist die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland um 82,6 Prozent gestiegen. Damals waren noch 2,67 Millionen Menschen leistungsberechtigt. Das geht aus der Geschäftsstatistik der Pflegekassen hervor. Weitere 311.586 Leistungsbezieher erhielten Gelder aus der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

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Bei vielen Pflegebedürftige geht es schnell an das Ersparte: Wenn Pflegebedürftige in einem Heim betreut werden, so müssen sie hierfür immer höhere Summen aus eigener Tasche zahlen. Im Jahr 2020 wurde zum ersten Mal die 2.000 Euro-Marke übersprungen. Denn im Juli 2020 betrugen die Kosten im Bundesschnitt 2.015 Euro monatlich. Zum Stand 1. Juli 2024 liegen die Kosten für pflegebedingte Aufwendungen, Investitionskosten sowie Unterkunft und Verpflegung für jeden stationär versorgten Pflegebedürftigen im Bundesdurchschnitt bei 3.123 Euro. Das sind 340 Euro mehr als zum Jahresbeginn 2024. Das geht aus Zahlen des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) hervor.

Die Kosten im Bereich der Pflege und damit auch der Eigenanteil kennen aktuell nur eine Richtung: nach oben. Und dies, obwohl die Pflegebedürftigen seit Anfang des Jahres 2022 durch eine gesetzliche Neuregelung entlastet werden. Seitdem beteiligen sich die Pflegekassen mit einem nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Leistungszuschlag von fünf bis 70 Prozent an den Pflegekosten. Dafür wurden im Jahr 2022 rund 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2023 hat der Betrag bei über vier Milliarden Euro gelegen. Für das Jahr 2024 geht der Verband der Ersatzkassen von einer Gesamtsumme von etwa fünfeinhalb Milliarden Euro aus.

Die Steigerung fällt dadurch geringer aus als im Vorjahreszeitraum. Und: Hier machen sich die seit 2022 von den Pflegekassen gezahlten Zuschüsse auf den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) bemerkbar. Denn die Zuschüsse wurden zum 1. Januar 2024 erhöht. Sie betragen nun im ersten Aufenthaltsjahr im Pflegeheim 15 Prozent (vorher 5 Prozent), im zweiten Jahr 30 Prozent (vorher 25 Prozent), im dritten Jahr 50 Prozent (vorher 45 Prozent) und im vierten Jahr 75 Prozent (vorher 70 Prozent).

Insbesondere beim sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) wuchsen die Kosten. Im Vergleich zum Jahresbeginn kletterte der Betrag um 301 Euro auf 1.678 Euro. Überdies müssen die Pflegebedürftigen für die Kosten für Unterkunft und Verpflegung aufkommen, die durchschnittlich um 34 Euro monatlich auf 955 Euro angestiegen sind und für die Investitionskosten, die sich für Pflegebedürftige um fünf Euro auf 490 Euro monatlich erhöht haben.

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ielle Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige in Pflegeheimen steigt weiter an“, sagte Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende. „Dass diese so hoch ist, liegt auch daran, dass die Länder ihre Verantwortung ignorieren. Allein die Übernahme der Investitionskosten, wie gesetzlich vorgesehen, würde Heimbewohnerinnen und –bewohner um durchschnittlich 490 Euro im Monat entlasten.”

So hoch ist der Eigenanteil in den einzelnen Bundesländern

Durch die Leistungszuschläge verminderte sich auch der Betrag den Pflegebedürftige aus der eigenen Tasche zahlen mussten. Dennoch kletterten die Kosten für Pflegebedürftige, die bis zu zwölf Monaten im Pflegeheim versorgt wurden, innerhalb eines Jahres bundesweit um 211 Euro auf durchschnittlich 2.871 Euro im Monat.

Pflegebedürftige, die länger als zwölf Monate im Heim verbringen, mussten durchschnittlich 2.620 Euro im Monat (plus 233 Euro) zuzahlen. Wer mehr als zwei Jahre im Pflegeheim verbrachte, musste 2.284 Euro monatlich (plus 169 Euro) aufbringen und Pflegebedürftige mit einer Aufenthaltsdauer über drei Jahre zahlten 1.865 Euro im Monat (plus 91 Euro). Dass die finanzielle Belastung je nach Aufenthaltsdauer variiert, hängt mit dem gestaffelten Zuschuss zusammen, den die Pflegekassen seit 2022 zu den pflegerischen Kosten, dem sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), beisteuern.

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Auch bei den Kosten für das Personal gibt es teilweise große Differenzen. Schließlich gibt es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Rahmenverträge zur personellen Ausstattung. Hier geht es konkret darum, wieviele Pflegebedürftige eine Vollkraft betreuen muss. Allein dies führe schon zu unterschiedlich hohen Personalkosten. Hinzu kämen die regionalen Lohnunterschiede. Dies führe zum Beispiel dazu, das der durchschnittliche in Eigenanteil ohne Zuschüsse in Baden-Württemberg bei 3.479 Euro und in Sachsen-Anhalt bei nur 2.602 Euro liegt.

Die teuersten Bundesländer für einen Pflegeheimplatz sind nach Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen, das mit einem durchschnittlichen Eigenanteil von 3.444 Euro und das Saarland mit 3.431 Euro. Deutlich günstiger ist der Eigenanteil in Brandenburg (2.811 Euro), Niedersachsen (2.747 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (2.710 Euro).

Der Eigenanteil für die Unterbringung im Pflegeheim ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Inzwischen ist der bundesdurchnittliche Betrag, den Pflegebedürftige beziehungsweise ihre Angehörigen bei Unterbringung in einem Pflegeheim selbst tragen müssen, auf 2.871 Euro monatlich angestiegen. Anfang 2023 waren es durchschnittlich noch 2.411 Euro und damit 460 Euro weniger.

Brisant sind die Zahlen auch deshalb, weil die Bundesregierung mit den Pflegestärkungsgesetzen ursprünglich Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell entlasten wollte. Das Sozialamt übernimmt zwar zunächst die anfallenden Pflegekosten, wenn der Betroffene nicht zahlen kann. Es ermittelt dann aber Angehörige in gerader Linie, damit sie für den Unterhalt des Pflegebedürftigen aufkommen. In der Regel sind das der Ehepartner (auch Geschiedene) und die leiblichen Kinder.

Allerdings wurde hier eine Gehaltsgrenze eingezogen. Denn mit dem so genannten Angehörigen-Entlastungsgesetz will die Bundesregierung den Kindern pflegebedürftiger Eltern finanziell unter die Arme greifen. Einhergend damit solle nur wer mindestens 100.000 Euro brutto im Jahr verdient, noch für pflegebedürftige Eltern zahlen.

Im Juli 2023 war bereits jeder zweite Pflegeheim-Bewohner laut einer Umfrage des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB) auf Sozialleistungen angewiesen. „Einer BKSB-internen Umfrage zufolge steigt der durchschnittliche Anteil an sozialhilfebedürftigen Bewohner und Bewohnerinnen in kommunalen Häusern weiter an: Von 45 Prozent in 2022 auf mittlerweile fast 47 Prozent. Das ist besorgniserregend!“, sagt Alexander Schraml, 1. Vorsitzender des Verbandes.

Das finanzielle Dilemma belegen auch Zahlen des Statistischen Bundesamts. Demnach haben die Sozialhilfeträger in Deutschland im Jahr 2022 etwa 14,9 Milliarden Euro netto für Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ausgegeben. Das bedeutet einen Rückgang um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

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Dass weniger Geld ausgegeben wurde, bedeutet aber nicht, dass es auch weniger hilfsbedürftige Menschen gab. Auffallend ist der Rückgang bei der sogenannten Hilfe zur Pflege, wo die Ausgaben um 26,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr sanken. Grund hierfür ist die Pflegereform zum 1. Januar 2022, die vorsieht, dass die Kosten bei vollstationärer Pflege je nach Verweildauer mit monatlichen Zuschlägen unterstützt werden. Hierfür ist aber nicht das Sozialamt zuständig: Die Zuschläge zahlt die Pflegeversicherung aus. Es werden nun folglich mehr Gelder aus anderen Töpfen bedient.

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