ETFs in Deutschland: Beliebt, aber nicht ohne Risiken
ETFs erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit als Anlageform. In einem Interview mit der ARD-Finanzredaktion stellt Finanzprofessor Andreas Hackethal die Vorteile dieser Geldanlage heraus - unterschlägt aber deren Nachteile.
Exchange Traded Funds (ETFs) sind aus der deutschen Anlageszene nicht mehr wegzudenken. Eine Marktuntersuchung des Zahlungsdienstleisters Klarna zeigte vor knapp einem Jahr, dass nirgendwo stärker in ETFs investiert wird als in Deutschland. Diese Tendenz wird auch durch den ETF-Pionier und Marktführer Vanguard bestätigt: 60 Prozent des gesamten Nettozuflusses in Vanguard-ETFs in Europa stammen aus Deutschland.
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Dieser Trend setzt sich auch 2024 fort. Der Anfang des Jahres veröffentlichte Axa „Priority Report“ zeigt, dass viele Deutsche weiterhin beabsichtigen, ihr Geld in ETFs zu investieren. Die Vorteile dieser Anlageform sind klar: ETFs bieten eine einfache Möglichkeit, breit gestreut in den Aktienmarkt zu investieren, und das zu geringen Kosten. Diese Eigenschaften machen sie besonders attraktiv für Anleger, die langfristig Vermögen aufbauen wollen, ohne dabei ständig den Markt beobachten zu müssen.
Diese Vorteile betont auch Finanzprofessor Andreas Hackethal im Interview mit der ARD-Finanzredaktion. Zudem stellt Hackethal heraus, dass kein tiefes Expertenwissen benötigt werde, um erfolgreich in ETFs zu investieren. Er verweist darauf, dass ETFs den gesamten Markt abbilden und somit das Risiko streuen. Auf die Frage, ob es den perfekten Zeitpunkt für den Einstieg in die Geldanlage gibt, antwortet Hackethal klar mit: „Ja, den gibt es: Jetzt.“ Damit meint er, dass es sinnlos ist, auf den perfekten Moment zu warten, um in den Markt einzusteigen. Versuche, den Markt zu „timen“, also Aktien genau dann zu kaufen, wenn sie am günstigsten sind, und zu verkaufen, wenn sie am teuersten sind, seien zum Scheitern verurteilt.
Doch ist die oft gepriesene Einfachheit der ETFs wirklich so unproblematisch, wie es Hackethal und die ARD-Finanzredaktion glauben machen will? Schließlich gibt es auch kritische Stimmen, deren Argumente zumindest gehört werden sollten.
So wies Andreas Schwarz, Vorsitzender des BVSV, in einem Kommentar für Versicherungsbote darauf hin, dass ETF nicht gleich ETF ist. Die Anlageklasse bestimmt das Risiko des ETF, und das „theoretische Totalverlustrisiko“ müsse berücksichtigt werden. Dass ein solcher Totalverlust aufgrund der Diversifikation der Wertpapiere und durch die UCITS-Vorschriften sehr unwahrscheinlich ist, hielt Dr. Rainer Reitzler, CEO der Münchener Verein Versicherungsgruppe, dem zwar entgegen.
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Doch Kritik an ETFs gibt es auch von anderer Stelle. So stellte eine Flossbach von Storch-Studie fest, dass der auch von Hackethal herausgestellte Vorteil der Diversifikation „verwässert“ worden sei. Die ursprüngliche Idee, mit einem ETF in ein breites Universum und damit weniger volatil zu investieren, ließe sich kaum noch umsetzen. Christof Schürmann, Senior Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute, machte das an zwei Punkten deutlich:Zum einen entfallen zwei Drittel des verwalteten Kapitals auf nur zehn Anbieter. Mehr als jeder siebte in ETFs investierte Dollar weltweit liegt in den größten fünf Produkten. Zum anderen würden die populärsten Fonds inzwischen ein auf Technologiewerte konzentriertes Portfolio abbilden.
Dieses Konzentrationsrisiko kritisierte auch Cornelia Fentzahn, Investment-Expertin des Leipziger Maklerpools Invers. Ihre Argumente gegen ETFs haben noch eine andere Stoßrichtung: „Ein passiver Indexfonds hinterfragt nicht, ob ein Unternehmen ESG-konform agiert. Ein ETF geht auch nicht in den aktiven Austausch mit den Unternehmen treten, um die so wichtigen Stellschrauben für eine nachhaltigere Zukunft zu stellen.“