Die demografische Entwicklung in Deutschland verschärft die Herausforderungen in der Pflegefinanzierung erheblich. Bereits heute sind 22 Prozent der deutschen Bevölkerung 65 Jahre und älter; und bis 2060 wird dieser Anteil weiter steigen. Besonders der Anstieg bei den Hochaltrigen über 80 Jahre, deren Anteil sich seit 1960 vervierfacht hat, belastet das Pflegesystem. Diese Alterung führt dazu, dass immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sind.

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Was für Kosten aufgrund der Pflegefinanzierung auf den einzelnen zukommen könnten, machte nun Karl Lauterbauch in einem Interview mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung deutlich. "Viele Ältere haben Angst davor, ins Pflegeheim zu müssen, weil die Eigenanteile aktuell je nach Bundesland zwischen 2.600 Euro und 3.300 Euro liegen", so der Gesundheitsminister. Und: "Wenn wir nichts dagegen machen, kommen wir in ein paar Jahren auf Eigenanteile von 4.000 Euro pro Monat." Laut Lauterbach sind diese Zustände "unwürdig". Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen im Rentenalter Sorgen machen müssten, ob das Geld für die Pflege reicht.

Was Lauterbach meint, wird auch mit Blick auf die Durchschnittsrenten deutlich: Aktuell beträgt der durchschnittliche Rentenzahlbetrag bei Altersrenten laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung 1.102,16 Euro. Das ist noch nicht einmal die Hälfte der durchschnittlich zu zahlenden Eigenanteile.

Seit Einführung der Eigenanteile kennen die Kosten nur eine Richtung: Steil nach oben

Die Eigenanteile in der stationären Pflege wurden mit der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung im Jahr 1995 notwendig. Diese Reform – bekannt als das Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) – sollte die finanzielle Belastung der Sozialhilfe reduzieren, die bis dahin viele Pflegebedürftige in Anspruch nehmen mussten. Allerdings waren die Eigenanteile damals noch vergleichsweise niedrig – sie lagen bei etwa 1.200 bis 1.500 Euro monatlich. In den letzten Jahren allerdings sind die Eigenanteile deutlich angestiegen, so dass mittlerweile ein durchschnittlicher Eigenanteil von 3.123 Euro im Monat (ohne Zuschuss) gezahlt werden muss (Versicherungsbote berichtete). Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

  1. Einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE): 1.678 Euro;
  2. Kosten für Unterkunft und Verpflegung (UE): 955 Euro;
  3. Investitionskosten (IE): 490 Euro.

Allerdings verbergen diese Durchschnittskosten, dass durchschnittliche Beträge je nach Bundesland stark schwanken können. Denn während der durchschnittliche Eigenanteil ohne Zuschüsse in Baden-Württemberg bei 3.479 Euro liegt, müssen in Sachsen-Anhalt „nur“ durchschnittlich 2.602 Euro bezahlt werden.

Erster Reformschritt Leistungszuschlag: Entlastung zulasten der Pflegeversicherung

In 2022 versuchte die Bundesregierung, beim Problem steigender Eigenanteile gegenzusteuern, und beschloss das Pflegeentlastungsgesetz. Ein zentrales Element dieser Reform war die Einführung eines Leistungszuschlags, der ausschließlich auf den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) angewendet wird. Der Zuschlag staffelt sich nach der Dauer des Aufenthalts im Pflegeheim.

Aktuell werden im ersten Aufenthaltsjahr im Pflegeheim 15 Prozent, im zweiten Jahr 30 Prozent, im dritten Jahr 50 Prozent und im vierten Jahr 75 Prozent bezuschusst (Stand 2024). Dieser Zuschlag entlastet also gezielt den Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil, nicht jedoch die weiteren Posten wie Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, die Pflegebedürftige weiterhin voll tragen müssen. Trotz dieser Entlastung bleiben die Gesamtkosten für Pflegebedürftige weiterhin hoch, da auch alle nicht durch den Zuschlag abgedeckten Kosten weiter steigen.

Zudem ist der Leistungszuschlag eine hohe Last für die Pflegeversicherung – Gesamtkosten liegen laut dem Verband der Ersatzkassen 2024 bei einer Summe von etwa fünfeinhalb Milliarden Euro. Es drohen durch steigende Zuschläge also auch steigende Beiträge (Versicherungsbote berichtete).

Verschiedene Reformvorschläge werden diskutiert

Diskutiert werden in Politik und Volkswirtschaft verschiedene Vorschläge, wie man das Problem steigender Eigenanteile beheben könnte. So lautet eine Forderung des Verbands der Ersatzkassen, dass die Bundesländer zukünftig die Investitionskosten schultern und nicht mehr die Heimbewohner. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert die Pflegevollversicherung. Etwas, das insbesondere beim PKV-Verband auf Widerstand stößt (Versicherungsbote berichtete). Der PKV-Verband wiederum schlägt eine private oder betriebliche kapitalgedeckte Pflegezusatzversicherung vor.

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Egal aber, wie die Pflegeversicherung reformiert wird: ein Problem bleibt. Und das sind steigende Kosten durch den demografischen Wandel, die dazu führen, dass mehr Geld in das System gesteckt werden muss. Das Interview mit Karl Lauterbach ist auf der Webseite der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung verfügbar.