Versicherungsbote: Was sind die grundlegenden Risiken, die durch eine IT-Haftpflichtversicherung abgedeckt werden?

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Sandra Löhning: Der zentrale Aspekt sind sicherlich die Vermögensschaden – also alle Schäden, die rein finanzieller Natur und nicht die Folge eines Personen- oder Sachschadens sind. Da über 90 Prozent der gemeldeten Schadenfälle Vermögensschäden betreffen, ist eine Deckung dieser Fälle unverzichtbar. Wenn IT- Unternehmen und IT-Freelancer nicht ausschließlich remote arbeiten, sollten auch Risiken durch Personen- und Sachschäden gedeckt sein. Hier leistet im Schadenfall die Büro- und Betriebshaftpflichtversicherung, die für viele Versicherungsnehmer eine sinnvolle Ergänzung zur Vermögensschadenhaftpflicht darstellt.

Auch Cyberrisiken wie Datenlecks, Hackerangriffe und Datenschutzverletzungen sind nicht zu unterschätzen – die Absicherung von Cyber-Drittschäden sollte daher aus unserer Sicht in jedem Fall Teil der IT-Haftpflichtversicherung sein.

Welche speziellen Risiken gibt es für IT-Unternehmen? Können Sie Beispiele nennen?

Wenn ein IT-Dienstleister beispielsweise seinen Kunden falsch berät können diese Beratungsfehler – je nach Unternehmensgröße – zu umfangreichen Schäden mit hohen Schadenersatzforderungen führen. Auch Programmierfehler sind immer wieder die Ursache komplexer Schäden und führen oft zu Datenverlusten oder Funktionsausfällen. Durch Wiederherstellungskosten, Betriebsunterbrechungen und weitere Folgen ziehen diese Schäden immer wieder existenzbedrohende Forderungen der geschädigten Auftraggeber an die IT-Unternehmen und IT- Freelancer nach sich.

Weiterhin sind Vertragsverletzungen ein häufiges Risiko – diese umfassen Situationen, in denen vertraglich vereinbarte Leistungen oder Termine nicht eingehalten werden und hieraus ein Schaden entsteht. Ein weiteres spezielles Risiko für IT-Unternehmen sind Service-Ausfälle. Sollte ein IT-Unternehmen aufgrund technischer Probleme oder menschlichen Versagens seine Dienstleistungen nicht erbringen können, kann dies zu erheblichen finanziellen Einbußen bei den Kunden führen.

Als konkrete Beispiele für die oben genannten Risiken habe ich echte Schadenfälle unserer Versicherungsnehmer bei exali mitgebracht: Ein IT-Dienstleister hat bei der Bearbeitung einer Fehlermeldung eine Kettenreaktion ausgelöst, die final zu einem Servercrash beim Kunden führte. Dies hatte nicht nur zur Folge, dass der Kunde mehrere Tage ohne funktionierende Hard- und Software dastand – ganz besonders fatal war der Verlust sämtlicher Daten. Diese musste die Belegschaft von Hand nachpflegen, sobald das IT-System wieder korrekt aufgesetzt war. So bezifferte die Firma den angerichteten Schaden insgesamt auf rund 100.000 Euro, die sie vom IT-Dienstleister zurückforderte.

Ein anderer Schadenfall dreht sich um einen IT-Dienstleister, der bei einem Update der Unternehmenswebsite seines Kunden durch einen falschen Mausklick sämtliche Kontaktformulare auf der Webseite eines Busreiseunternehmens abschaltete. Durch den Ausfall der Kontaktformulare verbuchte das Unternehmen entgangene Anfragen für Reisen und Katalogbestellungen und einen erheblichen Imageschaden. Auf knapp 90.000 Euro wurde der Umsatzausfall schließlich berechnet – und diesen wollte das Reiseunternehmen von dem IT-Dienstleister zurückerstattet haben.

Natürlich handelt es sich hierbei um Ausnahmefälle, bei denen viele unglückliche Faktoren in teils unzureichend durchdachten Systemen zusammengekommen sind. Der Großteil unserer Schadensfälle aus der Praxis verläuft erfreulicherweise weniger dramatisch und ist auch kostengünstiger. Doch genau darum geht es letztlich bei einer Versicherung: Vorsorge für eben jene Ausnahmefälle zu treffen, die tatsächlich existenzbedrohend sein können.

Worauf sollten Freelancer und Unternehmen bei Abschluss einer IT-Haftpflichtversicherung unbedingt achten?

Zunächst ist der Umfang der Deckung entscheidend. Es muss sichergestellt werden, dass alle relevanten Risiken abgedeckt sind, die in der spezifischen Tätigkeit auftreten können. Natürlich sollte die Versicherung auch eine angemessene Deckungssumme bieten, um potenzielle Schadensfälle abzudecken und das Unternehmen so vor ungeplanten finanziellen Schieflagen zu schützen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Einschlüsse und Ausschlüsse der Versicherungspolice. Es ist essenziell, genau zu prüfen, welche Risiken explizit eingeschlossen oder ausgeschlossen sind. Dies verhindert unangenehme Überraschungen im Schadensfall.

Modularität ist ein weiterer Pluspunkt. Bei exali.de beispielsweise sind die Berufshaftpflicht-Tarife modular aufgebaut und können durch spezielle Zusatzbausteine individuell angepasst werden. Diese ermöglichen es, das eigene Business umfassend und maßgeschneidert abzusichern.

Welche Obliegenheiten müssen beachtet werden, um sicherzustellen, dass die IT- Haftpflichtversicherung wirksam ist?

Die wichtigste Pflicht ist es, bei Vertragsabschluss vollständige und korrekte Angaben zum Risiko zu machen. Sollte es hierbei zu Unklarheiten kommen, ist es die Pflicht des Maklers oder Vermittlers, dem Kunden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Darüber hinaus ist die unverzügliche Meldung von Schadensfällen an die Versicherung eine Pflicht, die überraschenderweise häufiger vernachlässigt wird, als man vermuten würde. Verzögerungen können dazu führen, dass der Versicherungsschutz erlischt oder eingeschränkt wird.

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Außerdem ist der Versicherungsnehmer im Schadenfall verpflichtet, nach den Weisungen des Versicherers zu handeln, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und alles zu tun, was zur Klarstellung des Versicherungsfalls dient.

„Für Vermittler, die zu IT-Versicherungen beraten wollen, ist Fachwissen unerlässlich“

Welche Ausschlussgründe gibt es bei einer IT-Haftpflichtversicherung?

Ein wesentlicher Ausschluss ist der Tatbestand „Vorsatz“. Schäden, die vorsätzlich herbeigeführt wurden, sind grundsätzlich nicht versichert.

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Ein weiterer Ausschlussgrund sind bekannte Schäden, die bereits vor Vertragsabschluss bekannt waren – diese werden nicht abgedeckt. Auch Vertragsstrafen oder Bußgelder sind in der Regel ausgeschlossen. Ebenso werden Schäden, die durch illegale Aktivitäten entstehen, nicht von der Versicherung übernommen.

Die Ausschlüsse betreffend ist es aus meiner Sicht wichtig, dass sich jeder Kunde diese vor Abschluss einer Versicherung durchliest. Sind diese im Bedingungswerk nicht verständlich oder unendlich lange, würde ich mir ehrlich gesagt überlegen, ob das der richtige Versicherer für mich ist. Im Jahr 2024 sollten Versicherungsbedingungen auch für Nicht-Fachleute zumindest zum überwiegenden Teil lesbar und verständlich sein.

Welche aktuellen Trends und Entwicklungen sehen Sie im Bereich der IT-Haftpflichtversicherung?

Ein bemerkenswerter Trend ist die zunehmende Integration von Cyberversicherungen. Diese bieten zusätzlichen Schutz vor Cyberrisiken, die in der heutigen digitalen Welt immer präsenter werden. Spezialisierte Versicherungsanbieter wie zum Beispiel Exali haben aus diesem Grund Cyber-Drittschäden bereits standardmäßig in der IT-Haftpflichtversicherung mitversichert.

Ein weiterer Trend ist die Automatisierung durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data zur Risikobewertung und Schadenbearbeitung. Diese Technologien ermöglichen eine schnellere und genauere Bearbeitung von Versicherungsfällen. Gerade hier sehe ich es als elementar an, dass sich das gewählte Versicherungsprodukt anpassbar zeigt und mit den Anforderungen der digitalen Welt Schritt hält – und zwar ohne Nachfrage der Versicherten.

Was raten Sie Vermittlern, die zur IT-Haftpflichtversicherung beraten wollen?

Vermittlern, die zur IT-Haftpflichtversicherung beraten wollen, rate ich, sich zunächst ein umfassendes Verständnis der spezifischen Risiken und Bedürfnisse der IT-Branche anzueignen. Fachwissen ist unerlässlich, um kompetent und zielgerichtet beraten zu können. Man muss als Vermittler verstehen können, in welchen Bereichen sich der Kunde bewegt und welche Anforderungen diese mit sich bringen.

Der Kunde ist Spezialist für seine Tätigkeiten, der Vermittler muss Spezialist für die damit in Zusammenhang stehenden Risiken sein. Es ist wichtig, die Individualität jedes Kunden zu berücksichtigen und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, die auf die spezifischen Anforderungen abgestimmt sind. Transparenz sollte gefördert werden, indem Kunden klar und verständlich über die Deckung, Ausschlüsse und Obliegenheiten informiert werden.

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Zudem ist es ratsam, die Versicherungsbedarfe und -deckungen regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um den sich ändernden Risiken gerecht zu werden. Schließlich sollten Vermittler eng mit den Versicherungsanbietern zusammenarbeiten, um stets auf dem neuesten Stand der Entwicklungen und Trends im Bereich der IT-Haftpflichtversicherung zu sein.

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