Christian Lindner: Reform der privaten Altersvorsorge mit Spekulationsfrist?
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost Details bekanntgegeben, wie er die private Altersvorsorge reformieren will. Demnach könnte bei der staatlich geförderten Riester-Rente den Kunden und Versicherern künftig freigestellt sein, ob und für welche Beitragsgarantie sie sich entscheiden. Und die Sparenden sollen mit dem privaten Altersvorsorgedepot eine Alternative zu Riester erhalten: Erträge in der Ansparphase sollen steuerfrei gestellt werden.
Die private Altersvorsorge in Deutschland zeigt Reformbedarf. Laut Bundesfinanzministerium gab es Ende 2023 mehr als 15,5 Millionen Riester- und 2,3 Millionen Rürup-Verträge. Diese Zahlen erlauben zwar keine genauen Rückschlüsse auf die Anzahl der Sparer, da viele Menschen mehrere Verträge abgeschlossen haben. Trotzdem: Die Politik will, dass mehr Menschen privat für das Alter vorsorgen. Aktuell haben mindestens 26,3 Millionen abhängig Beschäftigte keinen Riester-Vertrag. Zudem stagnieren die Abschlusszahlen seit Jahren, und viele bestehende Verträge werden nicht mehr aktiv bespart.
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Ob sich die Ampelkoalition bei allen Streitigkeiten auf eine Reform der privaten Altersvorsorge wird einigen können, daran bestanden Zweifel. Zu unterschiedlich schienen die Vorstellungen der Koalitionspartner. Doch in den letzten Monaten verdichteten sich die Hinweise, dass die zuständigen Ministerien tatsächlich konstruktiv an einem entsprechenden Gesetzesentwurf arbeiten. Neben Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist auch das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) federführend.
Riester: mehrere Alternativen zur Beitragsgarantie
Christian Lindner hat nun in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost Einblicke in geplante und mögliche Reformen gegeben – vorausgesetzt, die Ressorts einigen sich. Die Versicherungswirtschaft dürfte es freuen, dass zwei ihrer zentralen Forderungen umgesetzt werden sollen: Zum einen soll die umstrittene Riester-Rente weiterhin angeboten und gefördert werden. Zum anderen soll die bisherige 100-Prozent-Beitragsgarantie keine Voraussetzung mehr sein, um die Förderfähigkeit eines Produkts zu gewährleisten. Diese Garantie bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Verrentung sowohl die eingezahlten Beiträge als auch die staatliche Förderung vollständig erhalten bleiben müssen. Das Problem dabei: Um diese Garantie sicherzustellen, mussten Versicherer das Geld ihrer Kundinnen und Kunden überwiegend konservativ anlegen, vor allem in lang laufende, festverzinsliche Wertpapiere.
Die Beitragsgarantie sei ein Grund, warum Riester so schlecht funktioniere, erklärt nun Lindner der Berliner Morgenpost. „Das schließt gewisse Anlageklassen aus. Entsprechend waren die Produkte weniger rentabel und hatten eine geringere Verzinsung, als es möglich gewesen wäre“, sagt der 45jährige. Künftig sollen Verbraucher die Wahl haben zwischen einer 100-, einer 80- und einer 0-prozentigen Beitragsgarantie. Und damit soll den Versicherern auch erlaubt sein, das Geld risikofreudiger anzulegen - und mit Chancen auf mehr Rendite.
Altersvorsorgedepot und die Steuerfrage
Aber nicht nur innerhalb des Riester-Spektrums sollen die Sparenden mehr Optionen haben. Vorgesehen ist ein sogenanntes Altersvorsorgedepot, wie bereits bekannt wurde. Dieses soll förderfähig und zertifiziert sein und in Fonds oder andere geeignete Anlageklassen ohne Beitragserhaltungsgarantie investiert werden können. Ein Wechsel zwischen einzelnen Produkten soll jederzeit und bei keinen oder geringen Kosten möglich sein, wie aus einem im Juli bekanntgewordenen Papier der Bundesregierung hervorgeht. Damit würde das Depot auch eine höhere Flexibilität bieten als die Riester-Rente, bei der ein Anbieterwechsel mit zahlreichen Hürden verbunden ist.
Von diesem privaten Altersvorsorgedepot erhofft sich Lindner eine „Stärkung der Aktienkultur“ in Deutschland, wie die Morgenpost berichtet. Auch von aktuellen Kursverlusten lasse er sich nicht beirren: „Manche Skeptiker mögen sich von den jüngsten Schwankungen bestätigt fühlen. Doch diese Skeptiker seien leider auch nicht dabei, wenn der Aufschwung kommt.“ Unter anderem argumentiere Lindner, dass Investoren in einen ETF auf den MSCI World – der Aktien von 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern bündelt – nie eine negative Rendite erzielt hätten, wenn sie die Anlage mindestens 15 Jahre gehalten hätten. Das gelte trotz Börsencrashs wie der Dotcom-Blase und der Finanzkrise 2008.
Bei dem neuen Depot solle es mindestens die gleiche Förderung bei der Steuer und der Zulage wie bei Riester geben, berichtet Lindner dem Berliner Blatt. Derzeit würden dazu Gespräche innerhalb der Regierung laufen. Die Ansparphase solle hierbei steuerfrei gestellt und der Ertrag erst im Rentenalter versteuert werden, um einen höheren Zinseszins zu ermöglichen.
Lindner will Spekulationsfrist
Dabei regt der Finanzminister eine weitere Änderung an. „Ich will eine Spekulationsfrist bei Wertpapiergeschäften“, sagte Lindner. „So wie die Immobilie nach zehn Jahren steuerfrei veräußert werden kann, so wünsche ich mir das nach einem Zeitraum von zum Beispiel zwei bis drei Jahren auch bei Wertpapieren.“
Die Berliner Morgenpost weist darauf hin, dass es bereits in der Vergangenheit eine Spekulationsfrist für bestimmte Geldanlagen gab oder gibt. Bis 2008 galt eine Spekulationssteuer, wenn Aktien oder andere Wertpapiere innerhalb eines Jahres mit Gewinn verkauft wurden. Seit 2009 zählen Aktien und Wertpapiere zu den Kapitaleinkünften, auf die die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent anfällt. Zusätzlich wird der Solidaritätszuschlag erhoben.
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Im Gegensatz dazu sind physisches Gold und Kryptowährungen steuerfrei, wenn sie mindestens ein Jahr gehalten werden. Bei Immobilien muss eine Haltedauer von zehn Jahren eingehalten werden, um von der Spekulationssteuer befreit zu sein.
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