Studieren im Ausland: „Ein häufiger Fehler ist, nur auf die europäische Krankenversicherungskarte zu vertrauen"
Ein Auslandsstudium ermöglicht es, neue Kulturen zu erleben und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Doch neben der Vorfreude sollten sich Studierende frühzeitig mit der Planung befassen, insbesondere mit wichtigen Versicherungen. Ingo Trosiner, Vertriebsdirektor beim BDAE, erklärt im Interview mit dem Versicherungsbote die notwendigen Versicherungen und gibt Tipps zur richtigen Absicherung.
- Studieren im Ausland: „Ein häufiger Fehler ist, nur auf die europäische Krankenversicherungskarte zu vertrauen"
- „Studierende, die mit Vorerkrankungen ins Ausland gehen, sollten sich vorab gut informieren“
Versicherungsbote: Welche grundlegenden Versicherungen sollten Studierende, die ins Ausland gehen, unbedingt abschließen, und warum sind diese so wichtig?
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Ingo Trosiner: Generell ist immer die Frage, was man persönlich als wichtig beim Thema Absicherung erachtet und welche Kosten dafür entstehen. Die wohl wichtigste Versicherung für Studierende, die ins Ausland wollen, ist die Auslandskrankenversicherung, welche die Kosten für medizinische Behandlungen oder auch Krankenhausaufenthalte, die im Ausland anfallen können, abdeckt. Ohne eine solche Versicherung können die Behandlungskosten in vielen Ländern extrem hoch ausfallen und zu einer finanziellen Belastung führen. In manchen Fällen kann das bedeuten, dass sich Studierende für eine örtliche medizinischen Einrichtung anstatt für eine kostenintensivere Privatklink entscheiden zu müssen. Das kann sich qualitativ auf die Behandlung auswirken.
Die Auslandskrankenversicherung sollte neben der allgemeinen medizinischen Versorgung auch Rücktransportkosten im Krankheitsfall abdecken. Wichtig ist zu wissen, dass die klassische Reisekrankenversicherung nur für Urlaubsreisen gilt und nicht zu Zwecken eines Studiums. Ambulante Behandlungen, Zahnarztbesuche, Krankenhausaufenthalte, Arzneimittel, Behandlungen wegen Schwangerschaft und weiteres sind über eine Auslandskrankenversicherung abgedeckt.
Eine weitere und sehr wichtige Versicherung ist die private Haftpflichtversicherung. Diese kommt u. a. für Schäden auf, die Studierende Dritten zufügen. Im Ausland können Haftungsfragen komplizierter sein als in Deutschland; und die Kosten für Schadenersatzforderungen können erheblich sein. Eine Privathaftpflicht prüft zum einen, ob eine Haftung überhaupt vorliegt und wendet unberechtigte Ansprüche ab. Zum anderen übernimmt sie die Schadenszahlung, sofern eine Haftung besteht.
Vor Abschluss dieser Versicherung sollte geprüft werden, ob die oder der Studierende noch über die elterliche Haftpflichtversicherung mitversichert ist und diese auch für die Zeit während des Auslandsstudiums gültig ist. Wenn Studierende bereits über eine eigene Haftpflichtversicherung verfügen, ist zu beachten, dass diese zwar weltweit gültig ist, jedoch in den meisten Fällen nur, wenn die oder der Versicherte für den Zeitraum des Auslandsaufenthaltes weiterhin in Deutschland gemeldet ist. Sollte das nicht der Fall sein, sollte über den Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung fürs Ausland nachgedacht werden, die unter diesen Voraussetzungen Versicherungsschutz bietet.
Gleiches gilt beim Thema Unfallversicherung. Eine private Unfallversicherung bietet finanzielle Unterstützung nach Unfällen, die bleibende Schäden verursachen. Auch deckt sie häufig die Kosten für Rehabilitation oder Umbaumaßnahmen im Falle einer Behinderung ab. Dies ist besonders wichtig, da die medizinische Versorgung und Rehabilitation im Ausland oft sehr teuer sein können. Der Versicherungsschutz gilt sowohl für Unfälle in der Freizeit oder im Haushalt als auch für welche, die während des Studiums an der Uni eintreten. Sind Studierende bereits über einen deutschen Versicherer abgesichert, gilt hier das Gleiche wie in der Privathaftpflichtversicherung. Sie behält in der Regel nur ihre Gültigkeit, wenn man in Deutschland weiterhin gemeldet ist.
Das Thema Rechtsschutzversicherung wird gerne außen vorgelassen, gerade bei Studierenden. Bei der Überlegung, ob der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sinnvoll ist, ist der potentielle Bedarf im Ausland entscheidend. Der Verkehrsrechtsschutz ist in jedem Fall sinnvoll. Auch wenn man nicht unbedingt als Fahrzeugführerin oder Fahrzeugführer unterwegs ist, können ebenso Schadenersatzansprüche als Fußgänger oder Radfahrer entstehen, wenn man einen Verkehrsunfall verwickelt wird. Die Gesetzeslage ist in jedem Land unterschiedlich und kann Betroffene in finanzielle Schwierigkeiten bringen. In den USA gibt es beispielsweise für unser Verständnis oft absurd erscheinende Gesetze – insbesondere im Straßenverkehr. Der Strafrechtsschutz kann hier sehr wichtig sein, um vor den Kosten und Risiken einer strafrechtlichen Verfolgung abgesichert zu sein. Wie auch in der Privathaftpflicht- und Unfallversicherung können Rechtsschutzverträge, die in Deutschland bestehen, Ihre Gültigkeit verlieren, wenn Studierende ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben.
Wie unterscheiden sich die Versicherungsvorschriften und -angebote je nach Zielland? Gibt es Länder, in denen spezielle Versicherungen erforderlich sind?
Die Versicherungsvorschriften und -angebote können je nach Zielland erheblich variieren. In einigen Ländern wie den USA oder Australien sind bestimmte Versicherungen obligatorisch, um ein Studentenvisum zu erhalten. In diesen Fällen müssen Studierende nachweisen, dass sie über eine ausreichende Krankenversicherung verfügen, die diese Anforderungen erfüllt.
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In europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien sind die Vorschriften oft weniger strikt, aber dennoch sollten sich Studierende für eine umfassende Krankenversicherung entscheiden, da die nationalen Gesundheitssysteme möglicherweise nicht alle Kosten für ausländische Studierende übernehmen.
„Studierende, die mit Vorerkrankungen ins Ausland gehen, sollten sich vorab gut informieren“
Worauf sollten Studierende bei der Auswahl ihrer Auslandskrankenversicherung besonders achten?
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Die Auslandskrankenversicherung spielt eine zentrale Rolle bei der Absicherung von gesundheitlichen Schadenfällen im Ausland. Sie sollte nicht nur die grundlegenden medizinischen Kosten abdecken, sondern auch Leistungen wie Zahnbehandlungen, Medikamente und Rücktransporte im Krankheitsfall beinhalten. Bei der Auswahl der Versicherung sollten Studierende auf folgende Punkte achten: Die Versicherung sollte eine ausreichend hohe Deckungssumme bieten, um auch teure Behandlungen zu übernehmen. Sie sollte im gesamten Aufenthaltsland gültig sein und idealerweise auch Reisen in Nachbarländer abdecken. Zusatzleistungen wie eine Notfall-Hotline oder die Kostenübernahme für ambulante und stationäre Behandlungen sollten inkludiert sein.
Studierende mit eventuellen Vorerkrankungen, die eine private Auslandskrankenversicherung abschließen wollen, müssen damit rechnen, dass anfallende Behandlungskosten für diese Erkrankungen nicht getragen werden. Daher muss vorab genau geschaut werden, was in den entsprechenden Versicherungsleistungen abgedeckt wird. Auch die vom DAAD oder einzelnen Hochschulen angebotenen günstigen Gruppenversicherungen für Studierende, die meist auch eine Unfall- und Privathaftpflichtversicherung beinhalten, schließen einige Versicherungsfälle, die vor Versicherungsbeginn eingetreten sind, aus.
Inwieweit decken deutsche Versicherungen mögliche Risiken im Ausland ab, und wann ist es sinnvoll, eine lokale Versicherung im Zielland abzuschließen?
Gesetzlich krankenversicherte Studierende sind bis zum 25. Lebensjahr bei ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten mitversichert und haben in dem Land, in dem sie sich befinden, Anspruch auf gesetzliche Leistungen. Aber Vorsicht: Grundsätzlich erhält man nur die Leistungen, die im jeweiligen Zielland von der dortigen gesetzlichen Kasse zur Verfügung stehen. Die Behandlungen müssen zudem „nicht aufschiebbar sein“. Lässt man sich im Ausland privat behandeln – was der Regelfall ist – übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung nur die Kosten, die bei einer gleichen Behandlung in Deutschland entstehen würden.
Zudem greift grundsätzlich der heimische Versicherungsschutz nur innerhalb der EU, dem EWR und der Schweiz sowie in den Ländern, die mit Deutschland ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen haben. Durch eine Anspruchsbescheinigung der Krankenkasse muss häufig dieser Versicherungsschutz im Gastland nachgewiesen werden. Zudem ist der Versicherungsschutz in der Regel zeitlich begrenzt. Daher ist der Abschluss einer zusätzlichen Auslandskrankenversicherung meist unumgänglich, um eine Kostenübernahme zu gewährleisten, die über die gesetzliche Krankenversicherung hinaus geht.
In einigen Fällen kann es erforderlich sein, zusätzlich eine lokale Versicherung im Zielland abzuschließen, die speziell auf die dortigen Gegebenheiten und Anforderungen zugeschnitten ist. Hier empfiehlt es sich, mit der Hochschule des Gastlandes zu sprechen. Sollte jedoch etwas passieren, was einen Rücktransport nach Deutschland bedeutet, wird die lokale Versicherung dies nicht beinhalten.
Was sind typische Fehler, die Studierende bei der Absicherung im Ausland machen, und wie können diese vermieden werden?
Ein häufiger Fehler ist, nur auf die europäische Krankenversicherungskarte zu vertrauen. Diese deckt, wie schon erwähnt, jedoch nur die medizinische Grundversorgung in EU-Ländern ab und ist keine vollständige Krankenversicherung. Ein Krankenrücktransport ist beispielsweise nicht inbegriffen. Für zusätzlich anfallende Kosten für medizinische Leistungen oder einen notwendigen Rücktransport ins Heimatland, sollte man zusätzlich zur gesetzlichen Krankenversicherung eine private Zusatzversicherung abschließen. Studierende müssen sich auch darauf einstellen, dass medizinische Leistungen oft sofort bar beglichen werden müssen. Hier schließt sich dann häufig eine komplizierte Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung an.
Studierende, die mit Vorerkrankungen ins Ausland gehen, sollten sich vorab gut informieren, welche Auslandskrankenversicherung für Leistungen aufkommt, die im Zusammenhang mit der entsprechenden Vorerkrankung (Behinderung, chronische Erkrankung etc.) stehen. Der BDAE bietet beispielsweise mit dem EXPAT INIFINTY ein Produkt, das diese mit absichert. Neben einem Produkt speziell für Studierende und Auszubildende kann dies die teurere, aber im Fall von Vorerkrankungen, optimale Lösung sein.
Das Fehlen eines entsprechenden Haftpflichtversicherungsschutzes kann im Schadenfall auch sehr kostspielig sein. Viele Studierende gehen davon aus, dass ihnen im Ausland nichts passieren wird bzw. man vorsichtig ist und schon keinen Schaden verursacht. Doch gerade in fremden Ländern kann es leicht zu Missverständnissen und Unfällen kommen, so dass zumindest der passive Rechtsschutz im Rahmen der Privathaftpflicht sehr wichtig ist.
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Um diese Fehler zu vermeiden, sollten sich Studierende frühzeitig über die Anforderungen sowie Angebote informieren und gegebenenfalls professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Es ist ratsam, eine umfassende Versicherung abzuschließen, die alle relevanten Risiken abdeckt und auf die spezifischen Bedingungen des Ziellandes zugeschnitten ist. Mit der richtigen Absicherung können Studierende ihr Auslandsstudium unbeschwert genießen und sich auf das Wesentliche konzentrieren: neue Erfahrungen sammeln und ihr Studium erfolgreich abschließen.
- Studieren im Ausland: „Ein häufiger Fehler ist, nur auf die europäische Krankenversicherungskarte zu vertrauen"
- „Studierende, die mit Vorerkrankungen ins Ausland gehen, sollten sich vorab gut informieren“