Am 7. Mai 2021 wird ein BMW in einen Unfall verwickelt. Die Z. GmbH, die das Fahrzeug nutzt, meldet den Schaden bei der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners und fordert Schadensersatz. Die Unterlagen scheinen eindeutig: Die Z. GmbH wird als Fahrzeughalterin und Auftraggeberin des Gutachtens geführt. Alles scheint klar – die Versicherung reguliert den Schaden und überweist eine hohe Schadensumme direkt an die Z. GmbH. Sie tut dies im guten Glauben, die Z. GmbH sei zum Empfang des Betrags berechtigt.

Anzeige

Was der Kfz-Haftpflichtversicherer jedoch nicht wusste: Die Z. GmbH hatte den BMW nur geleast. Eigentümer war tatsächlich ein Leasingunternehmen, das wir hier "L. GmbH" nennen. Als rechtmäßige Eigentümerin des Fahrzeugs ging die L. GmbH davon aus, dass der Schadensersatz ihr zustehen müsste. Doch stattdessen bleibt sie auf dem Schaden sitzen, während die Z. GmbH das Geld zwar erhielt – es jedoch möglicherweise nicht für die Reparatur des Fahrzeugs verwendete, sondern für ganz andere Dinge.

Die Schritte zur Klage: Wie der Fall vor Gericht landete

Für die L. GmbH war dies eine klare Fehlentscheidung der Versicherung. Sie war der Ansicht, dass die Versicherung die Eigentumsverhältnisse hätte prüfen müssen, bevor sie die Zahlung an die Z. GmbH leistete. Diese Überzeugung führte schließlich zur Klage. Nachdem die Versicherung den Schadensersatz an die Z. GmbH gezahlt hatte, forderte die L. GmbH, dass der Betrag nun auch an sie, die rechtmäßige Eigentümerin des Fahrzeugs, ausgezahlt werde. Der Schaden sollte also ein zweites Mal beglichen werden – diesmal an die L. GmbH.

Die Versicherung lehnte ab und verwies darauf, dass die Zahlung bereits erfolgt sei und sie nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Daraufhin zog das Leasingunternehmen vor Gericht. In der ersten Instanz gab das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 2 O 6786/21) der L. GmbH recht und entschied, dass die Versicherung zur Zahlung verpflichtet sei, weil sie die Eigentumsverhältnisse nicht ausreichend geprüft habe. Doch die Versicherung legte Berufung ein und argumentierte, dass es keinen Anlass gegeben habe, an der Berechtigung der Z. GmbH zu zweifeln, und dass sie gutgläubig gehandelt habe.

Anzeige

Entscheidung des OLG: Keine grobe Fahrlässigkeit der Versicherung

Das OLG Nürnberg (Az. 14 U 203/23) hob das Urteil des Landgerichts auf und entschied zugunsten der Versicherung. Die Richter stellten klar, dass die Versicherung im vorliegenden Fall gutgläubig gehandelt hatte. „Der Versicherer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in den Unterlagen angegebenen Informationen korrekt sind, es sei denn, es liegen eindeutige Hinweise auf das Gegenteil vor,“ so das Gericht. Da in den Unterlagen die Z. GmbH als Fahrzeughalterin und Auftraggeberin des Gutachtens geführt wurde, durfte die Versicherung davon ausgehen, dass sie berechtigt war, den Schadensersatz zu empfangen.

Rechtsgrundlagen zur Gutgläubigkeit ermöglichen effiziente Schadenabwicklung

Gutgläubigkeit ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht. Im Kontext der Haftpflichtversicherung bedeutet Gutgläubigkeit, dass der Versicherer davon ausgehen darf, dass die ihm vorliegenden Informationen korrekt und vollständig sind, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen. Diese Annahme schützt den Versicherer vor der Pflicht, in jedem Fall aufwändige Nachforschungen anzustellen.

Die Gutgläubigkeit des Versicherers ist insbesondere dann relevant, wenn keine konkreten Hinweise darauf bestehen, dass der Empfänger einer Zahlung nicht berechtigt ist. Die rechtliche Grundlage für das Handeln im guten Glauben findet sich in verschiedenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere in den Paragrafen 932 ff. BGB, die sich mit dem gutgläubigen Erwerb von Sachen befassen. Obwohl diese Vorschriften primär auf den Erwerb von Eigentum abzielen, wird das Prinzip der Gutgläubigkeit auch auf andere Rechtsbereiche angewendet. Im Versicherungsrecht schützt die Gutgläubigkeit den Versicherer davor, für jede Zahlung die gesamte Eigentumskette bis ins Detail nachverfolgen zu müssen – es sei denn, es gibt klare Hinweise auf Unstimmigkeiten.

Anzeige

Keine grobe Fahrlässigkeit der Versicherung

Ein weiterer wichtiger Punkt des Urteils war, dass der Versicherer nur dann zur erneuten Zahlung verpflichtet wäre, wenn grobe Fahrlässigkeit vorläge. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die Versicherung etwas offensichtlich Vernünftiges unbeachtet lässt oder wenn sie klare Hinweise auf eine fehlerhafte Zahlung ignoriert. Das Gericht stellte jedoch fest: „Im vorliegenden Fall gab es keine Hinweise darauf, dass die Z. GmbH nicht berechtigt war, den Schadensersatz zu empfangen. Die Versicherung handelte in gutem Glauben.“

Die Z. GmbH war in den Unterlagen als Fahrzeughalterin und Auftraggeberin des Gutachtens aufgeführt. Da keine Anzeichen dafür vorlagen, dass sie nicht berechtigt war, den Schadensersatz zu fordern, durfte die Versicherung davon ausgehen, dass sie die rechtmäßige Empfängerin war.

Fazit: Schnelle Regulierung bleibt möglich

Das OLG Nürnberg machte deutlich: Versicherer sind nicht verpflichtet, jede Schadensmeldung bis ins kleinste Detail zu hinterfragen. Solange keine klaren Anzeichen für eine unberechtigte Forderung vorliegen, dürfen sie davon ausgehen, dass der Anspruchsteller zur Entgegennahme der Zahlung berechtigt ist. Dieses Urteil sichert zu, dass die Schadenregulierung weiterhin schnell und effizient bleibt – ohne das Risiko für Versicherer, am Ende doppelt zahlen zu müssen.

Anzeige

Welche Optionen hat die L. GmbH jetzt?

Nach dem Urteil des OLG Nürnberg bleiben der L. GmbH dennoch einige Möglichkeiten, um an das Geld zu kommen. Sie könnte rechtliche Schritte direkt gegen die Z. GmbH einleiten, um den Betrag zurückzufordern, oder versuchen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. In jedem Fall muss die L. GmbH nun prüfen, wie sie die Situation lösen kann, um nicht erneut auf dem Schaden sitzen zu bleiben.

Seite 1/2/

Berechnen Sie die monatlichen Raten und Gesamtkosten Ihres Leasingvertrags mit unserem Leasing-Rechner.