Reisen in Risikogebiete oder in Länder mit Reisewarnung? Viele Menschen würden das schon von sich aus nicht tun. Und doch finden sich schnell Beispiele für solche Reisen:

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  • Ukraine: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs reisen einige Deutsche trotz der Warnungen des Auswärtigen Amtes in die Ukraine, sei es aus humanitären, privaten oder beruflichen Gründen. Das Land ist nur auf dem Landweg erreichbar, da der Luftraum geschlossen ist. Die Gefahr durch Raketen- und Luftangriffe sowie Minen und Sprengfallen ist hoch. Schlechte Straßenverhältnisse und fehlende Markierungen erhöhen zudem die Unfallgefahr.
  • Israel: Viele jüdische Menschen in Deutschland haben familiäre oder freundschaftliche Verbindungen nach Israel. So erklärt sich, dass trotz des militärischen Konflikts im Gazastreifen regelmäßig Deutsche nach Israel reisen. Aber auch Geschäftsreisen nach Israel sind keineswegs selten.
  • Mexiko: Mexiko ist ein beliebtes touristisches Ziel. Die Kriminalität durch Drogenkartelle macht das Land aber zu einem Risikogebiet. So wird in Mexiko alle zwei Stunden ein Mensch entführt, um Lösegeld zu erpressen (Versicherungsbote berichtete). Insbesondere von Reisen in bestimmte Gebiete – des Bundesstaats Colima, des Bundesstaats Guerrero und weiterer Gebiete – rät das Auswärtige Amt dringend ab.
  • Typische Reisen in Risikogebiete sind zudem jene von Entwicklungshelfern oder auch Mitarbeitern von NGOs, die sich in einem Risikogebiet aus humanitären Gründen engagieren. Aber auch Geschäftsreisen für Unternehmen können in ein Risikogebiet führen.

Solche Beispiele zeigen, dass ein Reisen in Risikogebiete gar nicht mal so selten ist. Freilich macht es einen Unterschied, ob man als privat Reisender unterwegs ist oder im Dienste einer Organisation oder eines Unternehmens:

  • Für Geschäftsreisende und Entwicklungshelfer gibt es Gruppenverträge von Organisationen und Firmen. Denn die Unternehmen haben eine gesetzliche Fürsorgepflicht, wenn sie Entwicklungshelfer, Fachkräfte, Ingenieure und andere Aidworker in Krisengebiete schicken. Spezielle Gruppenversicherungen berücksichtigen das besondere Gefährdungspotenzial dieser Einsatzkräfte in Risikogebieten (Versicherungsbote berichtete). Auch wurden spezielle Produkte der Gewerbeversicherung entwickelt, um derartige Risiken abzudecken – ein Beispiel hierfür ist die K&R-Versicherung. Dennoch sollte man individuell mit Experten prüfen, ob die Absicherung ausreichend ist oder um zusätzlichen privaten Schutz ergänzt werden muss.
  • Wesentlich schwerer hingegen ist es für Privatpersonen, einen ausreichenden Versicherungsschutz zu erlangen. Denn Individualreisende, die eine Versicherung für Gefahrenländer abschließen, müssen mit eingeschränkten Leistungen, Selbstbehalten und deutlich höheren Prämien rechnen. Zudem bedroht die Kriegsklausel viele Leistungen, da Kriege und innere Unruhen häufig vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Auch hier kommt es auf die individuelle Situation an – erste Tipps können hier keine professionelle Prüfung des Versicherungsumfangs ersetzen.

Privater Versicherungsschutz: Klauseln schließen Kriegshandlungen oft aus

Privatpersonen haben über normale Policen oft nur einen unzulänglichen Versicherungsschutz für Risikogebiete, wie bereits ein Blick in die Musterbedingungen zeigt. Zwar kann der Umfang einer Police von den Musterbedingungen auch positiv abweichen. Dies trifft aber für viele Standard-Produkte nicht zu:

  • So schließen die Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Versicherung mittelbare oder unmittelbare Schäden durch Kriegshandlungen ebenso wie auch durch innere Unruhen aus. Das gleiche gilt für die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2020): auch hier sind Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse vom Versicherungsschutz ausgeschlossen (es sei denn, die Ereignisse brechen unerwartet aus, wenn man sich bereits im Land befindet).
  • Schwieriger ist es bei der Risikolebensversicherung (RLV). Denn zwar definieren die Allgemeinen Bedingungen für die Risikolebensversicherung auch: „Stirbt die versicherte Person in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen, besteht kein Versicherungsschutz.“ Allerdings wird relativierend ergänzt, dass nach Ablauf eines bestimmten (und durch die Police zu definierenden) Versicherungsjahres doch geleistet wird, sobald „die versicherte Person in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen stirbt, denen sie während eines Aufenthaltes außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt war.“ Bedingung allerdings: die Person darf sich nicht selbst an den Kriegshandlungen beteiligen.
  • Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015 – Stand: 17.04.2024) definieren einen Kfz-Haftpflichtschutz für „geographische Grenzen Europas“ sowie für „außereuropäische Gebiete, die zum Geltungsbereich der Europäischen Union gehören“ sowie für alle auf der Internationalen Versicherungskarte definierten Länder. Hier hängt der Umfang von der individuellen Police ab. Denn sind Länder auf der Versicherungskarte durchgestrichen oder werden Länder jenseits des europäischen Geltungsraums nicht genannt, dann besteht auch kein Schutz – in diesem Fall muss man an der Grenze eine sogenannte „Grenzversicherung“ abschließen.
  • Für Kfz-Kaskoschäden freilich fällt gemäß Bedingungen der Schutz durch Unruhen und Kriegsschäden komplett weg. Heißt es doch in den Musterbedingungen: „Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die durch Erdbeben, Kriegsereignisse, innere Unruhen oder Maßnahmen der Staatsgewalt unmittelbar oder mittelbar verursacht werden.“
  • Auch der Kfz-Unfallschutz ist begrenzt auf die Grenzen der EU und des europäischen Raumes, so dass schon viele Risikogebiete ausgeschlossen sind. Und auch hier ist in den Bedingungen definiert: "Kein Versicherungsschutz besteht bei Unfällen, die durch Erdbeben, Kriegsereignisse, innere Unruhen oder Maßnahmen der Staatsgewalt unmittelbar oder mittelbar verursacht werden.“

Konkret zeigen die Klauseln: zwar besteht durch viele Produkte ein Versicherungsschutz in Ländern, die durch eine Police erfasst werden. Allerdings nur für Schäden, die nicht im mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegsereignissen stehen. Der Nachweis könnte mitunter schwierig zu führen sein – eine durch den Krieg beschädigte Straße, die zu einem Kfz-Unfall führt, weist durchaus einen mittelbaren Zusammenhang des Schadens zum Kriegsgeschehen auf. Der Versicherer müsste dann beim Vorliegen einer entsprechenden Klausel nicht leisten. Gerade Menschen, die aktuell in Länder wie die Ukraine reisen, sollten dies beachten und die Versicherer auf eine Erweiterung des Versicherungsschutzes ansprechen.

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Vollkommen ausgeschlossen ist Versicherungsschutz, wenn man sich selbst am Krieg beteiligt. Schon die Teilnahme an einer Protestaktion könnte so ausgelegt werden (Versicherungsbote berichtete).

Krankenversicherungsschutz: unbedingt Lösungen suchen

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bietet grundsätzlich keinen umfassenden Schutz in Risikoländern. Dennoch gibt es Unterschiede – diese hängen davon ab, ob ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen zwischen einem Land und Deutschland geschlossen wurde.

Krankenversicherungsschutz in Ländern mit bilateralem Sozialversicherungsabkommen

Ein Beispiel für ein Land mit bilateralem Sozialversicherungsabkommen ist Israel. Das Abkommen ermöglicht deutschen Versicherten in Israel einen Anspruch auf bestimmte medizinische Leistungen. Der Versicherungsschutz ist mit jenem der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) vergleichbar: für eine bestimmte Zeit (90 Tage) wird geleistet für

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  • Notfallbehandlungen;
  • Medizinische Behandlungen, die aufgrund chronischer oder bestehender Erkrankungen notwendig sind;
  • Dialysen und Sauerstofftherapien;
  • Routine- und Notfallbehandlungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt;
  • Verschreibungspflichtige Medikamente und medizinische Hilfsmittel.

Wichtig ist jedoch: die EHIC-Karte gilt in Israel noch nicht. Um die Leistungen in Anspruch zu nehmen, müssen deutsche Versicherte eine Anspruchsbescheinigung (oft auch Auslandskrankenschein genannt) von ihrer deutschen Krankenkasse anfordern. Diese Bescheinigung erlaubt den Zugang zu notwendigen medizinischen Leistungen in Israel.

Zudem ist hier der Versicherungsschutz auch dennoch nicht ausreichend: der Versicherungsschutz deckt keine medizinischen Rücktransporte ab, obwohl diese enorme Kosten verschlingen können. Dies und die Beschränkung auf medizinisch notwendige Behandlungen machen einen zusätzlichen Schutz dringend empfehlenswert.

Krankenversicherungsschutz in Ländern ohne bilaterales Sozialversicherungsabkommen

Noch schwieriger ist es in Ländern ohne bilaterales Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland – als Beispiel kann die Ukraine genannt werden. Hier gilt Folgendes:

  • Da die Ukraine nicht zur EU gehört und kein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland hat, deckt die GKV nur sehr begrenzte Leistungen ab. Das bedeutet konkret: Für einen begrenzten Krankenversicherungsschutz in der Ukraine können Versicherte eine Anspruchsbescheinigung bei ihrer deutschen Krankenkasse anfordern. Diese Bescheinigung kann im Notfall den Zugang zu notwendigen medizinischen Leistungen erleichtern. Jedoch: Man muss selbst in Vorkasse gehen, Deckung und Rückerstattung erfolgen eingeschränkt und sind nicht garantiert​. Im Notfall sind Versicherte deswegen auf private Vorsorge angewiesen.
  • Auch PKV-Versicherte sollten ihre Versicherungspolice genau prüfen, um sicherzustellen, dass Reisen in Krisengebiete wie die Ukraine abgedeckt sind. Viele PKV-Policen schließen kriegerische Handlungen oder politische Unruhen explizit aus oder bieten nur eingeschränkten Schutz in solchen Situationen. Dann muss sich um zusätzlichen Krankenversicherungsschutz bemüht werden.
  • Für Risikoländer und Krisengebiete ist es dringend angeraten, eine private Krankenversicherung fürs Ausland abzuschließen. Wichtig aber ist, dass der Tarif auch passen muss. Denn keineswegs genügt hier eine normale Auslandskrankenversicherung – diese leistet zum einen nur für touristische Zwecke und schließt zum anderen viele Leistungen per Kriegsklausel aus.
  • Krankenversicherungen für Kriegsgebiete sind mit touristischen Angeboten nicht vergleichbar (Versicherungsbote berichtete). Dies gilt umso mehr, wenn Tätigkeiten abgesichert werden sollen, die mit erhöhtem Risiko verbunden sind – wie z.B. medizinische Hilfsdienste oder das Leisten humanitärer Hilfe unter gefährlichen Bedingungen.
  • Wer also ins Ausland geht, um zu helfen, sollte unbedingt Spezialtarife wählen, die solche Tätigkeiten abdecken. Empfehlenswert ist es, ganz gezielt bei den Anbietern nach Versicherungsschutz für die geplanten Tätigkeiten (humanitäre Hilfe, Begleitung eines Spenden-Konvois etc.) nachzufragen.
  • Auch sollten bestimmte Leistungen im Versicherungsschutz inbegriffen sein – medizinische Evakuierungen zum Beispiel und medizinische Rücktransporte. Denn beides kann enorme Summen verschlingen. Hier sollte demnach auch die Deckungssumme hoch genug sein.

ELEFAND: Gefunden werden in Risikoländern

Wer in Risikoländer reist, sollte sich und Mitreisende dringend ins Registrierungssystem ELEFAND (Elektronische Erfassung von Deutschen im Ausland) eintragen. Das System wurde entwickelt, um deutschen Staatsangehörigen im Ausland eine Möglichkeit zu bieten, Kontaktdaten und Aufenthaltsorte bei den zuständigen deutschen Auslandsvertretungen zu hinterlegen. Im Falle von Krisen oder Notfällen – wie Naturkatastrophen, politischen Unruhen oder anderen gefährlichen Situationen – können deutsche Behörden so schnell und gezielt Unterstützung leisten.

Die Möglichkeit der Registrierung ist nicht nur für kurze Aufenthalte möglich, sondern auch Auswanderer und Expats oder Studierende im Ausland können sich bei ELEFAND registrieren. Wichtig ist freilich, beim Umzug oder bei Rückkehr aus dem Ausland die Kontaktdaten zu aktualisieren.

Die Registrierung ist unkompliziert und online über die ELEFAND-Webseite möglich. Es wird empfohlen, sich vor der Abreise oder unmittelbar nach der Ankunft zu registrieren. Dabei werden grundlegende persönliche Daten sowie Kontaktdaten und Informationen zum Aufenthaltsort erfasst​.

Registrierte Personen erhalten aktuelle Informationen und können im Notfall schnell Unterstützung von der Botschaft oder dem Generalkonsulat erhalten. Dies umfasst auch organisatorische Hilfe wie Evakuierungen oder die Bereitstellung von Schutzräumen​. Eine Registrierung kann lebensrettend sein, da die Botschaften und Konsulate gezielte Informationen und Unterstützung bieten können.

Vorbereitung und Achtsamkeit: wer Gefahren kennt, kann sich besser vorbereiten

Informationen über das Reiseland sind ebenfalls hilfreich. Denn häufig gibt es bereits Erfahrungen mit Sicherheitsrisiken, die helfen können, diese Risiken zumindest zu reduzieren. Ein Beispiel für Mexiko:

  • So ist die Überfallgefahr in Mexiko bei Überlandfahrten nachts und abseits der mautpflichtigen Autobahnen sowie an unbelebten Raststätten und Tankstellen besonders hoch, informiert das auswärtige Amt. Aus diesen Grund soll man Aufenthalte in verlassenen Gegenden und Stadtvierteln oder auf leeren Parkplätzen meiden und Reisen so planen, dass man noch vor Einbruch der Dunkelheit sein Ziel erreicht. Zwischenstopps sollten auf das notwendige Minimum reduziert werden und angehalten werden sollte nur an belebten Rastplätzen und Tankstellen. Auch sollten wo immer möglich nur mautpflichtige Autobahnen (Cuota) genutzt werden.
  • Auch warnt das Auswärtige Amt: Unter Vorwänden z.B. eines Defekts oder mit der Bitte um Pannenhilfe werden Reisende zum Halten bewegt und dann überfallen. Zudem ist das Risiko sexueller Übergriffe in Mexiko groß. Frauen sollten insbesondere nachts und in einsamen Gebieten nie allein unterwegs sein.

Konkrete Informationen und genaue Kenntnisse vor Ort sind also oft entscheidend, um typische Gefahren oder riskante Verhaltensweisen zu vermeiden. Es ist daher wichtig, sich gründlich zu informieren. Dazu dienen die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sowie vertrauenswürdige Quellen – internationale Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen zum Beispiel, die umfassende Informationen sammeln.

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Auch spezialisierte Versicherer bieten wertvolle Hinweise für Reisen in Risikogebiete. In den letzten Jahren haben sich zudem hilfreiche Apps etabliert, die schnell Informationen vor Ort bereitstellen – beispielsweise interaktive Karten mit Echtzeitinformationen über Krisensituationen oder Warnapps bei Luftalarm. Vor einer Reise in Risikogebiete kann die Installation solcher Apps ein nützliches Instrument sein.

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