Fast die Hälfte der Berufstätigen (43 Prozent) in Deutschland fühlt sich im Job häufig starkem Druck und hohen Belastungen ausgesetzt. Rund 15 Prozent stehen sogar sehr häufig unter Stress – bei erwerbstätigen Frauen sind es sogar 20 Prozent. Dies geht aus einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse hervor.

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Die Hauptursachen für diesen Stress sind nicht primär Konflikte mit Vorgesetzten oder ständige Mehrarbeit, sondern die hohen Anforderungen, die die Betroffenen an sich selbst stellen. Zwei Drittel der Erwerbstätigen (65 Prozent) fühlen sich durch den eigenen Perfektionismus unter Druck gesetzt. Ein fast ebenso großer Stressfaktor ist der Zeitdruck im Arbeitsalltag (62 Prozent). Erwartungshaltungen anderer folgen mit deutlichem Abstand (40 Prozent).

Etwa ein Drittel der Berufstätigen leidet unter zu vielen Überstunden (36 Prozent) oder hohen Leistungsanforderungen (32 Prozent). Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie ein zu geringes Gehalt belasten jeweils rund 27 bzw. 23 Prozent der Erwerbstätigen. Schlechte Stimmung im Team, Mobbing oder Kontrolle durch Vorgesetzte sind ebenfalls signifikante Stressquellen (21 bzw. 19 Prozent).

Laut der Umfrage ist gut jeder vierte Erwerbstätige (28 Prozent) aufgrund von Stress und Belastungen im Beruf schon einmal ausgefallen. Die KKH-Daten zeigen einen Anstieg der Fehltage wegen stressbedingter psychischer Leiden: Im ersten Halbjahr 2024 kamen 109 Fehltage auf 100 ganzjährig versicherte Mitglieder – ein Anstieg gegenüber den Vorjahren. Fehltage wegen depressiver Episoden stiegen von 89 auf 102 Tage pro 100 Versicherte im Fünfjahresvergleich. Auch die Fehltage wegen Burnout sind seit 2022 auf hohem Niveau (elf Tage pro 100 Erwerbstätige).

Antje Judick, Arbeitspsychologin der KKH, betont, dass Stress sehr individuell wahrgenommen wird und stark von der eigenen Einstellung abhängt. Dies bietet Potenzial für Verbesserungen ohne direkte Veränderungen im Job. Allerdings sind auch externe Faktoren wie der gesellschaftliche Druck und die ständige Erreichbarkeit per Smartphone nicht zu vernachlässigen.

Frauen sind laut der Umfrage häufiger und stärker gestresst als Männer, was auf die Doppelbelastung von Beruf und Familie zurückzuführen ist. Frauen leiden häufiger an stressbedingten psychischen Erkrankungen wie Anpassungsstörungen und Depressionen, während Männer häufiger beruflichen Stress erleben.

Burnout ist ein schleichender Prozess, der mit Hochleistungsphasen beginnt und in Erschöpfung und psychischen Erkrankungen enden kann. Frühzeitige Erkennung und Maßnahmen zur Stressbewältigung sind daher essenziell.

Die vollständigen Ergebnisse der forsa-Umfrage und die Daten der KKH zeigen deutlich, dass Stress und psychische Belastungen ein ernstes Problem in der Arbeitswelt sind und dringend angegangen werden müssen, um langfristige gesundheitliche Schäden zu vermeiden.

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Über die Studie:
Das Meinungsforschungsinstitut forsa hat im Auftrag der KKH vom 1. bis 8. Juli 2024 deutschlandweit 1.001 Erwerbstätige im Alter von 18 bis 70 Jahren telefonisch repräsentativ befragt.
Ausgewertet wurde darüber hinaus die Zahl der Kalendertage mit ärztlichem Attest von pflichtversicherten und freiwillig versicherten Mitgliedern der KKH Kaufmännische Krankenkasse mit Krankengeldanspruch, neu für das erste Halbjahr 2024 – ohne Arbeitslose und Rentner. Genannt sind die Fehltage pro 100 Versichertenjahre, also pro 100 Mitglieder, die im gesamten jeweiligen Auswertungszeitraum (Halbjahr/Jahr) bei der KKH versichert waren.