Nicht nur die Versicherungsbranche kämpft um jeden Mitarbeiter. Welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach am meisten zum aktuellen Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche bei?

Anzeige

Robert Buchberger: Die Baby-Boomer gehen in Pension und damit ist jetzt und auf Sicht der Verlust eines erheblichen Anteils an Knowhow zu erwarten. Außerdem hat man in den letzten 20 Jahren im großen Stil ältere Arbeitnehmer in den Vorruhestand geschickt, während gleichzeitig die Zahl der Auszubildenden um rund 30% gesunken ist. So ging die Schere auf.

Wie könnte die Versicherungsbranche für junge Talente attraktiver gestaltet werden, um dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken?

Sten Nahrgang: Viele Häuser arbeiten bereits intensiv am Employer Branding, kommunizieren zu flexiblen Arbeitszeitmodellen und bieten attraktive Vergütungen und Zusatzleistungen. Hier muss sich die Versicherungswirtschaft nicht verstecken. Hilfreich wäre, eine stärkere Präsenz in den Social Media zu zeigen und die spannenden und vielfältigen Aspekte unserer Branche zu transportieren.

Wie sehen Sie die aktuellen Karrierewege innerhalb der Versicherungsbranche? Müssen diese attraktiver und transparenter gestaltet werden, um Fachkräfte zu halten?

Robert Buchberger: Klare Karrierewege gerade in der Fachlichkeit helfen auf jeden Fall, verbunden mit Weiterbildungs- und Entwicklungsprogrammen. Durchlässigkeit in der Entwicklung von Mitarbeitern zwischen Unternehmensbereichen sowie die Förderung von interner Wechselbereitschaft sind wichtig, hier sind die größeren Gesellschaften wohl im Vorteil.


Wie wichtig ist es, erfahrene Fachkräfte im Ruhestand oder Vorruhestand zurückzugewinnen, um den Fachkräftemangel zu adressieren? Welche Anreize könnten hier besonders wirksam sein?

Robert Buchberger: Erfahrene Fachkräfte haben in der Regel eine klare Vorstellung davon, wo ihre Expertise maximal Nutzen stiftet und welche Tätigkeiten weniger wertschöpfend und idealerweise automatisierbar sind. Wissensweitergabe, selbstbestimmte Zeitgestaltung und nicht allzu lange Laufzeiten sind u.E. gute Anreize, ohne den attraktiven Zuverdienst zu vergessen.

Es gibt bereits mehrere Plattformen, die Experten vermitteln, auch wenn sie nicht branchenspezifisch sind. Warum glauben Sie, dass die Versicherungsbranche eine spezialisierte Plattform benötigt?

Sten Nahrgang: Beide Formen haben ihren Platz, sowohl die quantitativ-generalistische Plattform als auch der Spezialist mit spitzem Fokus. Der Bedarf einer spezialisierten Plattform ist sicher nicht einzig für die Versicherungsbranche, aber bisher bietet sie eben keiner. Hier setzen wir an.


Sie streben an, von Anfang an Marktführer zu sein. Welche konkreten Strategien setzen Sie ein, um dieses Ziel zu erreichen, und wie wollen Sie gegen etablierte Plattformen bestehen?

Robert Buchberger: Wir sehen uns nicht im Wettbewerb zu den etablierten Plattformen, sondern als Ergänzung speziell in der Versicherungsexpertise. Wir glauben, dass wir durch unsere persönlichen und belastbaren Netzwerke und die Zugänge zu Wissenschaft und Berufsverbänden in Verbindung mit einer modernen Plattform mit hoher Automatisierung rasch unser Ziel erreichen können. Von der Kundenseite gibt es auch sehr ermutigende Signale.


Wie stellen Sie sicher, dass die von Ihnen vermittelten Experten tatsächlich die notwendige Qualifikation und Erfahrung haben, um den hohen Anforderungen in der Versicherungsbranche gerecht zu werden?

Sten Nahrgang: Wir kennen unsere Experten persönlich und überprüfen nach der Registrierung alle Angaben. Verprobte Erfahrungen und Netzwerkempfehlungen sind Schlüsselkriterien. Und dann ist da noch der Kunde: Auftraggeber haben auf der Plattform die Möglichkeit, eine Bewertung des Experten abzugeben.



Die erste Kontaktaufnahme zwischen Versicherer und Experte erfolgt anonym. Wie gewährleisten Sie, dass beide Parteien Vertrauen in den Prozess haben und bereit sind, weiter zusammenzuarbeiten?

Sten Nahrgang: Das Einstiegsprinzip für die Parteien ist die Suche nach bzw. das Angebot von Kompetenzen. Erst wenn für beide Seiten die Rahmenbedingungen passen, werden die Teilnehmer „sichtbar“. Zu diesem Zeitpunkt könnte das „Nasenprinzip“ noch zum Abbruch führen. Gerade dadurch schaffen wir Vertrauen, dass einerseits der Experte selbst entscheiden kann, ob er sich einem möglichen Auftraggeber gegenüber offenbart und andererseits der Auftraggeber selbst entscheidet, welchem (dann noch anonymen) Experten gegenüber er seinen Bedarf formuliert.



Sie planen, in zwei bis drei Jahren 400 bis 500 Experten an Bord zu haben. Welche Herausforderungen sehen Sie auf dem Weg dorthin, und wie wollen Sie sicherstellen, dass die Plattform nachhaltig wächst?

Robert Buchberger: Die größte Herausforderung liegt darin, ein ausreichendes Angebot an Experten in allen Wertschöpfungsbereiche zu haben. Die Gesamtzahl werden wir allemal schaffen, die Balance wird spannend. Und: Auch unsere Experten hören irgendwann auf und müssen ersetzt werden.

Sie wollen sich zunächst auf Manager im Ruhestand, Vorruheständler und andere Spezialisten fokussieren. In anderen Branchen hat sich das Arbeiten mit Freelancern bereits seit Jahren etabliert. Wie passt das zusammen?

Sten Nahrgang: Das passt bestens zusammen. Freelance-Tätigkeiten sind im Markt etabliert und viele unserer Experten arbeiten bereits auf dieser Basis. Und für (Vor-) Ruheständler ist es leicht zu implementieren und hat keinen Einfluss auf die Rentenhöhe. Unser Angebot richtet sich natürlich nicht nur an Manager, sondern auch an alle Mitarbeiter mit längerer Erfahrung.

Warum könnte hier eine Öffnung für jüngere Spitzenkräfte der Versicherungswirtschaft sinnvoll sein?

Robert Buchberger: Diese Öffnung ist allemal sinnvoll und wird von uns auch so gewünscht und betrieben. Von einem Experten erwarten wir ein Minimum von 5 Jahren in einer Spezialisierung, das kann man problemlos schon in jüngeren Jahren erreichen.