Finanztest warnt vor Indexpolicen
Das Fazit eines aktuellen Indexpolicen-Tests fällt deutlich aus: Verbraucherschützer raten „dringend ab“. Die Produkte seien zu intransparent und zu teuer. Versicherungsbote über eine Produktkategorie, die als Hoffnung in Zeiten des Niedrigzins galt.
- Finanztest warnt vor Indexpolicen
- Marktführer: Nur bei 37 von hundert Zeiträumen keine Nullrunde
Es klingt wie die Quadratur des Kreises: Verbraucher sollen ein Vorsorgeprodukt erwerben können, das sicher ist wie eine Lebensversicherung, zugleich aber Gewinnchancen durch Partizipation an einen Börsenindex verspricht. 2007 wurde das erste Produkt dieser Art eingeführt – die Police Index Select der Allianz. Damals schien die Indexpolice nur eine Nische zu bedienen gegenüber klassischen Zinsprodukten – zum Jahresende 2007 lag der EZB-Leitzins bei 4,00 Prozent. Die goldene Zeit der Indexpolicen aber kam mit dem Niedrigzins.
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Denn als mit dem Zinsniveau auch der Höchstrechnungszins in den Keller ging und Versicherer unter alten Zinsgarantien ächzten, waren es Produkte wie die Indexpolice, die noch Neugeschäft versprachen. Somit wuchs auch die Zahl der Anbieter mit der Zeit auf achtzehn Unternehmen.
Von Beginn an aber sahen sich die Produkte auch dem Dauerbeschuss von Verbraucherschützern ausgesetzt. Nun ist ein Höhepunkt der Auseinandersetzung um die Produkte erreicht: In seinem Heft 08/2024 warnt Finanztest – das Finanzportal der Stiftung Warentest – explizit vor der gesamten Produktkategorie.
Nun warnt Finanztest explizit vor den Produkten
Grund dafür ist ein Test, bei dem Produkte von zwölf Anbietern untersucht wurden. So wurden Simulationsrechnungen angestellt für einen Zeitraum vom 27. Februar 2015 bis 31. Mai 2024. Zugrunde lagen Börsenkursverläufe aus 100 monatlich rollierenden Einjahreszeiträumen – die vielen Zeiträume haben mit der Komplexität der Produkte zu tun. Denn bei Berechnung der Renditen gilt jeder Monat als abgeschlossene Periode; für die Endsumme jedoch zählt die Summe aller zwölf Monatsrenditen gemäß eines komplizierten "Cap"-Verfahrens. Durch Aufsummieren der monatlichen Renditewerte ergibt sich der maßgebende Jahresendwert.
Besonders mit Blick auf die hohen Kosten lohnen sich aber die Produkte laut den Testern nicht. Bei zwei Tarifen gab es in 65 Prozent der untersuchten Jahreszeiträume gar keine Renditegutschrift, bei anderen Tarifen waren die Gutschriften minimal. Dies konnte sogar bei guten Börsenjahren zutreffen, als der Index selber kräftig zulegte. Das Fazit der Tester: „Indexpolicen sind lediglich für die Anbieter ein gutes Geschäft. Wir raten Verbraucherinnen und Verbraucher dringend davon ab, sie für ihre private Altersvorsorge zu nutzen.”
Kritikpunkt eins: Mogelpackung?
Ein regelmäßiger Kritikpunkt der Verbraucherschützer bezieht sich auf den Eindruck für Verbraucher, man würde an einem Index partizipieren. Das aber ist keineswegs der Fall oder ist nur sehr indirekt der Fall. Denn Indexpolicen sind hoch komplexe Finanzprodukte, wobei unter der Komplexität vor allem eines leidet: die Transparenz.
- So werden Beiträge und Guthaben bei Indexpolicen ebenfalls – wie bei Produkten der „Klassik“ — fast vollständig im konservativ gehandhabten Sicherungsvermögen angelegt. Die Gelder dürfen durch einen hohen Anteil festverzinslicher Wertpapiere dadurch zwar als „sicher“ gelten. Die Rendite aber ist – wie bei klassischen Leben-Produkten auch – stark vom aktuellen Zinsniveau abhängig. Investiert an der Börse hingegen werden nur die Überschüsse aus der Anlage im Sicherungsvermögen.
- Doch damit nicht genug. Denn keineswegs finden direkte Investments in den Index statt. Stattdessen sind komplizierte Options- und Hebelgeschäfte nötig, um die Sicherheit der überschüssigen Gelder zu garantieren – weswegen der Versicherer gegen Gebühr Risiken auslagert und einen Partner auf die Entwicklung eines Index „wetten“ lässt.
In Zeiten von Null- und Minuszinsen konnte man diese Komplexität noch gut als Vorteil der Produkte bewerten. Denn wenngleich Indexpolicen – schon aufgrund ihrer Kompliziertheit – teuer sind, schien zumindest ein Weg gefunden, die direkte Abhängigkeit der Renditen vom Zinsniveau zu schmälern. Nun aber, da sich die Zinsverhältnisse wieder normalisiert haben, geraten die Produkte in Rechtfertigungsdruck.
Mehr noch: Finanztest vermutet sogar, die Kompliziertheit diene auch dazu, den wahren Charakter der Produkte zu verschleiern. Bediene man sich mit der Behauptung, die Kunden könnten an einem Index partizipieren, doch eines "möglicherweise einkalkulierten Missverständnisses". Freilich hatte eine andere Institution des Verbraucherschutzes – die Verbraucherzentrale – mit diesem Vorwurf vor Gericht keinen Erfolg (Versicherungsbote berichtete).
Kritikpunkt zwei: Renditebeschränkung mit hohen Kosten
Für die Sicherheit der Produkte nehmen die Verbraucher eine Deckelung ihrer Renditen in Kauf. Dies wird anschaulich an einem Beispiel: Im Jahr 2018 hatte der DAX – der Aktienindex der 30 umsatzstärksten deutschen Unternehmen, die an der Frankfurter Börse gelisteten sind – über 16 Prozent an Wert verloren. Bei einem Direktinvestment in den Dax hätte ein Anleger folglich Verluste in Höhe dieser 16 Prozent erlitten. Anders jedoch ergeht es dem Inhaber einer Indexpolice: Fällt die Jahresrendite des Index negativ aus und ergibt einen Verlust, wird sie im Regelfall auf Null gesetzt: Die eingezahlten Gelder (abzüglich der Kosten) sind somit garantiert.
Die Garantie für eingezahlte Gelder „bezahlen" die Kunden durch Deckelung der Rendite bei positiver Entwicklung des Index-Wertes. Die gängigste Begrenzung geschieht durch „Kappen“ positiver Renditen – und damit der Gewinne – bei einer absolute Obergrenze, dem sogenannten „Cap“. Die Obergrenzen werden jährlich durch die Versicherer neu bestimmt und bilden aus Verbraucherschutz-Perspektive recht "unsichere" Größen. So kann zum Beispiel die Rendite bei drei Prozent gedeckelt werden – mehr als drei Prozent auf das Vertragsguthaben sind für den Kunden in diesem Fall nicht drin (und zwar selbst dann nicht, wenn sich ein Index wesentlich besser entwickelt).
Kompliziert wird es aber, weil die meisten Produkte den Renditewert eines Jahres nach rollierenden Monatsperioden berechnen: Jeder Monat gilt als abgeschlossene Periode bei Berechnung der Jahresrendite, der Cap deckelt monatliche Renditewerte statt Jahreswerte. Allerdings greift bei monatlichen Berechnungen noch nicht die Garantie – negative Monatswerte gehen also mit der vollen Last bei Berechnung der Jahresrendite ein, der komplette negative Wert wird dem Jahresendwert angerechnet. Es gibt also keine "Deckelung nach unten" für schlechte Monatswerte.
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Erst, wenn die Jahresrendite, die auf diese Weise berechnet wurde, negativ ist, greift die "Nullrunden-Garanie": Fällt die Jahresrendite negativ aus, wird sie auf null gesetzt – und das Vertragsguthaben des Kunden „bleibt“ auf dem alten Stand erhalten. Dann gibt es zumindest keinen Verlust. Bei positiver Rendite hingegen errechnet sich der Betrag aus dem, was nach dem monatlichen "Kappen" der Renditewerte übrig bleibt, multipliziert mit dem bisherigen Vertragsguthaben des Kunden. Gewinne, die über den Cap hinaus gehen, dienen der Absicherung – und gehen folglich an den Bankpartner des Versicherers für die Optionsgeschäfte.
Marktführer: Nur bei 37 von hundert Zeiträumen keine Nullrunde
Die monatliche Berechnungsmethode ist nun laut Finanztest so ungünstig gewählt, dass selbst in guten Börsenjahren eine Nullrunde herauskommen kann. Denn im schlechten Fall können zwei oder drei sehr schlechte Börsenmonate schon dazu führen, dass die jährliche Gesamtwertentwicklung negativ ausfällt – sogar, wenn die übrigen Monate jeweils positive Renditen vorweisen. Demgemäß hätte es beim Marktführer Index Select nur in 37 der simulierten 100 Einjahreszeiträume eine Rendite über null gegeben, 63 Mal hingegen gar nichts. Zudem war die Rendite mit 1,64 Prozent im Durchschnitt vergleichsweise niedrig.
Immerhin: bei weiteren getesteten Produkte gab es zumindest einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Rendite des Index und der Rendite der Indexbeteiligung des Kunden, führen die Tester aus. Zumindest ist hier eine Abhängigkeit der Jahresrenditen von den Jahresergebnissen der Indices deutlicher zu erkennen. Zudem muss ergänzt werden, dass manche Anbieter auch alternative Berechnungsmethoden anbieten – zum Beispiel jährlichen Partizipations- bzw. Beteiligungsquoten, bei denen wirklich mit jährlichen Renditen gerechnet wird.
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Sichere Verzinsung wäre ebenfalls gering
Aber ist die sichere Verzinsung eine bessere Lösung? Denn zum Erfolg der Indexpolicen trug in der Vergangenheit bei, dass sie den Kunden eine Wahl lassen: Vor Beginn eines jeden Indexjahres darf der Versicherungsnehmer wählen zwischen einer Indexpartizipation oder einer sogenannten „sicheren Verzinsung“ aus der Überschussbeteiligung. Auch diese Wahlmöglichkeit, die mittlerweile Standard vieler Produkte ist, lässt Indexpolicen als Mischprodukt aus konventionellen und neuen Prinzipien der Lebensversicherung erscheinen.
Aber auch bei der sicheren Verzinsung sind die Zinsen aus Sicht der Tester gering und können die hohen Kosten schwer aufwiegen. Denn garantierte Vertragsguthaben bedeuten nicht, dass man als Kunde keinen Verlust macht: Nur ein Teil der eingezahlten Gelder fließt in das garantierte Guthaben, ein anderer Teil bedient ausschließlich die Kosten. Die Kosten jedoch sind so hoch, dass gerade in den ersten Jahren der Kunde mehr einzahlt, als er herausbekommt.
ETF-Sparpläne meist mit besseren Renditen
Und hier kommt ein Aspekt langjähriger Geldanlagen ins Spiel, der die teuren Garantien des komplexen Finanzprodukts "Indexpolice" nachteilig erscheinen lässt. Denn zwar können – wie das Beispiel 2018 zeigt – schlechte Jahre auch für Anleger-Verluste sorgen; in solchen Fällen wirken Indexpolicen durchaus wie eine gute Wahl. Bei der Vorsorge geht es aber um langfristige Zeithorizonte.
Und auf lange Sicht aber sind andere Geldanlagen die bessere Wahl, wie Berechnungen immer wieder zeigen. So erhält man laut Finanztest bei Investitionen am internationalen Aktienmarkt im Schnitt meist über 7 Prozent Rendite pro Jahr, manchmal auch deutlich mehr. Solche Renditen, die mit breit gestreuten Fondsprodukten oder ETF-Sparplänen drin sind, lassen die Renditen von Indexpolicen alt aussehen.
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Doch auch fondsgebundene Rentenversicherungen scheinen für die Verbraucherschützer eine bessere Alternative zu sein – zumindest einige als leistungsfähig getestete Tarife. Denn zu bedenken ist: Ein ETF-Sparplan oder eine Geldanlage in Fonds beinhaltet keinen Hinterbliebenenschutz. Wer also auch die Hinterbliebenen absichern will, muss sich nach anderen Produkten umsehen. Der Indexpolicen-Test und weitere Informationen sind kostenpflichtig auf der Webseite der Stiftung Warentest verfügbar.
- Finanztest warnt vor Indexpolicen
- Marktführer: Nur bei 37 von hundert Zeiträumen keine Nullrunde