Bis 2030 wird die IT voraussichtlich mehr als 20 Prozent des Stromverbrauchs weltweit verursachen. Im IT-intensiven Finanzsektor entstehen schon heute rund 35 Prozent aller sektorbezogenen Kohlenstoffemissionen durch Rechenleistung. Das gilt es, zu ändern. Wie das funktionieren kann, zeigen die 5 folgenden Schritte.

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Server energieeffizienter kühlen

20 bis 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs eines Firmengebäudes entfallen auf die Serverräume. Auch deshalb nimmt das Energieeffizienzgesetz Unternehmen und Rechenzentren in die Pflicht. Sie müssen ihre Energie-Effizienz – konkret ihre „Power Usage Effectivness“ – verbessern. Schlüsselfaktor zum Energiesparen bei Servern ist das standoptimierte sogenannte Hot-Aisle-cold-Aisle-Design. Es vermeidet, dass ein Server die Abwärme des anderen als Kühlluft ansaugt. Energetisch noch effizienter sind flüssigkeitsgekühlte oder natürlich gekühlte Systeme. Auch durch die Nutzung der Abwärme lässt sich viel Energie sparen, etwa indem sie in Strom umgewandelt und ins Netz zurückgespeist wird. Hardware-Komponenten können ebenfalls zur CO2-Vermeidung beitragen, wenn diese Aspekte bereits bei der Herstellung berücksichtigt werden – denn auch hier gibt es deutliche Unterschiede in Sachen Energieeffizienz. Auch wenn die anfänglichen Investitionshürden hoch erscheinen, amortisiert sich die Investition bald und erfüllt zudem regulatorische Vorgaben.

Endgeräte der Mitarbeitenden auf dem Prüfstand

Ob Rechner, Laptop, Tablet oder Smartphone – grundsätzlich ist der CO2-Fußabdruck geringer, je länger der Lebenszyklus der Hardware ist. Denn nicht nur der Stromverbrauch im Betrieb, auch Herstellung und Vernichtung bzw. Recycling sind wesentliche Faktoren für eine ganzheitliche Energiebilanz. Grundsätzliche Überlegungen: Wer benötigt die neueste Hardware-Generation wirklich? Während es sinnvoll ist, dass der IT-Abteilung effiziente Rechner, der Pressestelle die besten Handykameras zur Verfügung stehen, bemerken andere Mitarbeitende bei Vorjahresmodellen oder Refurbished-Geräten womöglich keinen Unterschied. Viele Geräte tun auch nach Jahren noch zuverlässig ihren Dienst und einzelne Komponenten wie Akkus lassen sich austauschen. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass die Hersteller auch ältere Betriebssysteme noch mit Sicherheits-Updates versorgen. Insgesamt sollte die optimale Lebensdauer für ein Endgerät mit den entsprechenden empirischen Daten bestimmt werden. Bei der Beschaffung der Geräte selbst ist der Blick auf diverse Umweltsiegel auch vor dem Hintergrund des Lieferkettengesetzes sinnvoll, um die Standards der Hersteller bewerten zu können. Aber natürlich spielt die User Experience mit den Endgeräten auch keine zu vernachlässigende Rolle.

Datenerhebung als Basis für Energieeffizienz

Nur auf der Grundlage solider Kenntnisse lassen sich Energieeinsparpotenziale erst beziffern: Wie lang ist der optimale Lebenszyklus eines Laptops? Wie beziffern sich die Emissionen des Unternehmens gemäß Scope 1, 2 und 3 Klassifizierung – also der Freisetzung von Treibhausgasen im eigenen Unternehmen, bei Energielieferanten und in der Lieferkette? Neben der Erhebung dieser Daten kann die IT-Abteilung Nutzungsmuster der User und des gesamten Konzerns ermitteln: Wie hoch ist überhaupt der CO2-Ausstoß? Laufen Rechner nachts oder am Wochenende ungenutzt? Eine solide Datenbasis ermöglicht nicht nur, Einsparpotenziale zu erkennen, sondern auch die sich daraus ergebenen Maßnahmen zu priorisieren und das von der EU verlangte Reporting zu erstellen.

Grüne IT in der Cloud

Irgendwann stößt auch die beste interne IT in Nachhaltigkeitsfragen an ihre Grenzen. Daher treibt die Finanz- und Versicherungsbranche intensiv ihre Cloud-Transformation voran und steigert ihren Workload auf den Infrastrukturen großer, meist US-amerikanischer Provider kontinuierlich. Und das ist sowohl für die Performance und Skalierbarkeit als auch für die Nachhaltigkeit positiv. Denn je geringer die Umweltbelastungen, je geringer auch die Kosten. So sind Energieverbrauch und Emissionen potenziell natürlich deutlich geringer, wenn viele Institute auf die Services einiger spezialisierter Provider zugreifen – anstatt die gesamte eigene IT-Abteilung on-prem zu hosten. Nur logisch also, dass rund 80 Prozent der IT-Verantwortlichen in Unternehmen Cloud-Technologie für entscheidend bei der Verfolgung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie halten.
Das Prinzip dahinter lautet: Synergieeffekte und Skalierbarkeit. Während die Versicherungen davon profitieren, dass sie nur für die Services bezahlen, die sie auch nutzen, ist eine optimale Auslastung das ureigene Interesse der Hyperscaler. Das bedeutet: Hard- und Software sind auf maximale Energieeffizienz ausgelegt, Server werden in Echtzeit heruntergefahren, wenn ihre Kapazität nicht benötigt wird. Darüber hinaus tätigen die Provider sehr hohe Investitionen in die Optimierung ihres Servermanagements, der Funktionalität und Wartung. Zusätzlich verfügen Amazon, Google und Microsoft schon heute über die modernsten Rechenzentren, inklusive High-End-Kühlsysteme und Abwärme-Recycling. Sie nutzen die Lebensdauer der Hardwarekomponenten optimal aus und beziehen den benötigten Strom meist heute schon oder absehbar aus emissionsfreien Quellen. Schon heute bieten die Hyperscaler außerdem Tools, welche die verbrauchten Cloud-Ressourcen jeder IT-Anwendung sichtbar machen und sogar in CO2-Emission umrechnen. Das sorgt für Transparenz. Software-Lösungen von Drittanbietern gehen noch einen Schritt weiter und integrieren verschiedene Cloud- und Rechenzentren in einem Dashboard.

Nachhaltigkeit als Unternehmenskultur

Trotz des berechtigten Vertrauens von Versicherern und Banken in die Nachhaltigkeitsambitionen der Provider und intensiver Nutzung ihrer Services haben die Unternehmen individuelle Steuerungsmöglichkeiten. Es ist ihre Aufgabe, eine interne Governance und Awareness zu etablieren, die von den Mitarbeitenden den maßvollen und verhältnismäßigen Umgang mit Ressourcen (z.B. auch Cloud Ressourcen) verlangt. In der IT gehört dazu beispielsweise das Rightsizing von Serverkapazität und der Rechenleistung: Nicht jedes neue Projekt erfordert die größtmögliche virtuelle Programmierumgebung. Viele Anwendungen laufen nachts und übers Wochenende durch, während die Rechner lediglich in den Ruhemodus schalten. Auch hier helfen Software-Lösungen, die den Verbrauch sichtbar machen und monitoren.
Wollen Versicherer schon heute die Weichen für eine Grüne IT stellen, kann ihnen zum Beispiel ein Nachhaltigkeitsbeauftragter für die IT helfen, der direkt an das C-Level berichtet – und früher oder später sogar Weisungsbefugnis erhält. Das verschafft ihnen nicht nur den vielzitierten Wettbewerbsvorteil, es hält auch die Investitionshürden niedrig und macht den Übergang dadurch besonders weich.

Zu den Autoren:


Daniel WagenknechtDaniel Wagenknecht...ist Partner bei KPMG im Bereich Financial Services. Er berät Banken und Versicherer bei IT-Management-Themen. Fokussiert hat er sich auf die Themen Cloud Transformationsberatung – insbesondere unterstützt er Mandanten bei der Entwicklung von Cloud Strategien, Auswahl passender Cloud Service Provider, Vertragsgestaltungen, Transformation der IT, Beschleunigung der Digitalisierung sowie bei der Umsetzung von Cloud Compliance, Security und Datenschutzanforderungen in Cloud Vorhaben.KPMG


Axel LuckhardtAxel Luckhardt...ist Senior Manager bei KPMG im Bereich Financial Services. Er unterstützt Banken und Versicherungen in IT-Strategie und-Management-Themen. Dazu gehören die Entwicklung von IT bzw. Digital-Strategien, die Ableitung konkreter strategischer Rahmenparameter, die KPI basierte Erfolgsmessung aber auch die konkrete Operationalisierung mittels geeigneter Governance- und Prozessstrukturen. Er berät ebenso zu Fragenstellungen der Green-IT. Von der ersten Positionsbestimmung über die Herleitung eigener grüner IT-Ziele bis zu deren konkreten Umsetzung.KPMG