Das Vertrauen in die gesetzliche Rente in Deutschland ist erschüttert. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) betrachten 71 Prozent der Befragten die gesetzliche Rente nicht als ausreichend, um vor Altersarmut zu schützen. Vorherrschende Gefühle im Zusammenhang mit dem Thema Rente sind Sorge (52 Prozent), Enttäuschung (42 Prozent) und Wut (33 Prozent), während positive Gefühle wie Freude (12 Prozent), Zuversicht (12 Prozent) und Vertrauen (9 Prozent) deutlich seltener vorkommen.

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Die von der Bundesregierung geplante Erhöhung der Rentenbeiträge wird mehrheitlich abgelehnt (49 Prozent), nur 31 Prozent unterstützen sie. Erstmals gibt es eine Mehrheit gegen die abschlagsfreie Frührente (‚Rente mit 63‘) für besonders langjährig Versicherte. INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben kommentiert: „Diese Ergebnisse verdeutlichen die wachsende Skepsis gegenüber der staatlichen Altersvorsorge und die dringende Notwendigkeit für Reformen.“

In allen Altersgruppen wird die Rente als nicht ausreichend angesehen, um vor Altersarmut zu schützen, am stärksten bei den 30- bis 39-Jährigen (78 Prozent) und am wenigsten bei den Älteren (65+) mit 62 Prozent. Knapp 38 Prozent der Befragten sehen sowohl die Älteren als auch die Jüngeren als Leidtragende der Überalterung, während knapp 25 Prozent eher die Jüngeren und fast 20 Prozent die Älteren als benachteiligt ansehen.

Das geplante Rentenpaket II wird überwiegend kritisch gesehen, insbesondere die Anhebung der Rentenbeiträge. Der FDP-Vorschlag für einen schuldenfinanzierten Staatsfonds zur Unterstützung des Rentensystems („Generationenkapital“) findet gemischte Reaktionen: Knapp 40 Prozent sind dafür, 38 Prozent dagegen.

Warum ‚Rente mit 63‘ in dieser Umfrage keine Mehrheit findet

Erstmals gibt es eine Mehrheit gegen die ‚Rente mit 63‘. Damit unterscheidet sich dieses Umfrage-Ergebnis deutlich von anderen. So kam erst kürzlich eine Civey-Umfrage im Auftrag des VdK zu dem Ergebnis, dass eine Mehrheit der Deutschen die ‚Rente mit 63‘ gutheißt (Versicherungsbote berichtete).
In dieser Umfrage sehen 64 Prozent der Befragten die abschlagsfreie Frührente kritisch. Eine mögliche Erklärung liefert INSM gleich mit: Es sei nicht der Begriff ‚Rente mit 63’ abgefragt worden, sondern dessen Beschreibung: „Wie bewerten Sie, dass die abschlagsfreie Frührente aktuell dadurch ermöglicht wird, dass alle Beitragszahler etwas höhere Beiträge bezahlen und Rentner etwas geringere Renten erhalten?“

Im Bereich der privaten Altersvorsorge würden 34 Prozent der Befragten mehr privat vorsorgen, wenn es staatliche Zuschüsse gäbe, 30 Prozent bei Selbstbestimmung über die Geldanlage und 25 Prozent bei Erleichterungen beim Erwerb von Immobilien.
INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben betont die Notwendigkeit umfassender Reformen im deutschen Rentensystem: „Das Rentenpaket II darf auf keinen Fall beschlossen werden. Die wachsende Unzufriedenheit und das schwindende Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge sind klare Signale an die Politik, neue Wege zu gehen.“

Die Studien-Ergebnisse stützen auch Ergebnisse der HDI-Rentner-Studie. Die kam u.a. zu dem Ergebnis, dass viele Rentner ihr Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung bereuen und sich wünschen, mehr privat vorgesorgt zu haben.

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Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) versteht sich als überparteiliches Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Finanziert wird sie von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie. Das sorgt auch für Kritik, weil die Unabhängigkeit angezweifelt wird. Die Vertretung neoliberaler Positionen und die Förderung von Sozialabbau werden der INSM ebenfalls vorgeworfen.