Urteil zu UV-Schutzkleidung: Kein Anspruch auf Kostenübernahme durch Krankenkassen
Ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen ist enttäuschend für Versicherte, die auf spezielle Schutzkleidung angewiesen sind: UV-Schutzkleidung wird als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens eingestuft und muss daher nicht von Krankenkassen übernommen werden. Selbst bei medizinischer Notwendigkeit bleibt die Kostenübernahme ausgeschlossen. Versicherungsbote stellt das Urteil vor.
- Urteil zu UV-Schutzkleidung: Kein Anspruch auf Kostenübernahme durch Krankenkassen
- Die Urteilsgründe des Landessozialgerichts
Eine Frau, die 1983 geboren wurde, leidet seit 2018 an einer seltenen und schweren Hautkrankheit: dem subakut kutanen Lupus erythematodes. Diese Autoimmunkrankheit führt zu einer extremen Lichtempfindlichkeit der Haut, die bereits bei geringer Sonnenexposition zu schmerzhaften und entstellenden Hautveränderungen führen kann. Nachdem bei ihr im Sommer 2018 die Diagnose gestellt wurde, empfahlen die behandelnden Ärzte neben einer medikamentösen Therapie auch einen konsequenten Lichtschutz in Form von UV-Schutzkleidung, einem Hut und Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 50+.
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Im Dezember 2018 wandte sich die Frau an ihre Krankenkasse, die AOK, und stellte einen Antrag auf Kostenübernahme für die dringend benötigte UV-Schutzkleidung. Doch die AOK lehnte den Antrag ab und stützte sich dabei auf die Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), der UV-Schutzkleidung als allgemeinen Gebrauchsgegenstand einstufte. Damit begann ihr Weg als Klägerin in einem Rechtsstreit, der schließlich bis vor das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen führte.
Der Rechtsstreit durch zwei Instanzen
Diese Ablehnung führte zu einem Rechtsstreit, der zunächst vor dem Sozialgericht Hannover verhandelt wurde (Az.: S 86 KR 2125/19). Die Klägerin machte geltend, dass die UV-Schutzkleidung für sie aufgrund ihrer Krankheit unverzichtbar sei und nicht mit herkömmlicher Sonnencreme zu vergleichen sei, da diese nur für begrenzte Zeiträume wirke und nicht den notwendigen Schutz biete. Dennoch entschied das Gericht gegen sie. Es argumentierte, dass UV-Schutzkleidung zwar für den täglichen Gebrauch unerlässlich sein mag, aber trotzdem ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens bleibe, der nicht von der Krankenkasse finanziert werden müsse.
Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ein (Az.: L 16 KR 14/22) und führte weitere Argumente und ein Gutachten eines Facharztes für Dermatologie an. Dieser Sachverständige bestätigte, dass UV-Schutzkleidung mit dem Prüfsiegel nach UV-Standard 801 und einem UPF80-Schutzfaktor medizinisch notwendig sei, um die Hautlupus-Aktivität der Klägerin zu minimieren. Diese spezielle Kleidung sei zwar handelsüblich erhältlich, doch aufgrund der aufwendigen Prüf- und Zertifizierungsverfahren sei sie nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen.
Der finale Schlagabtausch vor dem Landessozialgericht
Das Landessozialgericht prüfte die Berufung ausführlich. Es stellte sich die zentrale Frage, ob UV-Schutzkleidung tatsächlich als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V gelten könne, das von der Krankenkasse finanziert werden muss. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass es sich bei UV-Schutzkleidung um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Die Kleidung sei nicht speziell für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen oder schweren Krankheiten entwickelt worden, sondern werde auch von Menschen ohne gesundheitliche Einschränkungen genutzt, etwa um sich vor Sonnenbrand zu schützen.
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Das Gericht folgte damit der Argumentation der Krankenkasse und des MDK. Es betonte, dass die Krankenkasse nur für Hilfsmittel aufkommen müsse, die speziell zur Behandlung oder Linderung von Krankheiten entwickelt wurden und nicht für solche, die auch im allgemeinen Gebrauch üblich sind. Damit wies das Landessozialgericht die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.
Die Urteilsgründe des Landessozialgerichts
Das Landessozialgericht stellte in seiner Entscheidung mehrere wichtige Punkte heraus:
- Kriterien für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens: Das Gericht legte dar, dass UV-Schutzkleidung, obwohl sie für die Klägerin medizinisch notwendig ist, nicht als Hilfsmittel im Sinne des SGB V gilt. „UV-Schutzkleidung ist kein spezielles Hilfsmittel für Kranke oder Behinderte, sondern ein allgemein zugänglicher Gebrauchsgegenstand, der auch von gesunden Menschen genutzt wird“, so das Gericht.
- Abgrenzung von Hilfsmitteln: Das Gericht erläuterte weiter, dass Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V solche sein müssen, die gezielt zur Unterstützung bei einer Erkrankung oder Behinderung entwickelt wurden. „Geräte, die nicht ausschließlich oder überwiegend für kranke oder behinderte Menschen bestimmt sind, fallen nicht unter die Leistungspflicht der Krankenkassen“, heißt es im Urteil.
- Medizinische Notwendigkeit versus rechtliche Einstufung: Das Gericht erkannte an, dass die UV-Schutzkleidung für die Klägerin medizinisch sinnvoll ist, stellte aber klar, dass dies allein nicht ausreiche, um einen Anspruch auf Kostenübernahme zu begründen. „Auch wenn die medizinische Notwendigkeit von UV-Schutzkleidung im konkreten Fall gegeben ist, bleibt sie ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens“, so das Gericht.
- Sachverständigengutachten als Entscheidungshilfe: Das Urteil stützt sich auch auf das Gutachten des dermatologischen Sachverständigen, der die Notwendigkeit der speziellen UV-Schutzkleidung zwar bestätigte, jedoch einräumen musste, dass diese auch im allgemeinen Handel erhältlich und nicht exklusiv für schwer erkrankte Personen entwickelt wurde.
Fazit: Was das Urteil bedeutet
Dieses Urteil unterstreicht die komplexe Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens im Sozialrecht. Drei wesentliche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen:
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- Keine generelle Übernahme von Gebrauchsgegenständen: Auch wenn ein Gebrauchsgegenstand für einen Versicherten medizinisch notwendig ist, besteht kein Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse, wenn dieser Gegenstand nicht speziell für kranke oder behinderte Menschen entwickelt wurde.
- Individuelle Prüfung von Hilfsmitteln: Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beantragung von Hilfsmitteln eine genaue Prüfung erforderlich ist, ob das beantragte Produkt wirklich den Kriterien eines Hilfsmittels im Sinne des SGB V entspricht. Entscheidend ist, ob es speziell zur Behandlung oder Linderung einer Krankheit entwickelt wurde.
- Einzelfallabhängige Entscheidungen: Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Urteil stark einzelfallabhängig ist. Im vorliegenden Fall spielte die Einstufung der UV-Schutzkleidung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand eine zentrale Rolle. In anderen Fällen, etwa bei speziell entwickelten medizinischen Hilfsmitteln, könnte die Entscheidung anders ausfallen.
Dieses Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die rechtlichen Grundlagen bei der Beantragung von Hilfsmitteln genau zu verstehen und entsprechend fundierte Anträge zu stellen. Das Urteil ist auf der Webseite Sozialgerichtsbarkeit.de verfügbar.
- Urteil zu UV-Schutzkleidung: Kein Anspruch auf Kostenübernahme durch Krankenkassen
- Die Urteilsgründe des Landessozialgerichts