Die Bundesregierung plant aktuell, die Straßenverkehrsordnung mit einem Ordnungsentwurf derart zu ändern, dass E-Scooter Fahrrädern gleichgestellt werden. Zukünftig dürften sie dann auch Gehwege und Fußgängerzonen befahren, wenn diese entsprechend für Fahrräder freigegeben sind. Doch das alarmiert den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er warnt in einer Pressemitteilung vor steigenden Unfallgefahren für Fußgänger, wenn die Änderungen wie geplant umgesetzt werden.

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“E-Scooter dürfen aktuell nur auf Radwegen oder auf der Straße fahren. Auf Gehwegen sind sie so gut wie immer und überall verboten. Wenn die Bundesregierung dieses Verbot jetzt aufweicht, macht sie die Städte für Fußgänger deutlich unsicherer und gefährdet gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV.

Gesetzgeber setzt "völlig falsches Signal"

Mit der geplanten Änderung setze der Gesetzgeber „ein völlig falsches Signal“, positioniert sich Käfer-Rohrbach. Schon die Freigabe der Fußgängerflächen für Fahrräder bedeute eine erhöhte Gefahr für Unfälle, wie die Verbandsfunktionärin mit Verweis auf eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) berichtet. Von den 89.042 Unfällen zwischen Radfahrern und Fußgängern im Jahr 2020 ereigneten sich demnach knapp die Hälfte (46 Prozent) auf Flächen, die Fußgänger und Radfahrer gemeinsam nutzen dürfen. „Rad- und Gehwege sollten strikt getrennt sein. Besser wäre es, die Ausnahmen auch für Fahrräder abzuschaffen, anstatt das Problem mit E-Scootern noch zu verschärfen“, so Käfer-Rohrbach.

Schon heute werden E-Scooter vielfach illegal auf Gehwegen genutzt und verursachen dabei immer wieder Unfälle mit Fußgängern, berichtet die Funktionärin. Eine besondere Gefahr gehe dabei von Leihflotten aus: Rollern folglich, die von kommerziellen Anbietern in den Innenstädten platziert und bevorzugt von Touristen gemietet werden. Insgesamt kam es 2022 mit rund 571.000 versicherten E-Scootern in privater Hand zu etwa 1.850 Unfallschäden, während 193.000 Leih-Scooter rund 2.350 Schäden verursacht haben, so zeigt ebenfalls eine Auswertung der UDV. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen warnte deshalb im letzten Jahr, es gebe ein „Sicherheitsproblem“ mit diesen Leihgefährten.

„Leih-Scooter verursachen deutlich mehr Unfälle und werden laut Unfallforschung häufiger auf dem Gehweg gefahren als privat genutzte Scooter“, so Käfer-Rohrbach. Wenn E-Scooter mit anderen Menschen zusammenstoßen, entstehen vergleichsweise hohe Schäden: "Jeder E-Scooter-Unfall mit Personenschaden kostet im Schnitt über 13.000 Euro, etwa für Behandlungskosten, Arbeitsausfall und Schmerzensgeld", so Käfer-Rohrbach. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes kollidieren E-Scooter auch häufiger mit Fußgängern als dies Fahrradfahrer tun: zumindest im Vergleich zur Zahl der genutzten Verkehrsmittel.

E-Scooter-Unfälle noch vergleichsweise selten, aber oft mit schweren Folgen

Im Vergleich zur Gesamtzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden sind E-Scooter noch relativ selten beteiligt, aber ihre Zahl nimmt stetig zu. Im Jahr 2023 registrierte die Polizei in Deutschland insgesamt 9.425 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden, wie Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Das entspricht einem Anstieg von 14,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (8.260 Unfälle). Bei diesen Unfällen kamen 22 Menschen ums Leben. Zum Vergleich: Auf deutschen Straßen wurden insgesamt 291.890 Unfälle mit Personenschaden verzeichnet, wobei die Mehrheit der Unfälle PKW betraf.

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Um Fußgänger auf den Gehwegen besser zu schützen, fordern die Versicherer mehr Kontrollen durch Ordnungsämter und Polizei. Zudem sollte von E-Scooter-Nutzern künftig ein grundlegender Kompetenznachweis für die Teilnahme am Straßenverkehr verlangt werden: „Bisher muss bei Scooter-Fahrern überhaupt keine Regelkenntnis vorhanden sein. Wir plädieren dafür, dass sich das ändert und sie künftig mindestens die Fahrberechtigung für ein Mofa nachweisen müssen, die in Deutschland Jugendliche ab 15 Jahre machen dürfen“, so Käfer-Rohrbach.