Das Kölner Analysehaus infinma hat erneut die Marktstandards für die Berufsunfähigkeitsversicherung ermittelt. Dazu wurden wichtige Qualitätsmerkmale aus den Versicherungsbedingungen ausgewertet. Insgesamt wurden 415 BU-Tarife von 72 Gesellschaften unter die Lupe genommen. Die Auswertung der BU-Tarife sieht infinma ausdrücklich nicht als Rating. Schließlich ließen sich die einzelnen Bedingungsbestandteile nicht gegeneinander „aufrechnen“ und seien daher nur bedingt vergleichbar. "Aus genau diesem Grund nehmen wir auch keine Bewertung in Form von Punkten vor, sondern stellen für die einzelnen Kriterien lediglich dar, ob der Versicherer eine Regelung getroffen hat, die besser oder schlechter als der Marktstandard ist.", heißt es in der Auswertung.

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Wenn der Tarif alle Marktstandards erfüllt oder überbietet, können die Versicherer für die besagten Angebote ein kostenloses infinma-Zertifikat erhalten. Die Marktstandards sollen sowohl Vermittlern und Maklern, aber auch Versicherern wichtige Informationen über die am Markt üblichen und verbreiteten Regelungen in den BU-Bedingungen geben, teilen die Kölner Analysten mit. Zur Erinnerung: Die Standards allein erlauben keinen Aufschluss, ob der jeweilige Tarif für die einzelne Kundin bzw. den Kunden geeignet ist: Das hängt unter anderem vom jeweiligen Beruf, der individuellen Einkommens- und Lebenssituation sowie dem daraus resultierendem Absicherungsbedarf ab.

Die Standards passt das Analysehaus hierbei regelmäßig an. „Der Markt scheint wieder in Bewegung gekommen zu sein. Zwar haben sich diesmal noch keine Veränderungen in den Marktstandards manifestiert, aber bei einigen Kriterien ist schon jetzt abzusehen, dass das nächste Update in 2025 zu Änderungen führen wird.“, gab Jörg Schulz, Geschäftsführer bei infinma, einen Ausblick auf die Zukunft.

In der aktuellen Auswertung hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht viel bewegt. Damals erfüllten 42 von 72 BU-Versicherern die Marktstandards von infinma. Anno 2024 sind es 43 von 72 BU-Versicherern. Bei den geprüften Tarifen gibt es eine positive Tendenz. Erreichten 2023 noch 55,6 Prozent der Tarife die angesetzten Normen, sind es aktuell 60,5 Prozent der Tarife. Die Qualität der Bedingungen bleibe in der Breite relativ hoch. Unterschiede in den Produkten seien vor allem in den Detailregelungen zu einzelnen Kriterien zu finden. Dann ginge es beispielsweise darum, wie lange Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit erbracht werden oder für welche Personengruppen auf die Umorganisation des Arbeitsplatzes verzichtet wird.

„So zeichnet sich jetzt schon ab, dass demnächst bei der Mehrheit der Produkte im Falle der Beitragsstundung während der Leistungsprüfung bei einer evtl. Rückzahlung der ausstehenden Prämien explizit auf Stundungszinsen verzichtet wird. Auch beim Verzicht auf Meldefristen und der Regelung zu befristeten Anerkenntnissen gehen wir davon aus, dass sich der Marktstandard nächstes Jahr ändern wird. Somit haben die Versicherer genügend Zeit, rechtzeitig darauf zu reagieren.“, kommentierte Schulz die aktuellen Ergebnisse.

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Diese Versicherer erfüllen die BU-Marktstandards

Die BU-Tarife wurden in diesem Jahr in insgesamt 18 Leistungspunkten überprüft. Zu den untersuchten Kriterien zählten unter anderem der Verzicht auf eine abstrakte Verweisung, sodass der Versicherer den Betroffenen nicht auf einen anderen Beruf verweisen kann, auch wenn hierbei Ausbildung und Beruf zumindest berücksichtigt werden. Oder eine vorübergehende Leistung bereits bei Arbeitsunfähigkeit, die in mehr als der Hälfte der Tarife nicht oder nur optional vorgesehen ist. Hier erhält der Versicherte bereits eine Zahlung nach sechs Monaten ununterbrochener Krankschreibung - auch wenn die aufwendige Prüfung der Berufsunfähigkeit noch nicht abgeschlossen ist.

Diese Marktstandards wurden für die aktuelle Studie berücksichtigt:

  • Prognose: Leistung, wenn mindestens 6 Monate Berufsunfähigkeit ärztlich prognostiziert
  • Leistung wird rückwirkend ausgezahlt, wenn späterer Leistungsbeginn
  • Verzicht auf abstrakte Verweisung
  • Verzicht auf Umorganisation bei Akademikern
  • Verzicht auf Umorganisation bei Kleinbetrieben
  • Kostenbegrenzung bei Umorganisation
  • Berufswechselprüfung: keine nachteilige Extra-Prüfung, wenn Versicherter vor Berufsunfähigkeit binnen einer bestimmten Frist Beruf gewechselt hatte.
  • Leistungsbeginn: Ab 1. des Monats nach Feststellung BU, keine nachteiligen Karenz- und Wartezeiten
  • Ausschluss Meldefristen: Beinhaltet ein Bedingungswerk eine Meldefrist (i.d.R. 3, 6, 12 oder 36 Monate), so beginnt die Leistungspflicht des Versicherers bei einer verspäteten Meldung erst mit dem Zeitpunkt der Meldung.
  • Erhöhungsoption ohne Anlass: Ermöglichen es dem Versicherten, ohne erneute Gesundheitsprüfung den Versicherungsschutz zu erhöhen.
  • Möglichkeit Beitragsstundung
  • Befristete Anerkenntnisse: Versicherer trifft laut Vertrag nach Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen möglichst zügig eine endgültige und rechtsverbindliche Entscheidung über die Leistungspflicht. Klauseln zur Befristung können sich hier nachteilig auswirken und Rechtsunsicherheit schaffen.
  • Meldepflicht Minderung BU: keine nachteiligen Klauseln, wenn sich Gesundheitszustand nach Anerkennung BU bessert.
  • Meldepflicht Aufnahme Tätigkeit
  • Nachprüfung BU: Versicherer sind grundsätzlich berechtigt, nach einer bestimmten Zeit (nach) zu prüfen, ob eine einmal eingetretene BU medizinisch weiter fortbesteht. Hierbei sollte auf nachteilige Klauseln verzichtet werden bzw. nur Verweis auf Beruf erlauben, welcher die vorherige Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung nicht unterschreitet.
  • Leistung bei Arbeitsunfähigkeit
  • Ausscheiden aus dem Beruf: Bei Ausscheiden aus dem Beruf wird unbegrenzt der zuletzt ausgeübte Beruf geprüft, keine abstrakte Prüfung.
  • Option auf selbständige Anschluss-Pflegerente: 67 Tarife beinhalten eine Pflege-Option ohne Gesundheitsprüfung, die zum Ende der Versicherungsdauer gezogen werden kann. So bietet sich Möglichkeit, nach dem BU-Risiko auch Pflegerisiko abzusichern. Marktstandard ist das noch nicht: 372 Tarife verzichten auf solch eine Option.

„Derzeit beobachten wir mit Spannung und Interesse die Marktentwicklung im Bereich des Verzichts auf die konkrete Verweisung in der Erst- und Nachprüfung. Schließlich gibt es schon jetzt mehrere Anbieter, die sich für einzelne Berufsgruppen oder auch für alle Berufe zu dieser Regelung entschieden haben.“, gab Schulz einen Ausblick auf die Zukunft.

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Folgende Unternehmen haben wenigstens einen Tarif der die infinma-Standards mindestens erfüllt oder übertroffen hat: Allianz, Alte Leipziger, Axa, Baloise, Barmenia, Bayern Versicherung, BY die Bayerische, Canada Life, Condor, Continentale, Cosmos, Credit Life, DBV, Deutsche Ärzteversicherung, DEVK, DEVK Allgemeine, Dialog, Ergo, Europa, Gothaer, Hannoversche, HanseMerkur, HDI, Helvetia, Huk24, Huk-Coburg, IG BCE, Interrisk, Klinik Rente, LV1871, Metall Rente, Nürnberger Leben, Öff. Braunschweig, Provinzial Rheinland, R+V, Signal Iduna, Stuttgarter, Swiss Life, Universa, Versorgungswerk der Presse, Volkswohl Bund, VPV, VRK, Württembergische und Zurich. Eine Übersicht über die zertifizierten Tarife findet sich auf der Webseite von infinma. Alle 251 Tarife aufzulisten, würde hier den Rahmen sprengen.

Hinweis in eigener Sache:

In Kooperation mit dem Leipziger Software-Hersteller Inveda.net GmbH bietet Versicherungsbote einen BU-Vergleich an. Er dient der schnellen Orientierung und soll Beratungsanlässe stiften.

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